Tote im Salonwagen
sicherzugehen, seinen Begleiter.
Der lächelte feinsinnig und erwiderte nicht ohne einen Hauch Koketterie: »Es sind noch etliche da, aber jetzt kommenkeine mehr hinzu. Würde sonst zu spät fürs schwache Geschlecht, nicht wahr.«
»Und die gehen auf dieser Seite ein und aus?« fragte Fandorin, Gefahr witternd.
»Aber nicht doch. Der Ausgang ist auf der anderen Seite. Das ist extra so eingerichtet. Eine Dame, gnädiger Herr, goutiert es durchaus nicht, wenn jemand sie gleich nach dem Bade erblickt, mit einem Handtuch um den Kopf. Anstatt durchs Portal zu spazieren, schleicht sie lieber hinten hinaus. Wusch! in den Schlitten, und ab die Post.«
Fandorin gab dem Mann eine Münze und betrat das Separée.
»So wie ein junger Laffe Sehnsucht leidet nach einer schlauen Buhlin oder sonst nach einer Närrin, die er trog, so harrt ich seit früh des Augenblicks … 7 – oder wie ging das noch mal?« Mit diesen kecken Worten empfing ihn Posharski , nackt mit Zigarre zwischen den Zähnen im Sessel sitzend.
Vor ihm auf einem kleinen Tisch standen eine Flasche Cachet blanc und eine Schale mit Früchten, eine Zeitung lag aufgeschlagen daneben.
»Champagner?« fragte Fandorin, die Brauen leicht nach oben gezogen. »G-gibt es denn einen Grund zum Feiern?«
»Für mich schon«, erwiderte der Fürst geheimnisvoll. »Aber schön der Reihe nach, greifen wir den Dingen nicht vor. Legen Sie ab, tauchen Sie unter«, er deutete auf das kleine im Boden eingelassene Becken, »dann reden wir weiter. Wie steht’s bei Ihnen? Irgendwelche Erfolge?«
Fandorin schielte zu der verriegelten Tür, die in den großen Saal führte.
»D-demnächst«, sagte er ausweichend.
Posharski warf ihm einen neugierigen Blick zu, während er eine Serviette um die Flasche legte.
»Was stehen Sie denn herum wie ein Kunde auf dem Sklavenmarkt? Entkleiden Sie sich endlich!«
Sich zu entkleiden, hatte Fandorin nicht vorgehabt, da sein Plan die Möglichkeit eines schnellen Rückzugs einschloß; so wohlbekleidet vor dem nackten Mann auf- und abzuspazieren hätte andererseits blöd und unhöflich ausgesehen. Und was, wenn keiner in die Falle tappte? Dann konnte er lange so im Jackett herumstehen. Nicht umsonst hatte er den bequemen Sportanzug gewählt, der sich in Null Komma nichts anziehen ließ – wenn es sein mußte, auch ohne Unterwäsche, Kragen und Manschetten.
»Könnte es sein, daß Sie ein bißchen schamhaft sind?« kicherte der Fürst. »Das sieht Ihnen ähnlich.«
Der Staatsrat legte ab und plazierte seine Kleider auf dem Diwan, wobei er Revolver und Stilett wie zufällig obenauf legte.
Posharski stieß einen leisen Pfiff aus.
»Ein ordentliches Arsenal. Umsicht ist eine Eigenschaft, die ich schätze. Und teile. Zeigen Sie mir nachher Ihre kleinen Spielzeuge? Dann zeige ich Ihnen meine. Aber vorher zur Sache. Nein, hüpfen Sie ruhig erst rein! Das Nützliche mit dem Angenehmen …«
Fandorin sah noch einmal zur Tür, bevor er in das Bassin sprang. Er verließ es jedoch sogleich wieder, ohne lange in dem warmen Wasser herumzuplanschen.
»Sie sind ja ein wahrer Antinous«, sagte der Fürst mit einem abschätzenden Blick auf Fandorins Körperbau. »Ist schon ein aparter Rahmen für eine operative Besprechung, finden Sie nicht? … Fangen wir an?«
»Gut.«
Der Staatsrat nahm im anderen Sessel Platz und begann ebenfalls zu rauchen, wobei er die Beinmuskeln in Spannung hielt – bereit aufzuspringen, sobald Masa an die Tür klopfte.
»Wie war’s bei Diana? Hat sie ihre Sünden zugegeben?«
Die Frage des Fürsten hatte in Fandorins Ohren einen sonderbaren, irgendwie belustigten Unterton. Er zögerte mit einer Antwort.
»W-wenn Sie erlauben, teile ich Ihnen meine Schlüsse in diesem Punkt etwas später mit. Ich habe allen Grund zur Hoffnung, daß wir den Hauptschuldigen noch heute k-k-… kennenlernen.«
Der erwartete Effekt blieb aus.
»Und ich weiß endlich, wie diese verhexte KG zu greifen ist«, parierte der Fürst statt dessen. »Und schnappe sie mir alsbald.«
Fandorin spürte, wie er blaß wurde. Wenn Posharski nicht flunkerte, hieß das, er hatte einen kürzeren und effektiveren Weg zur Lösung des Problems entdeckt. Kurz: Fandorin kämpfte gegen seine alte Schwäche – gekränkte Eigenliebe.
»G-g-… Gratuliere«, sagte er. »Das ist ein großer Erfolg. Wie sind Sie denn …«
Seine Lobhudelei zu Ende zu bringen blieb ihm erspart, denn in diesem Augenblick ertönte draußen im Saal ein gellender Ruf. Was gerufen wurde, war
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