Tote Kehren Nicht Zurück
Küchentresen und überlegte, ob er im Crown anrufen sollte. Doch wenn sie herausfand, dass er ihr nachspionierte, würde sie wütend reagieren – und offen gestanden, ihm reichte die Wut völlig, die sie jetzt schon auf ihn hatte.
»Auch wenn ich überhaupt nicht weiß, was in sie gefahren ist«, brummte er vor sich hin. Der Kuchen, jedenfalls der größte Teil, lag unberührt auf dem Teller. Er hatte keine Lust mehr auf Kuchen, deswegen stand er auf und kippte ihn in den Mülleimer. Er ließ die Tassen stehen – das konnte Mrs Flack am nächsten Morgen machen. Der Wasserkocher schaltete sich ab. Andrew füllte seine Wärmflasche, und mit der heißen Flasche in der Hand ging er nach draußen in die Halle. Er streckte die Hand nach dem Lichtschalter aus, und während er dies tat, fiel ihm ein, dass er die Alarmanlage noch nicht aktiviert hatte, deren Schalter am Fuß der Treppe war. Genau in diesem Augenblick, noch bevor er das Licht eingeschaltet hatte, geschah es. Jemand klopfte drängend an der Hintertür. Andrew wirbelte herum. Er traute seinen Ohren nicht. Nicht schon wieder! So stark war sein ungläubiges Staunen, dass er sich für einen Moment nicht rührte. Dann schwappte eine Woge des Ärgers über ihn hinweg. Er hätte wissen müssen, dass sie nicht in der Stimmung war, zu tun, was er ihr gesagt hatte. Er marschierte zur Tür und riss sie auf. Die kalte Nachtluft strich über sein Gesicht, als er nach draußen in die Dunkelheit starrte.
»Hör zu!«, schnappte er.
»Du kannst verdammt nochmal wieder dahin zurückgehen, wo du hergekommen bist!« Niemand antwortete, und niemand war zu sehen. Hatte er sich etwa alles nur eingebildet? Zögernd trat er einen Schritt in den Garten hinaus. Er war nicht für die nächtliche Kälte angezogen. Auf dem Gras hatte sich bereits Tau niedergeschlagen, der nun seine Pantoffel durchnässte und seine nackten Füße kalt werden ließ. Das Gefühl wurde noch verstärkt durch die heiße Gummiflasche, die er noch immer an sich gedrückt hielt, während er verdrießlich ein paar Schritte weiter in die Dunkelheit trat. Er blickte sich suchend um.
»Kate? Wenn du da bist, zeig dich! Wir können reingehen und drinnen reden, wenn du darauf bestehst. Aber hör auf, alberne Spielchen mit mir zu spielen! Ich kriege noch eine verdammte Lungenentzündung hier draußen!« Zu spät hörte er hinter sich ein Geräusch. Ein schwerer Gegenstand erwischte ihn am Kopf. Die Wärmflasche entglitt seinen Händen und fiel zu Boden, wo sie schwappend liegen blieb. Andrew stieß einen schrillen Schrei aus, weniger aus Überraschung, Furcht oder Schmerz, sondern weil die Luft in einem mächtigen Schwall aus seinen Lungen wich. Dann fiel er wie ein nasser Sack vornüber in das nasse Gras. Er war benommen, doch immer noch bei Bewusstsein und compos mentis genug, um zu erkennen, dass jemand ihn angegriffen hatte, auch wenn er im Augenblick nichts tun konnte, um sich zu wehren. Er lag stöhnend im nassen Gras. Wer auch immer ihn niedergeschlagen hatte, kam jetzt näher. Andrew wusste, dass er etwas dagegen tun, sich irgendwie verteidigen musste, doch das Einzige, was ihm einfiel, war der Gedanke, dass es sich hier um einen schrecklichen Irrtum handelte. Eine Gestalt beugte sich über ihn. Er öffnete die Augen, doch vor dem indigofarbenen Nachthimmel konnte er nicht erkennen, wer es war. Mit einer fast übermenschlichen Kraftanstrengung hob er den Arm und hielt ihn abwehrend zwischen sich und den anderen.
»Aufhören – bitte – das ist alles ein Missverständnis …«, stieß er hervor, denn auf irgendeine benommene Art und Weise war er immer noch davon überzeugt, dass es sich um einen Irrtum handelte und der oder die andere dies noch nicht bemerkt hatte. Dann traf ihn ein weiterer Schlag an der Schläfe und löste ein Feuerwerk bunter Lichter, gefolgt von brennendem Schmerz aus. Da erst wurde ihm bewusst, dass es kein Irrtum war. Dass es erst aufhören würde, wenn er tot war. Schock, Schmerz, schwindende Sinne, das alles lähmte ihn. Vor seinen Augen zog Nebel auf. Zu spät riss er seine verbliebenen Kräfte zusammen, um sich in einem letzten verzweifelten Aufbäumen zur Seite zu rollen. Ein dritter Schlag setzte seinen erbärmlichen Bemühungen ein Ende. Mit dem Gesicht nach unten, nasses Gras zwischen den Zähnen, die Finger in das Erdreich gekrallt, stieß er ein letztes undeutliches Stöhnen aus, bevor ein allerletzter Schlag seine Sinne für immer auslöschte.
KAPITEL 4
ALAN MARKBY
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