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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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aufgebrochen hatte und einfach quer über den Rasen spaziert war, um dieses grauenhafte Memento in mein Blumenbeet zu pflanzen.
    »Ich weiß, daß Sie recht haben«, sagte ich noch einmal. »Ich muß in Zukunft vorsichtiger sein.«
    Wieder schwenkte ich meine Teetasse, als könnten mir die herumwirbelnden Blätter eine Antwort auf meine Fragen geben.
    »Wollen Sie auch noch etwas Tee?« fragte ich Ryan.
    »Nein, danke.« Er richtete sich wieder auf. »Ich werde mal sehen, ob der Streifenwagen schon da ist.«
    Ryan verschwand in den hinteren Teil der Wohnung, und ich goß mir noch eine Tasse Tee ein. Ich war noch immer in der Küche, als er wiederkam.
    »Ein Streifenwagen steht in der kleinen Seitenstraße gegenüber von Ihrer Wohnungstür, und ein zweiter müßte jeden Augenblick am Hinterausgang eintreffen. Wenn ich gehe, schaue ich nach, ob er auch wirklich da ist. Damit dürfte sich eigentlich niemand mehr unbemerkt diesem Gebäude nähern können.«
    »Danke.« Ich trank einen Schluck aus meiner Tasse und lehnte mich an die Küchentheke.
    Ryan nahm ein Päckchen duMauriers aus der Tasche und sah mich fragend an.
    »Nur zu.«
    Eigentlich schätzte ich es überhaupt nicht, wenn in meiner Wohnung geraucht wurde, aber Ryan schätzte es bestimmt ebensowenig, mitten in der Nacht aus dem Bett geworfen zu werden. Im Leben muß man nun einmal Kompromisse machen. Ich überlegte mir, ob ich ihm einen Aschenbecher suchen sollte, aber dann sparte ich mir die Mühe. Eine Weile rauchte Ryan schweigend, während ich ebenso schweigend meinen Tee trank. In unsere eigenen Gedanken versunken, lehnten wir nebeneinander an der Küchentheke und lauschten dem Brummen des Kühlschranks an der Wand gegenüber.
    »Wissen Sie, es war nicht wirklich der Totenschädel, der mir solche Angst gemacht hat«, sagte ich. »Schließlich habe ich damit in meiner Arbeit täglich zu tun. Aber hier in meinem Garten kam er mir so aus dem Zusammenhang gerissen vor.«
    »Verstehe.«
    »Es klingt zwar wie ein Klischee, aber ich fühle mich, als hätte mir jemand Gewalt angetan. Als wäre ein Fremder in meine Privatsphäre eingedrungen, hätte alles durchgewühlt und angeglotzt und wäre dann wieder verschwunden.«
    Ich schloß meine Hände um die Teetasse und ärgerte mich darüber, daß ich mich so verletzlich fühlte. Verletzlich und albern zugleich. Ryan hatte so etwas zweifellos schon unzählige Male gehört, aber er sagte nichts.
    »Meinen Sie, daß es St. Jacques war?«
    Er sah mich an, während er seine Zigarette im Ausguß abaschte. Dann lehnte er sich zurück und nahm einen tiefen Zug. Seine ausgestreckten Beine reichten fast bis zum Kühlschrank.
    »Keine Ahnung. Wir kommen mit dem Kerl einfach nicht weiter. Wir wissen ja nicht einmal, wessen Wohnung wir wirklich durchsucht haben. Wir haben sie eine Woche lang beobachtet, aber niemand ist rein oder raus.«
    Der Kühlschrank brummte. Ryan rauchte. Ich wirbelte Teeblätter.
    »Er hatte ein Bild von mir in seiner Sammlung. Ausgeschnitten und mit einem X markiert.«
    »Ich weiß.«
    »Sagen Sie mir, was Sie wirklich denken, Ryan.«
    Er ließ sich eine Weile Zeit, dann sagte er: »Ich glaube schon, daß er es war. Alles andere wäre viel zu unwahrscheinlich.«
    Ich wußte, daß er recht hatte, aber gerne hörte ich es nicht gerade. Und noch viel weniger wollte ich darüber nachdenken, was die Aktion mit dem Totenschädel wohl bedeuten sollte. Ich deutete auf den Sack in der Ecke.
    »Meinen Sie, daß das der Schädel zu dem Skelett ist, das wir in St. Lambert gefunden haben?«
    »Woher soll ich das wissen? Das ist doch eher Ihr Gebiet.«
    Er nahm einen letzten Zug, ließ Wasser über den Stummel laufen und suchte nach einem Ort, wo er ihn entsorgen konnte. Ich stieß mich von der Theke ab und machte ihm die Tür mit dem Abfalleimer auf. Als Ryan sich aufrichtete, legte ich ihm eine Hand auf den Arm.
    »Ryan, halten Sie mich für verrückt? Glauben Sie, daß dieser Serienmörder nur in meinem Kopf existiert?«
    Er blickte mich lange nachdenklich an.
    »Ganz ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Kann schon sein, daß Sie recht haben. Immerhin wurden innerhalb von zwei Jahren vier tote Frauen gefunden, alle aufgeschlitzt oder zerstückelt oder beides. Und vielleicht haben wir jetzt sogar eine fünfte Tote. Auf den ersten Blick sind sich die Verstümmelungen ja auch wirklich sehr ähnlich, und dann wurden einigen Opfern auch noch Gegenstände in die Scheide gesteckt. Aber damit hat es sich auch schon.

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