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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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und schirmte mit der rechten Hand seine Augen vor der Sonne ab. Der Rauch seiner Zigarette waberte dabei vor seinem Gesicht herum. Der Mann starrte das Bild so lange an, daß ich mich fragte, ob er mit seinen Gedanken nicht längst schon ganz woanders war. Eine grau-weiß gestreifte Katze mit nackten, roten Stellen im Fell schlich hinter seinem Stuhl hervor und drückte sich an der Hausmauer entlang um die Ecke.
    Der zweite alte Mann legte beide Hände auf seine Knie und erhob sich mit einem leisen Ächzen. Früher mochte seine Haut vielleicht einmal weiß gewesen sein, aber jetzt sah sie aus, als hätte er mindestens hundertzwanzig Jahre lang vor diesem Geschäft in der Sonne gesessen. Nachdem er zuerst die Hosenträger, dann den Gürtel seiner grauen Arbeitshose zurechtgerückt hatte, kam er zu uns herübergeschlurft. Er bückte sich so tief herunter, daß der Schirm seiner Baseballmütze fast die Schulter seines Kumpanen berührte und schaute blinzelnd auf das Photo. Nach einer Weile reichte es mir der Alte mit den Spaghettibeinen zurück.
    »Das Bild ist Schrott. Die eigene Mutter würde einen auf sowas nicht erkennen.«
    Der andere äußerte sich ein wenig zuversichtlicher.
    »Der Kerl wohnt irgendwo da drüben«, sagte er. Er sprach Joual, einen frankokanadischen Slang, und zwar so stark, daß ich ihn kaum verstehen konnte. Bei seinen Worten deutete der Mann mit einem nikotingelben Finger auf ein nur einen halben Block entfernt gelegenes, heruntergekommenes Ziegelhaus. Wie sein Freund hatte er weder Zähne noch ein künstliches Gebiß, und wenn er sprach, schien sein Kinn fast seine Nase zu berühren. Um sicherzugehen, deutete ich noch einmal auf das Photo und dann auf das Haus. Er nickte.
    » Souvent ?« fragte ich. Oft?
    »Mmm, oui «, antwortete der Mann, hob Augenbrauen und Schultern, schob seine Unterlippe nach vorn und drehte die Hand mit der Oberfläche mehrmals nach unten und nach oben. So in etwa.
    Der andere Alte schüttelte den Kopf und schnaubte verächtlich.
     
    Ich winkte Charbonneau und Claudel herbei und erklärte ihnen, was der alte Mann mir gesagt hatte. Claudel sah mich an, als wäre ich eine Wespe, die ihm vor dem Gesicht herumschwirrte und verjagt werden mußte. Ich blickte ihm herausfordernd in die Augen. Er wußte genau, daß es eigentlich seine Aufgabe gewesen wäre, die beiden Alten zu befragen.
    Charbonneau beachtete uns nicht und wandte sich an die beiden Männer. Ihr Joual war jetzt so schnell wie Maschinengewehrfeuer, die Vokale gestreckt und die Endungen so abgeschnitten, daß ich nur wenig davon verstand. Die Gesten, mit denen die drei ihre Worte unterstrichen, waren allerdings klar genug. Der Mann mit den Hosenträgern blieb offenbar dabei, daß unser Verdächtiger in dem Haus wohnte, das er mir vorhin schon gezeigt hatte. Sein Freund mit den Spaghettibeinen verneinte das.
    Als sich Charbonneau schließlich wieder uns zuwandte, deutete er mit dem Kinn in Richtung Wagen und ging schon mal voraus. Claudel und ich folgten ihm, und ich spürte, wie sich die Blicke aus vier alten Augen in meinen Rücken bohrten.

10
    Charbonneau lehnte sich an den Chevy, schüttelte eine Zigarette aus seinem Päckchen und zündete sie an. Sein Körper war gespannt wie ein Flitzebogen. Zunächst schwieg er und schien sich das, was die alten Männer gesagt hatten, noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Als er schließlich etwas sagte, bewegten sich seine Lippen kaum.
    »Kann man denen glauben?« fragte er.
    »Die beiden sehen aus, als wären sie ziemlich oft hier«, meinte ich. Unter meinem T-Shirt lief mir der Schweiß in einem kleinen Rinnsal den Rücken hinunter.
    »Für mich sehen sie geistig nicht mehr ganz fit aus«, bemerkte Claudel.
    »Es könnte aber auch sein, daß sie den Drecksack wirklich gesehen haben«, entgegnete Charbonneau und nahm einen tiefen Zug.
    »Großvater Nummer Zwei schien sich seiner Sache ziemlich sicher zu sein«, sagte ich.
    »Bei den beiden ist doch nur eines sicher, und zwar, daß sie sich jeden Tag hier beim Dépanneur vollaufen lassen«, schnaubte Claudel.
    Charbonneau ließ die Zigarette fallen und trat sie mit der Schuhspitze aus. »Vielleicht ist es ja ein Schuß in den Ofen, aber ich finde, wir sollten uns die Zeit nehmen. Ich jedenfalls möchte nicht dafür verantwortlich sein, daß wir etwas übersehen haben. Gehen wir also hinein, und wenn er drinnen ist, dann schnappen wir ihn uns.«
    Claudel zuckte wie üblich mit den Schultern. »Okay. Aber ich lasse

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