Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition)
niemals eine Kukuleta, und auch keinen Henker. Sie haben sich diese Figur ausgedacht, um uns zu täuschen, und das ist Ihnen weiß Gott gelungen. Was hatten Sie den Türken damals übrigens wirklich gefragt? Wie haben Sie ihm diese Beschreibung des Henkers abgerungen?«
» Ich habe ihn gebeten, mein weißes Kleid, meinen roten Schal und den Türstock zu zeigen, ganz einfach.«
» Und damit dachten Sie, dass die Sache geregelt sei. Aber ich wollte noch einen richtigen Dolmetscher beauftragen. Ihre Erfindung mit dem Henker würde alles auffliegen lassen, und Sie mit dazu. Also mussten Sie improvisieren.«
Viviane beschrieb daraufhin die Ermordung des Türken, wie sie es schon für Willy getan hatte, nur mit mehr Details, mehr Effekten. Ihre Ausführungen galten nicht mehr den beiden Angeklagten, sondern ihrem Lieutenant. Er hörte ihr mit großen Augen zu. Königin nickte immer wieder, senkte den Kopf. Ja, es stimme, diese zweite Flasche habe sie in Panik versetzt. Und ja, die Sache mit der Katze habe ihr den Rest gegeben.
» Genau da kamen mir erste Zweifel«, erklärte Viviane, » die verschwundene Katze hat Sie mehr mitgenommen als der tote Türke. Ich habe mich gefragt, wann Sie mir wirklich etwas vorgespielt haben.«
» Ich war wie von Sinnen. Ich fürchte mich wirklich schrecklich vor übernatürlichen Phänomenen. Aber wer hat denn die Katze verschwinden und wieder auftauchen lassen, im Pool und im Amphitheater, Sie?«
Jämmerlich gestand Willy seinen Besuch beim Tierpräparator. » Aber das mit dem Pool und der gehängten Katze«, versicherte er, » das war ich nicht. Mein Mitbewohner hat es mir gestanden. Kumpels von ihm, allesamt Trinker, die ständig zugedröhnt sind, sind in unserer Lodge vorbeigekommen. Sie haben Sixiz gefunden, als sie Eiswürfel aus dem Kühlschrank holen wollten und ihn einfach mitgehen lassen. Dann haben sie ihn wieder aus dem Müll geangelt und sich einen Spaß damit gemacht.«
Königin und Animateur-Koko hörten zu und nickten.
» Ah«, fiel Viviane noch ein, » beinahe hätte ich Ihr letztes Manöver vergessen, die Zeichnung mit der gehängten Königin. Das haben Sie sich während der Versammlung mit den Kokos ausgedacht, um mich glauben zu machen, es handle sich um eine Drohung von einem von ihnen, weil er seinen kleinen Nebenverdienst nicht verlieren wollte. Außerdem haben Sie sehr hinterhältig meinen Verdacht auf Clown-Koko, Küchen-Koko und Schraubenzieher-Koko gelenkt, die ein paar hübsche Verdächtige abgaben. Aber der Lieutenant ist Ihnen nicht in die Falle getappt: Ein normaler Mann schaut sich die Ohrringe einer Frau nicht an.« Sie atmete kurz durch. Ihre Ausführung war lang gewesen, jetzt wurde es Zeit, Schlüsse zu ziehen. » So, der Fall wäre aufgeklärt. Bravo! Noch nie bin ich in einem Fall so oft auf die falsche Spur geschickt worden.«
Königin zuckte mit den Schultern und erklärte der Kommissarin: » Sie haben nicht den kleinsten Beweis, auch kein Geständnis. Sie haben nur eine schöne Geschichte. Wir haben Ihnen ein bisschen dabei geholfen, sie sich auszudenken, mehr nicht.«
» Das erklären Sie dann dem Richter.«
Animateur-Koko bremste sie mit einer Geste aus. » Königin hat recht, Ihre Version ist brillant, aber wo sind die Beweise? Mit einem guten Anwalt wird man uns aus Mangel an Beweisen freisprechen. Letzten Endes hätten wir unseren Job verloren. Und Ihnen wird man schludrige Ermittlungen vorwerfen, die allein auf Mutmaßungen basieren. Schlecht für Ihre Karriere. Am besten, Sie lassen uns gleich gehen, das wäre einfacher. Und wir würden uns auch erkenntlich zeigen.«
Er war erstaunlich gefasst, als handelte er einen Vertrag aus. Jetzt war er es, der Viviane fest in die Augen schaute.
» Der Mord am Türken ist ein Verbrechen, stimmt. Aber wen stört das, mal abgesehen von seinem Sohn? Wir sind bereit, ihm eine Schadensersatzrente zu bezahlen. Und über den Tod von King vergießt niemand eine Träne. Das könnte man doch dem Türken anhängen. Alle würden zufrieden sein, inklusive Gericht. Kein Aufsehen, das Leben geht weiter. Für Sie beide sogar um einiges bequemer.«
Viviane wusste, dass sie ihn unterbrechen sollte, aber die Neugier überwog, sie hörte ihn weiter an.
» Wir sind einverstanden, Ihnen jeden Monat ein zweites Gehalt zu überweisen, auf Lebenszeit. Ihnen und Ihrem Lieutenant.«
» Sehr gut. Einen Moment bitte.« Sie zog Willy vor die Tür.
Eisig raunte er ihr zu: » Beamtenbestechung. Das können Sie nicht
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