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Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition)

Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition)

Titel: Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Flipo
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Sie war außer sich und brüllte: » Nehmt dieses Tier weg, nehmt dieses Tier weg! Geht es holen!«
    Niemand rührte sich. War ihr Auftritt vielleicht Teil des Schauspiels? Dann stieg ein Heyduda in den Pool, griff sich das Kätzchen und legte es Königin zu Füßen. Die wich angeekelt zurück. » Leg sie in eine Tüte, du Idiot, und bring dieses widerliche Ding zum Müll!«
    Viviane zögerte noch, das Beweisstück zu reklamieren, sie wusste nicht, wie sie erklären sollte, dass Sixiz ausgestopft war. Sie ließ den Kadaver zur Mülldeponie ziehen.
    Dieses Ereignis war das einzige an diesem Tag. Am Abend ging sie mit der Meute ins Amphitheater, wo man den belgischen Nationalfeiertag zelebrierte, einen Tag zu früh, aber Flamen und Wallonen reisten am nächsten Tag ab. Es stand noch ein Trinkwettbewerb auf dem Programm und eine One-Man-Show von Clown-Koko, ein Festival belgischer Geschichten. Das würde lustig werden, sagten die Chéris. Im Club amüsierte man sich nicht, man lachte auch nicht, man fand alles lustig. Sie hasste dieses Wort.
    Es wurde gar nicht lustig.
    Als sie das Amphitheater betrat, entdeckte sie, wie die anderen auch, dass etwas am Mast aufgehängt war. Ein Tierkadaver, der langsam im Abendwind schaukelte. Der Kadaver von Sixiz. Die Darbietung war unheimlich. Die Haltung, in der man ihn ausgestopft hatte, verlieh ihm am Ende des Seils etwas Diabolisches. Eine Kreatur aus der Hölle.
    Das Publikum war wie erstarrt. Man wartete auf die Kokos, hoffte auf eine Anweisung, ein Machtwort, man war es nicht mehr gewohnt, eigenständig zu handeln. Man wusste nicht mehr, was man denken sollte, man konnte nicht mehr denken.
    Willy hatte sich nicht lange Fragen gestellt. Er lehnte die Leiter gegen den Mast und kletterte rasch hinauf. Er nahm den ausgestopften Kadaver ab, klemmte ihn sich unter den Arm, um hinunterklettern zu können, überquerte die Bühne und stieg die Stufen hoch, Viviane auf den Fersen, die Zurufe einiger Kokos, die gerade ankamen, ignorierte er. » Und was machen wir jetzt, Commissaire?«
    Das war wirklich eine Manie. Aber ausnahmsweise sah Viviane sehr klar. » Das ist Ihre Sache, mein kleiner Willy, nicht meine. Räumen Sie das hin, wo Sie wollen, aber irgendwo, wo niemand die Katze holen kommt, um sie wiederzubeleben.«
    Mit der Katze unter dem Arm verzog sich der Lieutenant. Kurzzeitig tat er ihr leid. Natürlich hatte er verdient, was geschehen war– aber ein wenig Mitgefühl hätte er auch verdient. Viviane wusste nicht, wie sie das vermitteln sollte, sie kam sich so ungeschickt vor. Und sie war alles leid: Dieser fünfte Tag hatte nicht den geringsten Hinweis erbracht, nicht den geringsten Verdacht erweckt, sie war deprimiert. Sie legte sich schlafen. Sollten die Belgier ihren Nationalfeiertag ohne sie feiern.
    Gerade als die Kommissarin eingeschlafen war, kratzte jemand an ihrer Tür. Willy hielt seine Arme lächelnd hinter dem Rücken, als würde er ihr gleich eine Überraschung präsentieren. » Ich weiß nicht, ob Ihnen das gefällt, was ich Ihnen bringe.«
    Es war eine Flasche Samos-Muscat, eine volle Flasche, verschmiert mit Erde. Viviane nahm sie unter die Lupe. Der Deckel aus Metallpapier war abgeschnitten worden, der Korken schien durchbohrt zu sein.
    » Wo haben Sie die gefunden?«
    » Im Katzengrab. Ich hatte mir gesagt, dass der beste Platz, um Sixiz zu verstecken, wohl der war, von wo ich ihn herausgeholt hatte. Also habe ich mir den Spaten aus dem Hof geholt und das Loch wieder aufgemacht. Da habe ich die Flasche gefunden und sie gleich durch die Katze ersetzt.«
    In dem Moment wurde Viviane klar, dass sie heute Nacht keinen Schlaf bekommen würde. » Gehen Sie schlafen, Willy, ich werde nachdenken. Kommen Sie morgen früh um 7 Uhr wieder, um mir zu helfen, mit Kaffee.«
    Sie setzte sich an den Tisch, auf dem sie nach und nach ihre vollgekritzelten Notizzettel mit Anmerkungen und Ideen verteilte. Die Entdeckung der Flasche hatte in ihrem Gehirn eine Menge kleiner Sachverhalte aus der Schattenzone befördert. Sie würden dienlich sein, um das Puzzle neu zu legen. Sie musste für alle Teile einen neuen Platz finden.
    Viviane hatte das Fenster geöffnet, um mehr von der anregenden Frische der Nacht zu haben. Die Mücken gesellten sich zu ihr, sehr gut, dann schlief sie wenigstens nicht ein. Irgendwann sah sie dann ein schummeriges graues Licht, das sich in die finstere Nacht mischte: Der belgische Nationalfeiertag würde der Tag ihres Triumphs sein.
    Eine Hand rüttelte

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