Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition)
Vögelchen nicht ausfliegen. Tags darauf trifft dann der neue Dorfchef ein, und Sie klären mit ihm alles Weitere, um am Sonntag in den Flieger nach Hause steigen zu können. Noch Fragen?«
In seiner Sprache bedeutete diese Frage, dass sie gefälligst keine Fragen mehr zu stellen habe. Viviane bedankte sich beim Allmächtigen, bevor er auflegte– für den Fall des Falles musste man sich immer bei seinem Vorgesetzten bedanken. Das Ende der Geschichte gefiel Viviane nicht: Aus dem Krimi wurde ein Spionagefilm.
Eine Frage hatte sie aber doch noch. Was sollte sie in der Zeit bis zur Verhaftung machen?
Der Lieutenant hatte keine Bedenken. Als sie ihm die Programmänderung ankündigte, sah er sich den Aushang der Aktivitäten an. » Wichtig ist nur, dass man uns den Samstagabend lässt, für das Karaoke. Würde es Ihnen Spaß machen, im Duo mit mir zu singen?«
» Ja, Willy, viel Spaß.« Sie hatte einen Entschluss gefasst. Wenn Sie schon dazu verdammt war, noch sechsunddreißig Stunden im Club zu verweilen, dann wollte sie eine echte Chérie werden. Sie würde lernen, ihre Schwimmsachen gleich morgens an den Pool zu bringen, um sich einen Liegestuhl bis zum Abend zu reservieren, alle Leute zu duzen und ihnen dabei auf die Schulter oder den Bauch zu klopfen. Sie würde vergängliche Freundschaften kennenlernen, die man vor dem Eisstand knüpfte, Oh, wie lustig, du hast dasselbe ausgesucht wie ich, Zitrone und Mango, bestimmt hast du auch dasselbe Sternzeichen. Sie würde mit Begeisterung an den Spielen teilnehmen, an den TV -Satiren, oh ja, wir nehmen » Knack die Nuss« , du stellst die Fragen, ich bin der Kandidat, sie würde sich mit den angetrunkenen Kokos fotografieren und sich küssen lassen, hör auf, das kitzelt, sie würde griechischen Wein trinken bis zum Abwinken, um dann zur Siesta in einen hypnotischen Schlaf zu fallen. Schließlich würde sie Fünfte beim Drei-gegen-drei-Boule-Turnier werden, ha, und erst wollte niemand sie in der Gruppe haben … Sie würde in den Geschäften des Clubs irgendetwas kaufen, also gut, es war vielleicht nicht geschmackvoll, aber dafür war es von hier. Vielleicht würde sie sogar Fredo in seine Lodge begleiten, nein wirklich, am Empfang Kondome zu besorgen ist nicht meine Sache.
Sie würde alles machen wie alle, um sicher zu sein, wie alle zu sein. Und sie tat alles, was sie sich vorgestellt hatte, mit Ausnahme von Fredo, der schon auf Plan B ausgewichen war.
Als die finsteren Stunden zu Ende gingen, wusste sie, dass sie ein Leben lang den Eindruck haben würde, die schrecklich gute Seite des Lebens entdeckt zu haben. Stunden, die einen der besten Momente einer Bullenkarriere nicht verderben durften: die Lösung eines Falls.
Am Abend trat sie an den Tisch der gelben T-Shirts, die gerade ihr Essen beendeten, und neigte sich zu Königin und Animateur-Koko. » Ich muss mit Ihnen beiden sprechen, nach der Aufführung, es ist sehr wichtig. Können wir uns bei Ihnen treffen, Königin?«
Diese sagte sofort zu, ohne ihre Verwunderung zu verbergen.
Zwei Stunden später klopften die Kommissarin und ihr Lieutenant bei Königin an die Tür. Animateur-Koko und Königin empfingen Viviane und Willy mit der höflichen, besorgten Miene, mit der ein Direktor die Elternvertreter empfängt.
» Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten: Könnten Sie Zecher-Koko bitten, das Dingi heute Nacht nicht zu benutzen? Wir werden es brauchen.«
Königin schien überrascht zu sein, deswegen ergänzte sie: » Das ist eine Frage der Sicherheit, mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Rufen Sie ihn gleich an, sobald die ersten Chéris in den Nachtclub kommen, schaltet er sein Handy aus.«
Königin zuckte mit den Schultern und tat, worum sie gebeten wurde. » Zecher-Koko? Du fährst heute Nacht nicht mit dem Dingi raus… So ist das aber… Nein, ich kann es dir nicht erklären… Mal sehen, später, später.« Sie legte auf. Sie lächelte nicht. Man hatte ihre Autorität erschüttert, sie musste sie zurückgewinnen. » Sind Sie deswegen hier, Commissaire?«
» Ich wollte Ihnen noch unsere Glückwünsche übermitteln.« Viviane hatte diese Worte geäußert, während sie auf Königins Bauch schaute, und fuhr sehr freundlich fort: » Wann ist es denn so weit?«
Jetzt musste die Befragung Schlag auf Schlag gehen, damit Königin keine Zeit bliebe, sich zu fassen. Die junge Frau sah sie verwirrt an. » In sechs Monaten. Woher wissen Sie… Haben Sie das erraten?«
» Da war zunächst Ihre Übelkeit, an dem Tag,
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