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Tote im Salonwagen

Tote im Salonwagen

Titel: Tote im Salonwagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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›falschen‹ Kämpfers wider die Revolution zu entledigen? Solche Eskapismen sind Subzows Charakter fremd, meine ich. Er hat allerdings eine revolutionäre Vergangenheit. Könnte er ein Doppelagent sein wie seinerzeit Kletotschnikow 3 in der Dritten Abteilung? Hm. Man sollte das prüfen … Wer noch? Smoljaninow, unser Rotbäckchen. Hier muß ich passen, da reicht meine Phantasie nicht aus. Sie kennen ihn besser als ich. Aber hören Sie,wieso dient einer aus so vornehmem Hause eigentlich bei der Gendarmerie? Wie ein ehrgeiziger Karrierist – einer wie ich zum Beispiel – kommt er mir jedenfalls nicht vor … Vielleicht steckt etwas anderes dahinter? Dämonische Zerstörungslust in romantischer Form? Oder auch bloß ein Liebesverhältnis mit irgendeiner Nihilistin?«
    Posharski hatte wie im Scherz angefangen, doch inzwischen schien ihn Fandorins Hypothese ernsthaft zu beschäftigen. Er schwieg einen Moment, sah den Staatsrat bedeutungsvoll an und sagte plötzlich: »Weil wir gerade bei Amouren und betörenden Nihilistinnen sind … Könnte die Indiskretion nicht auch über Ihre reizende Judith geflossen sein, die die Moskauer Gesellschaft neulich so beeindruckt hat? Sie soll doch zweifelhafte Kontakte pflegen? Wie groß bezaubernde Frauen darin sind, einem Geheimnisse zu entlocken, das weiß ich sehr gut. Und Sie könnten in dieser Angelegenheit nicht zufällig den Holofernes spielen? Ich bitte meine Frage rein dienstlich aufzufassen, ganz ohne Häme und böse Hintergedanken.«
    Fandorin hatte eine Grobheit auf der Zunge gelegen, mit der er die monströse Unterstellung von sich zu weisen gedachte, als ihm ein Gedanke kam, der die Kränkung augenblicklich vergessen machte.
    »Nein, nein«, sagte er schnell. »Das ist ganz ausgeschlossen. Aber etwas anderes scheint mir naheliegend. Burljajew könnte sich vor Diana verplaudert haben. So wie auch der Fall Swertschinski mit ihr zu tun haben dürfte.«
    Und Fandorin berichtete dem Fürsten über den geheimnisvollen Vamp, der beiden Moskauer Oberkriminalisten die Köpfe verdreht hatte.
    Die Version hörte sich bemerkenswert schlüssig an,jedenfalls im Vergleich zu den vorherigen, doch Posharski begegnete ihr mit Skepsis.
    »Eine interessante Spekulation, zweifellos. Aber mir scheint, mein lieber Fandorin, Sie engen den Kreis der Verdächtigen allzu sehr ein. Irgendein Verrat ist unbestreitbar im Spiel. Man muß die gesamte Strategie der Ermittlungen von dieser Warte aus überdenken. Doch hierbei kann jeder beliebige Bauer auf dem Schachbrett den Verräter abgeben: irgendein Spitzel, ein Polizist aus der Postenkette, was weiß ich. Da kämen insgesamt achtzig Mann in Frage. Ganz zu schweigen von den Dutzenden Droschkenkutschern, die zur Beförderung der Burljajewschen
Grande Armée
mobilisiert wurden.«
    »Ein Spitzel hätte k-keine Einzelheiten wissen können, ein Kutscher noch viel weniger«, wandte Fandorin ein. »Und außerdem wäre es einer niederen Charge kaum möglich gewesen, sich unbemerkt vom zugewiesenen Posten zu entfernen. Nein, Euer Erlaucht, kein Bauer. Denken Sie nur an die Umstände des Mordfalls Chrapow.«
    »Ich gebe zu, Ihre Version ist eleganter. Literarischer!« sagte der Fürst mit einem Lächeln. »Und wahrscheinlicher ist sie auch. Wir hatten vereinbart, ein möglichst gutes Gespann abzugeben, also seien Sie für diesmal das Deichselpferd, und ich bin das Beipferd. Wir haben zwei Verdachtslinien: Doppelagentin Diana oder jemand aus dem Tross. Lassen Sie uns beide entwickeln. Sie übernehmen Diana?«
    »Ja.«
    »Ausgezeichnet. Würde Ihnen hierfür ein Tag Zeit genügen? Ich meine, der heutige? Wir müssen uns sputen.«
    Fandorin nickte entschlossen.
    »Mir auch«, sagte Posharski. »Zwar ist der Aufwand nichtzu unterschätzen, so einen Haufen von Leuten abzuklappern und abzutasten. Aber ich werde schon klarkommen damit. Vereinbaren wir also unser nächstes Rendezvous.« Der Fürst überlegte. »Da wir uns im Moment unserer nächsten Mitarbeiter nicht sicher sein können, sollten wir uns gleich außerhalb der Dienststellen treffen, wo keiner zusieht und mithört. Und zu keinem ein Wort davon, ja? Ich schlage vor, wir verabreden uns in der Sauna, in einem Chambre séparée. Dort hätten wir am wenigsten voreinander zu verbergen«, lachte er. »Petrossows Badehaus scheint mir in Moskau die beste Adresse, noch dazu ist es günstig gelegen. Ich gebe meinen beiden Knappen Anweisung, eine Kabine zu bestellen. Sagen wir, Nummer sechs.«
    Hier hatte

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