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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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bißchen dünn gewesen.«
    »Und was sagt Ryan dazu?«
    »Dem habe ich noch nichts davon gesagt.«
    Unwillkürlich hatte ich angefangen, an dem Schorf an meiner Wange herumzufingern. Ich sah immer noch aus wie jemand, der in einen Boxkampf gegen George Foreman k.o. gegangen war.
    »Mist«, sagte Charbonneau, ohne allzu große Heftigkeit.
    »Wieso?«
    »Weil mir Ihre Geschichte langsam einzuleuchten beginnt. Claudel wird mir den Schädel herunterreißen.« Er trommelte weiter auf der Armlehne. »Gibt es sonst noch was?«
    »Die Spuren der Sägeblätter und die Art, wie die Leichen zerstückelt wurden, sind bei Gagnon und Trottier so gut wie identisch.«
    »Ja. Das hat Ryan uns gesagt.«
    »Und dann ist da noch das Skelett aus St. Lambert.«
    »Das fünfte Opfer?«
    »Sie haben eine rasche Auffassungsgabe.«
    »Danke.« Das Trommeln wurde heftiger. »Wissen Sie schon, wer sie ist?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Aber Ryan arbeitet daran.«
    Er fuhr sich mit einer seiner großen, fleischigen Hände übers Gesicht. Auf den Knöcheln wuchsen borstige, graue Haare, die eine verkleinerte Version des Gestrüppes auf seinem Kopf darstellten.
    »Wie würden Sie also seine Auswahl der Opfer beschreiben?«
    Ich hob die Handflächen. »Zunächst mal sind sie alle weiblich.«
    »Gut. Und das Alter?«
    »Zwischen sechzehn und siebenundvierzig.«
    »Aussehen?«
    »Gemischt.«
    »Tatorte?«
    »Über den ganzen Stadtplan verteilt.«
    »Was also bringt den Kerl zum Morden? Das Aussehen der Frauen? Ihre Schuhe? Daß sie alle im selben Laden einkaufen?«
    Ich antwortete mit Schweigen.
    »Haben Sie denn irgend etwas gefunden, das bei allen fünf Morden gleich ist?«
    »Nur, daß der Mistkerl sie zuerst windelweich geschlagen und dann umgebracht hat.«
    »Stimmt.« Charbonneau beugte sich vor, legte die Hände auf die Knie und stieß mit eingezogenen Schultern einen tiefen Seufzer aus. »Wenn ich das Claudel erzähle, geht er mir an die Gurgel.«
    Als er fort war, rief ich Ryan an, weil aber weder er noch Bertrand da waren, hinterließ ich ihm eine Nachricht. Dann ging ich die anderen Akten durch, fand aber nichts Interessantes darin. Zwei Drogendealer waren von früheren Komplizen erschossen und dann zerstückelt worden. Ein Mann hatte seinen Neffen getötet, mit einer Motorsäge zerlegt und die Teile in der Gefriertruhe im Keller aufbewahrt. Erst durch einen Stromausfall war der Rest der Familie darauf aufmerksam geworden. Der letzte Fall war der eines weiblichen Torsos, der in einer Hockeytasche am Ufer des St. Lawrence-Stroms angespült worden war. Den Kopf und die Arme hatte man später weiter unten am Fluß gefunden. Der Ehemann der Toten war für den Mord verurteilt worden.
    Erst nachdem ich diese Akte zugeklappt hatte, wurde mir bewußt, wie hungrig ich war. Kein Wunder, schließlich war es schon zehn vor zwei. Also kaufte ich mir in der Cafeteria im achten Stock ein Käsecroissant und eine Cola Light. Als ich damit wieder in meinem Büro war, verordnete ich mir eine Pause, aber ich mißachtete meinen eigenen Befehl sofort wieder, indem ich noch einmal Ryan zu erreichen versuchte. Er war noch immer nicht da. Also doch eine Pause. Ich biß in mein Croissant und überlegte mir, worüber ich nachdenken sollte. Gabby? Nein. Die will ja nichts mit mir zu tun haben. Claudel? Veto. St. Jacques? Nein danke.
    Katy. Wie konnte ich mich ihr bloß verständlich machen? Im Moment war nicht daran zu denken. Weil mir nichts Besseres einfiel, dachte ich an Pete und verspürte sofort das altbekannte Kribbeln im Magen. Ich erinnerte mich an das Prickeln auf der Haut, das Hämmern des Blutes, die warme Feuchtigkeit zwischen meinen Beinen. Was für eine Leidenschaft uns miteinander verbunden hatte. Ach was, du bist nur geil, Brennan, sagte ich mir und nahm einen Bissen von meinem Croissant.
    Dann dachte ich an den anderen Pete. An seine Wutausbrüche, an unsere Auseinandersetzungen, die einsamen Abendessen. Und an die langsam wachsende Abneigung, die wie ein Leichentuch unsere Lust erstickt hatte. Ich trank von meiner Cola. Warum dachte ich in letzter Zeit nur so häufig an Pete? Wenn wir die Chance hätten, alles noch einmal von vorne zu beginnen… Nein, danke, Mrs. Streisand.
    Mit Entspannung war wohl nichts. Also nahm ich Lucies Computerausdruck noch einmal zur Hand, wobei ich versuchte, möglichst keinen Senf darauf tropfen zu lassen. Ich ging die Liste auf Seite drei noch einmal durch und versuchte, die Namen zu entziffern, die Lucie

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