Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)
den Kindern so laufe, erzähle ich ausführlich vom letzten Staubsaugerzoff mit Melina.
«Sie hat sich so stark verändert», berichte ich. «Ich komme nicht damit klar, dass sie sich so anstrengt, alles richtig zu machen und vernünftig zu sein. Sie gibt mir das Gefühl, als Vater eine Oberniete zu sein.»
«Ach Junge», sagt Mutter und tätschelt meine Hand.
Ich möchte das Thema nicht noch mehr vertiefen, möchte es eigentlich schnell wechseln, sage aber:
«Ich wünschte, sie wäre wieder so pampig und patzig wie die letzten Jahre. Ich wünschte, sie würde wieder richtig Scheiße bauen, dann könnte ich eine klare Haltung entwickeln. Heute habe ich das Gefühl, ich kenne sie gar nicht mehr.»
So, Henning, Klappe halten, ich möchte bitte nicht gleich parallel von Mutter und Schwester mit Ratschlägen bombardiert werden.
Doch Mutter sagt nur trocken: «Tja … Kinder sind kein Wunschkonzert.»
Ulli greift mit ihrer warmen Hand nach meiner kalten. «Henning, gib ihr das Gefühl, dass sie Franziska nicht ersetzen muss.»
«Das soll sie doch nicht», wehre ich mich. «Das erwarte ich doch gar nicht, um Gottes willen.»
«Du nicht», sagt Ulrike, «du nicht, doch die kleine Frau da bei euch zu Hause, die scheint das anders zu sehen.»
Ich schlucke.
«Und schone sie auf der anderen Seite nicht mit der Wahrheit. Nimm sie für voll, sie ist kein Kind mehr. Sei einfach ehrlich zu ihr, sei du selbst, spiel ihr nicht was vor, was du nicht bist, Henny-Boy. Damit hilfst du ihr am meisten.»
Vielleicht hat sie recht, meine Schwester.
Doch eines bin ich ganz bestimmt nicht: ein Henny-Boy!
Kapitel 20
E rfreut wird er natürlich nicht sein, der Jochen Gruber, wenn Markus Meirich und ich an diesem frühen Sommermorgen um 7 . 15 Uhr erneut an seiner Wohnungstür in Nidda-Stornfels klingeln. Es ist wahrlich sehr früh, auch für Markus und mich, doch wir wollten ihn unbedingt noch zu Hause erwischen, bevor er zur Arbeit verschwindet.
Der sehr frühe Morgen hat schon was; ich atme die frische, unverbrauchte und für Juli recht kühle Luft ein. Die Vögel trällern heitere Liedchen, und alles scheint auf Anfang zu stehen. Eigentlich müsste man im Sommer immer um fünf Uhr morgens den Tag beginnen, sinniere ich, während Markus auf die Klingel drückt. Wenn man dazu nur nicht so früh aufstehen müsste.
«Was wollt ihr denn schon wieder hier?», meckert Jochen Gruber, im Schlafanzug an seiner Wohnungstür stehend.
Markus versichert ihm, dass es sehr schnell ginge. Wir würden nur einen kurzen Blick in sein Abstellkämmerchen werfen wollen. Darauf entgleiten Gruber deutlich die Gesichtszüge, was ihn gleich noch ein Stück hässlicher macht. Es gibt eben für alles immer noch eine Steigerung.
«Wiewaswiesowassolldenndas?», stammelt er in einer Mischung aus Verärgerung und Unsicherheit. Sein massiver Körper wirkt im Frottee-Schlafanzug deutlich weniger furchteinflößend.
«Dürfen wir?», fragt Markus noch einmal, «oder müssen wir ein Riesending daraus machen?»
«Macht doch, was ihr wollt», grummelt er.
Ich gehe voran und krame in der Abstellkammer die Schwesterfotobögen hervor.
«Das hier hätten wir gerne mitgenommen», sage ich.
Gruber scheint zu begreifen, dass Widerstand überflüssig und unangebracht wäre, und lässt es geschehen. «Das da nehmen wir auch noch alles mit», sagt Markus und deutet auf ein paar Plastikkisten und Schuhkartons.
«Ihr spinnt doch», schreit Jochen Gruber nun. «Was sucht ihr denn bei mir? In den Kisten, da ist der Fichtenau ganz bestimmt nicht.»
Ich werfe einen Blick hinein und stimme ihm zu. Lustig findet er das nicht.
«Da sind doch nur ein paar Unterlagen vom Jagdverein und irgendein anderer Scheiß!»
«Mag ja sein», antworte ich, «aber vielleicht geben Ihre Schwester-Fotos uns ein paar hilfreiche Informationen, wo sich Fichtenau aufhält.»
Gruber zuckt kurz mit den Schultern.
«Oder unerwartete Hinweise über den Mord an Kirsten», fügt Markus hinzu. «Wissen Sie, Mord verjährt nicht.»
«Wie, was, was, was, wie, was wollen Sie denn damit sagen? Häh?»
Schweigend packen wir alles zusammen und verlassen die Wohnung.
Danach tuckern Markus Meirich und ich über enge Landstraßen die Wetterau verlassend in den Hohen Vogelsberg am Hoherodskopf vorbei bis nach Hochwaldhausen, dessen Ortsname Programm ist. Es ist hoch, es gibt viel Wald, und einige Menschen hausen dort.
«Merkst du nichts?», frage ich Markus, den ich als gebürtiger
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