Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition)
Was machen wir jetzt, Viviane?«
» Denken Sie mal eine Sekunde nach. Was würden Sie jetzt ohne mich machen?«
» Ich würde jedenfalls sicher nicht Königin befragen. Es ist besser, wenn sie sich weiterhin in Sicherheit wiegt, vielleicht verrät sie sich von allein.«
» Sie verrät sich eher, wenn wir sie befragen. Gehen wir.«
» Tun Sie das nicht, Commissaire. Das wäre ein großer Fehler.«
» Sehr gut, dann begehe ich den Fehler ohne Sie.« Wütend ließ sie ihn einfach an Ort und Stelle stehen.
Zu dieser Tageszeit beendeten viele der Kokos ihre Siesta. Königin war noch nicht beim Empfang. Viviane klopfte an die Tür der Royal Lodge und öffnete, ohne eine Antwort abzuwarten. Sie fühlte sich langsam wieder wie eine Kommissarin, sie durfte alles.
Der Salon war leer, er war kaum möbliert und noch weniger geschmückt, sodass eine Schachtel mit Medikamenten auf dem Beistelltisch fast fröhlich wirkte. Königin kam in Shorts und T-Shirt aus dem Zimmer. Sie schien über den unangemeldeten Besuch überrascht, nahm ihn aber kommentarlos hin.
» Wir wissen alles«, verkündete Viviane. » Was Sie am Nachmittag des 14. Juli gemacht haben und mit wem Sie am Belvedere waren. Wir kennen sogar die Farbe der Sportschuhe, die Ihr Liebhaber an diesem Tag trug. Sehen Sie, die Geheimnisse des Alkovens bleiben nicht lange geheim.«
Königin blieb unerschütterlich. Diese kleine Frau in Shorts hüllte sich in Würde und war beeindruckend majestätisch. Sie richtete einen verächtlichen Blick auf die Kommissarin. » Ja und? Ist es verboten, einen Liebhaber zu haben? Muss man das dem erstbesten Polizisten beichten? Was geht Sie das an?«
Viviane kam ins Straucheln, sie musste schnell wieder Boden unter die Füße bekommen. » Wo ist er denn nach Ihrem Abgang vom Alkoven hingegangen, dieser nicht verbotene Liebhaber?«
» Ich habe keine Ahnung. Fragen Sie ihn selbst, das wäre einfacher. Noch andere Fragen? Kommen Sie, nur keine Hemmungen, wo wir doch schon dabei sind.«
Weil Viviane stumm blieb, fuhr Königin fort: » Da wir diese unangenehme Unterhaltung also beendet hätten, werde ich Sie nicht zurückhalten. Ich lege Wert darauf, Ihnen zu sagen, dass Sie mich enttäuscht haben. Am ersten Tag haben Sie mich gefragt, ob ich hier Freundinnen hätte, ich habe Ihnen mit Nein geantwortet. Und sehen Sie, heute habe ich das Gefühl, eine Freundin verloren zu haben.«
Bevor die Kommissarin hinausging, zeigte sie auf die Schachtel auf dem Beistelltisch. » Stilnox, das ist ein Schlafmittel. Nehmen Sie davon?«
» Letzte Nacht, ja. Wenn man Todesdrohungen erhält, kann man schlecht schlafen. Hätte ich Sie um Erlaubnis fragen müssen?«
Die Kommissarin zuckte mit den Schultern und ging in ihre Lodge, sie war so richtig schlecht gelaunt. Sie hatte sich gerade ganz dumm mit Königin überworfen. Und sie war umso wütender, als sie nicht auf den Ausweg zurückgreifen konnte, auf den sie üblicherweise in diesen Fällen zurückgriff: Der Laden beim Empfang hatte nicht einen einzigen Schokoriegel im Angebot.
Da nun alle im Bilde darüber waren, dass sie Kommissarin war, blieb ihr nicht anderes übrig, als zu tun, was jeder gute Bulle getan hätte: die Verdächtigen befragen, einen nach dem anderen. Wer hätte nach der Unterredung mit King ins Amphitheater zurückkehren können? Sie begann mit Zecher-Koko.
Unter vier Augen zeigte er sich weniger unangenehm als sonst. Bei jeder von Vivianes Fragen wiegte er die Schultern hin und her und kraulte sich lange den Bart, als könnte er eine endgültige Antwort daraus hervorziehen. Am 14. Juli sei er zur Bar gegangen, nachdem er das Amphitheater verlassen habe. Es sei ein umsatzstarker Tag gewesen, er habe sogar zweimal ins Lager gehen müssen, um mehr Bier zu holen. Zum Glück sei Walzer-Kiki so nett gewesen, an der Theke auszuhelfen.
» Darf ich Ihnen etwas anbieten?«, fragte er sie.
Viviane lehnte höflich ab: Von nun an war sie im Dienst.
Zecher-Koko schenkte sich in aller Ruhe ein Bier ein. Er nahm die Sonnenbrille ab. Sein Blick wurde offener, er flirtete und schien Lust zu haben zu reden. » Sie sind Kommissarin, Sie machen Ihre Arbeit, das ist normal: Hier hat ein Verbrechen stattgefunden. Aber Vorsicht, gehen Sie die Sache langsam an. Ihre Ermittlungen könnten sonst mehr Schaden anrichten, als der Gehängte. Wir, die Kokos und Kikis, bilden eine sehr zerbrechliche Familie.«
Viviane machte ein skeptisches Gesicht, er redete weiter: » Ja, ja, ich sage ›eine
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