Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition)
Haus?«
» Für so wenig hätte Kerim seinen Vater nicht getötet. Der Türke trank viel, sein Sohn lehnte das gemäß dem Islam ab, mehr nicht.«
» Hätte er ein Interesse daran haben können, seinen Vater zu töten?«
» Es ist weit hergeholt, aber Kerim hätte vielleicht gerne seinen Job gehabt, jetzt wo der Vater einen guten Vertrag bekommen sollte, während der Sohn von einem Job zum nächsten tingelte, morgens Schrankenwärter, nachmittags Tellerwäscher, nachts Kellner. Aber Kerim war es nicht, unmöglich.«
» Tja, wenn es unmöglich ist und Sie keinen Ärger wollen, stellen Sie den Bullen das doch als Raubmord dar…«
» Was soll man denn hier rauben?«
Viviane sah zu den leeren Flaschen, kam wieder in den Raum, öffnete den Schrank, schaute unter dem Spülbecken nach und antwortete: » Eine Flasche Muscat. Sie haben ihm zwei geschenkt.«
Sie stöberte weiter, inspizierte die Schubladen; Königin folgte ihr wie ein kleines Mädchen, besah sich dieselben Möbel, dieselben Wäschestapel.
» Wonach suchen Sie, Viviane?«
In Viviane stieg Unmut auf. Sie ertrug es nicht, wenn man ihr bei der Arbeit über die Schulter sah. » Ich versuche zu verstehen. Kümmern Sie sich nicht um mich, rufen Sie lieber die Polizei und sehen Sie sich im Hof und im angrenzenden Wald ein wenig um, für den Fall, dass die Flasche in der Nähe herumliegt.«
Königin konnte einen Seufzer der Erleichterung nicht unterdrücken und ging hinaus. Viviane beendete in Ruhe ihre Durchsuchung. Sie hatte ihre routinierten, flinken Handgriffe wiedergefunden, ihren gewissenhaften Blick. Aber Königins Frage beschäftigte sie: Sie wusste nicht, wonach sie suchte. Sie musste schnell machen, bald würden die griechischen Kollegen kommen.
Ein Schrei des Entsetzens ließ sie auffahren. Schon wieder Königin, sie stand etwas weiter weg, vor einem kleinen Grab, am Fuße eines Baumes.
» Kommen Sie, der Mörder ist ein Wahnsinniger! Oder ein Spinner! Sehen Sie, er hat das Grab der Katze verwüstet!«
Oh ja, ein Wahnsinniger, Viviane war ganz ihrer Meinung. Sie ging zu Königin und lächelte sie verlegen an.
» Liegt sie hier begraben? Äh, sieht doch alles normal aus.«
» Ja aber, bemerken Sie denn nicht? Die Grabplatte wurde bewegt und falsch herum wieder aufgelegt, mit dem Kopf nach unten. Die Katze hieß SIXIZ , nicht ZIXIS . Im Hof liegt ein Spaten, ich hole ihn.«
Viviane folgte ihr, peinlich berührt. War noch Zeit, ihr alles zu sagen? Zu spät, Königin hatte schon mit dem Graben begonnen.
Dann hielt sie schließlich inne, zeigte auf das leere Grab. » Jetzt gibt es keinen Zweifel mehr, man hat den Leichnam gestohlen.«
Sie setzte sich auf den Boden, legte den Kopf in die Hände. Viviane beobachtete sie mitleidig. Königins Schultern wurden von Schluchzern geschüttelt. Der Diebstahl der Katze schien sie noch mehr in Panik zu versetzen als der Tod des Türken.
» Haben Sie gehört?«, sagte sie und hob den Kopf. » Da war ein Geräusch wie von einer Tür, die zuschlägt. Wollen Sie nicht nachsehen, Viviane?«
Genervt leistet Viviane ihrer Bitte Folge. In ihrer Angst wurde Königin wieder ganz die Königin und behandelte sie wie eine Dienstbotin. Viviane fand niemanden, natürlich nicht, und kam zurück, um die junge Frau zu beruhigen, die soeben damit fertig wurde, die Grube wieder zuzuschütten.
» Nehmen Sie es mir nicht übel, Viviane, ich hatte immer Angst vor allem Übernatürlichen, Hexengeschichten, Zauberei. Ich hatte auch Angst vor dieser Katze. Vielleicht ist sie wiederauferstanden oder ein Vampir geworden.« Sie hob den Kopf. Sie sah mitgenommen aus.
Da ertönte eine Hupe, die Polizei traf ein.
» Vermeiden Sie Komplikationen, erzählen Sie ihnen nichts von der Katze«, empfahl Viviane. » Jetzt die Version vom Raubmord. Sie können die Kokos und Kikis informieren, aber bitten Sie sie um Verschwiegenheit.«
» Sie gehen? Wollen Sie nicht bei mir bleiben, um der Polizei die Sache zu erklären?«
» Warum sollte ich? Es betrifft mich nicht, ich kann nichts bezeugen. Hier bin ich nur Drehbuchautorin. Ich gehe jetzt.«
Viviane zog sich erleichtert in Richtung Wäldchen zurück. Es war das erste Mal, dass sie die Verantwortung für einen Fall abgeben konnte. Auch wenn sie das ein wenig bekümmerte: Sie wäre gerne noch kurz in der Baracke geblieben. Irgendetwas stimmte nicht, sie war sich sicher, sie hatte es gefühlt, ohne es zu sehen. Und sie hatte noch anderen Kummer, der schwerer wog, und zwar den, dass es ihr
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