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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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genommen.«
    »Wie bitte?«
    »Ach, nichts.« Wieder ein Witz, der nicht ankam.
    »Schließlich gab ich ›Verstümmelung‹ zusammen mit ›postmortem‹ ein und…« Sie griff über den Tisch und blätterte mir die letzte Seite des Ausdrucks auf. »Wie sagt ihr Amerikaner gleich? Bango?«
    »Bingo.«
    »Bingo! Ich glaube, das ist es, was Sie wollten. Einige der Fälle können Sie natürlich vergessen, wie zum Beispiel diese Drogenmorde, wo man die Leichen mit Säure aufgelöst hat.« Sie deutete auf mehrere Einträge, die sie mit dem Bleistift durchgestrichen hatte. »Aber das ist immer so.«
    Ich nickte geistesabwesend, während ich fasziniert auf die Seite starrte. Der Computer hatte zwölf Fälle ausgedruckt, von denen Lucie drei ausgestrichen hatte.
    »Der Rest aber dürfte für Sie ziemlich interessant sein.«
    Ich hörte kaum, was sie sagte, weil meine Augen die Liste entlangglitten und am sechsten Namen von oben hängenblieben. Ich mußte so rasch wie möglich zurück in mein Büro.
    »Ist denn was dabei, das Sie gebrauchen können?«
    »Ja, ich denke schon«, sagte ich und versuchte, möglichst normal zu klingen.
    »Soll ich Ihnen die einzelnen Fälle heraussuchen?«
    »Nein danke. Ich möchte mir lieber erst einmal die Liste genauer ansehen, und dann lasse ich mir gleich die kompletten Akten kommen.« Hoffentlich hat der Computer bei diesem Namen nicht recht, dachte ich.
    » Bien sûr «.
    Lucie nahm die Brille ab und putzte sie an ihrem Pullover. Ohne die Augengläser sah sie aus, als würde ihr etwas fehlen. Sie erinnerte mich irgendwie an John Denver, als dieser auf Kontaktlinsen umgestiegen war.
    »Ich würde gerne wissen, wie es weitergeht«, sagte Lucie, während sie die rosa gefärbten Rechtecke wieder auf die Nase setzte.
    »Aber natürlich. Ich sage Ihnen, wenn sich etwas ergibt.«
    Als ich aus dem Büro ging, hörte ich, wie sie mit ihrem Drehstuhl über die Bodenfliesen rollte.
    An meinem eigenen Schreibtisch starrte ich wieder den sechsten Namen von oben an. Francine Morisette-Champoux. Ich hatte sie vollkommen vergessen. Bleib ruhig, sagte ich mir. Bleib ruhig und ziehe keine voreiligen Schlüsse.
    Ich zwang mich, auch die anderen Namen auf der Liste durchzugehen. Ich fand Gagne und Valencia, die beiden Drogendealer mit dem lausigen Geschäftssinn, ebenso wie Chantale Trottier und eine Austauschstudentin aus Honduras, der ihr Ehemann mit einer Schrotflinte den Kopf weggeschossen hatte. Danach war er mit der praktisch enthaupteten Leiche von Ohio nach Quebec gefahren, wo er ihr die Hände abgeschnitten und sie in einen Park geworfen hatte. Als Abschiedsgruß hatte er ihr noch seine Initialen in die Brüste geritzt.
    Die vier restlichen Fälle auf der Liste kannte ich nicht, denn sie hatten sich vor 1990 zugetragen, dem Jahr, in dem ich für das Labor begonnen hatte. Ich holte mir ihre Akten zusammen mit der über Morisette-Champoux aus dem Archiv.
    Als ich alle Unterlagen in meinem Büro hatte, ordnete ich sie chronologisch nach LML-Nummern. Ich nahm mir vor, sie systematisch durchzugehen, aber kaum hatte ich den Vorsatz gefaßt, brach ich ihn auch schon wieder und schlug sofort die Morisette-Champoux-Akte auf. Ihr Inhalt katapultierte meine Angst in ungeahnte Höhen.

22
    Francine Morisette-Champoux wurde im Januar 1993 erst halb zu Tode geprügelt und dann erschossen. Eine Nachbarin sah sie noch, als sie gegen zehn Uhr ihren Spaniel spazieren führte. Weniger als eine Stunde später fand sie ihr Ehemann tot in der Küche ihres Hauses. Die Leiche des Hundes lag enthauptet im Wohnzimmer. Sein Kopf wurde nie gefunden.
    Ich erinnerte mich an den Fall, obwohl ich an seiner Untersuchung nicht beteiligt gewesen war. In jenem Winter hatte ich von sechs Wochen eine für das Labor gearbeitet und war danach wieder für fünf Wochen nach North Carolina geflogen. In dieser Zeit war der Streit zwischen mir und Pete immer mehr eskaliert, so daß ich froh gewesen war, als man mir im Sommer desselben Jahres einen Vollzeitjob in Quebec anbot. Damals war ich zuversichtlich gewesen, daß eine dreimonatige Trennung wieder frischen Wind in unsere Beziehung bringen würde. Tja. Die Brutalität des Mordes an Francine Morisette-Champoux hatte mich damals sehr schockiert, und jetzt, als ich mir die Photos vom Tatort ansah, hatte ich wieder genau dasselbe Gefühl.
    Die Leiche lag mit weit abgespreizten Armen und Beinen halb unter einem kleinen, hölzernen Tisch. Ihr Slip aus weißer Baumwolle war zwischen ihren Knien

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