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Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition)

Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition)

Titel: Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Flipo
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zwar genügend Muskelkraft, aber ich kann mich nicht genügend dehnen. Dehnung ist eine komplizierte Angelegenheit…«
    Der Türke war der Schlüssel zu dieser Geschichte mit dem Amphitheater. Sie hatte ihn zu schnell ausgefragt, zu mechanisch. Sie erinnerte sich, dass sie in seiner gesprochenen und gemimten Aussage eine Unstimmigkeit bemerkt hatte, aber welche? Immer dasselbe, die Indizien verblassten schnell wieder. Sie versteckten sich in einer dunklen Windung ihres Hirns und kämen erst wieder hervor, wenn es ihr gelänge, sie miteinander zu verknüpfen.
    » Den Speer mag ich gerne«, begeisterte sich Willy, » das ist meine Stärke. Das Geheimnis ist, dass ich ihn nicht werfe – ich visiere einen sehr weit entfernten Punkt an, die Bewegung folgt dann.«
    Auch beim Mord am Türken war ihr etwas aufgefallen. Nein, sie hatte die Abwesenheit von etwas bemerkt, jetzt fiel es ihr wieder ein. Nicht nur die fehlende Flasche. Sie hatte unbewusst eine zweite Sache gesucht, und noch eine. Was konnte in dieser Baracke, in der es nichts gab, denn fehlen? In Gedanken sah sie, wie sie dort alles durchsuchte, Königin– verweint, zu nichts zu gebrauchen– immer auf ihren Fersen. Wann hatte sie begonnen zu suchen? Warum? Das alles war im Dunklen geblieben.
    Willy war mit allen zehn Disziplinen durch. Er wartete auf die nächste Frage.
    » Und was machen wir jetzt, Willy? Wir nehmen ein Taxi und gehen ins Amphitheater. Wir müssen Ihre Idee zu Ende denken.«
    Ihr Taxi musste bei der Einfahrt zum Clubdorf warten. Viviane stieg aus und traf auf die Polizisten, die Kerim die Habseligkeiten seines Vaters brachten: ein Gartenmesser, einen klappbaren Korkenzieher, einen Geldbeutel. Sie wollten ihn eine Empfangsbestätigung unterzeichnen lassen, er begriff nicht.
    » Dieser Junge«, sagte sie zu Willy, als sie wieder ins Taxi stieg, » ist entweder ein bisschen schlicht oder sehr intelligent.«
    » Er denkt von uns vielleicht das Gleiche. Wenn er sehr intelligent wäre– würde das etwas an unseren Ermittlungen ändern?«
    Das würde alles ändern, auch wenn Viviane nicht genau sah, was denn eigentlich. Sie zog es vor zu schweigen.
    Wenig später kamen sie beim Empfang an. Alle Kokos und Kikis strömten entspannt aus einem Versammlungsraum.
    Einzig Königin schien besorgt. Sie bedeutete Viviane, zu ihr zu kommen. » Die Versammlung ist gut gelaufen, aber für Sie habe ich eine schlechte Nachricht, Viviane. Alle wissen, dass sie von der Polizei sind. Heute Morgen beim Eselgatter hat Zecher-Koko gehört, wie Willy ›Commissaire‹ zu Ihnen gesagt hat.«
    » Und Willy?«
    » Ich habe die Version von dem Freund, den Sie im Flugzeug kennengelernt haben, aufrechterhalten.«
    Etwas abseits entging dem Betreffenden nichts von dieser Unterhaltung. Viviane wandte sich verärgert zu ihm um. Königin hielt sie zurück. » Ärgern Sie sich nicht, Sie haben neulich den gleichen Fehler gemacht, als Sie beim Empfang telefoniert haben. Die Heyduda, die Sie gehört hat, hat zum Glück nur mit mir darüber geredet, ein vertrauenswürdiges Mädchen.«
    Das kleine Glucksen von Willy ignorierte Viviane, sie würde ihn noch brauchen.
    » Nun, da ich jetzt Kommissarin bin, brauche ich niemanden mehr um Erlaubnis zu fragen, um ins Amphitheater zu gehen. Kommen Sie, Lieutenant.« Aber sie ging in Richtung Strand. » Bringen Sie mich erst nochmal zum Belvedere, alleine habe ich Angst.«
    Sie traute sich nicht zu sagen » Bringen Sie mich zum Alkoven«, obwohl sie es gerne getan hätte. Sie stiegen zügig hinauf. Das Nichts kam ihr weniger gefährlich vor als beim letzten Mal. Das, was folgte, beschäftigte sie.
    Seit ihrem letzten Besuch hier war der Alkoven benutzt worden, sie stellten also die Liegestühle an ihren Platz, in den Schutz der Büsche.
    » Wir werden die Szene jetzt nachstellen. Ich lege mich hier hin, an den Platz, wo Königin lag, und Sie, Sie laufen ins Amphitheater, um die Leiter anzulehnen und auf den Mast zu klettern. Geben Sie mir ein Zeichen, wenn Sie mich vom Rad aus sehen können.«
    Es war Zeit, dass er ging: Sie fühlte sich irgendwie erregt, bereit, vernascht zu werden. Es war idiotisch. Sie sah ihm erleichtert nach, dann streckte sie sich auf dem Liegestuhl aus. Sie dachte nicht mehr an den Fall, sondern an das Gedicht von Apollinaire. Sie fragte sich, ob man ihre Brüste als sanft rosig bezeichnen konnte. Ah, sich nackt ausziehen und Willy mit ihrem köstlich elastischen Körper überraschen. Eine vertretbare Maßnahme im

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