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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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und erleuchtete für einen Augenblick die Straße. Irgend etwas flog aus der Dunkelheit auf mich zu, streifte die Windschutzscheibe und wurde vom böigen Wind davongetragen.
    Ruhig, Brennan. Atme tief durch. Meine Aufregungskurve war hoch bis in die Ionosphäre geschossen.
    Ich griff nach meinem Rucksack und zog mir das Jeanshemd an. Dann steckte ich die Handschuhe in die hintere Hosentasche und die Taschenlampe in den Hosenbund. Das Klemmbrett und den Block ließ ich im Wagen.
    Bei dem Wetter kannst du dir ohnehin keine Notizen machen, sagte ich mir.
    Draußen roch es nach Regen auf warmem Asphalt. Der Wind wirbelte Papier und Laub hoch in die Luft. Die Böen zerrten an meiner Kleidung. Die Zipfel des Jeanshemdes flatterten wie an einer Wäscheleine. Ich steckte sie in den Hosenbund und nahm die Taschenlampe mit zitternder Hand heraus.
    Ich richtete den Strahl vor mir auf den Boden und ging über die Straße. Hinter dem anderen Randstein kam ein schmaler Streifen Gras und dann ein etwa zwei Meter hoher Zaun aus rostigem Maschendraht, der am Rand des Grundstücks entlang führte. Wo ich vorher nur in undurchdringliche Dunkelheit gestarrt hatte, entdeckte ich jetzt Bäume und Büsche, die zu einem dichten Unterholz zusammengewachsen waren und bis fast an den Zaun heranreichten.
    Ich leuchtete in das Dickicht hinein, konnte aber nicht erkennen, wie weit es sich erstreckte oder was dahinter lag.
    Während ich an dem Zaun entlang ging, drückte der Wind überhängende Zweige herab, die im gelblichen Licht der Taschenlampe unheimliche Schatten warfen. Regentropfen schlugen auf das Blätterdach über mir, und einige davon drangen durch und klatschten mir ins Gesicht. Bald würde es richtig gießen. Ich fing an zu zittern und wußte nicht, ob das von der plötzlich gesunkenen Temperatur herrührte oder eine Reaktion auf die scheußliche Umgebung war. Ich ärgerte mich, daß ich nicht statt des Mückensprays meine Regenjacke mitgenommen hatte.
    Als ich etwa drei Viertel des Blocks am Zaun entlanggegangen war, trat ich mit dem Fuß in eine Vertiefung. Ich richtete den Strahl der Taschenlampe nach unten und bemerkte eine Einfahrt, die auf eine Lücke zwischen den Bäumen zulief. Am Zaun befand sich ein Maschendrahttor mit zwei Flügeln, die von einer mit einem Vorhängeschloß gesicherten Kette zusammengehalten wurden.
    Das Tor sah nicht so aus, als sei es in letzter Zeit benützt worden. Der Saum von Abfall, den ich überall am Zaun bemerkt hatte, befand sich auch vor dem Tor, und auf dem gekiesten Weg dahinter wuchs das Unkraut. Ich leuchtete mit der Taschenlampe durch die Drahtmaschen, aber der Strahl verlor sich in der Dunkelheit. Es war, als wolle man mit einem Feuerzeug ein Baseballstadion erleuchten.
    Ich ging weiter und erreichte nach etwa fünfzig Metern am Ende des Blocks eine Querstraße, die genauso dunkel und verlassen war. Mir kam es vor, als hätte ich für die kurze Strecke eine Ewigkeit gebraucht.
    Auf der anderen Straßenseite befand sich eine riesige, von einem Maschendrahtzaun umgebene Asphaltfläche, die früher vermutlich einmal der Parkplatz einer Fabrik oder eines Lagerhauses gewesen war. Eine an einem Telegrafenmast befestigte Glühbirne warf ein mattes Licht auf den brüchigen Teer. Auf den paar Metern, die die Lampe erleuchtete, sah ich Unkraut und Müll, und etwas weiter entfernt konnte ich die Umrisse eines kleinen Schuppens erkennen.
    Ich blieb einen Augenblick stehen und lauschte der Kakophonie aus Wind, Regen und Donnergrollen.
    Okay, Brennan, ermahnte ich mich selbst. Reiß dich am Riemen. Wer nicht wagt, gewinnt nicht.
    »Gut gebrüllt, Löwe«, sagte ich laut. Meine Stimme kam mir seltsam gedämpft vor, als ob die Nacht die Worte zur Hälfte verschluckt hätte, bevor sie an meine Ohren dringen konnten. Ich wandte mich wieder dem Zaun zu. Am Ende des Blocks machte er eine Biegung um neunzig Grad und lief die Straße entlang, auf die ich eben gestoßen war. Ich folgte ihm, und nach ein paar Metern ging er in eine Mauer über, die ich mit meiner Taschenlampe anleuchtete. Sie war grau, etwa zwei Meter hoch und oben mit Steinplatten abgedeckt. Soweit ich es in dem schlechten Licht sehen konnte, lief diese Mauer den Rest des Blocks entlang. In der Mitte schien sie eine Öffnung zu haben. Vermutlich bildete sie die Vorderfront des Grundstücks.
    Ich ging an der Mauer entlang und ließ das Licht der Taschenlampe über aufgeweichtes Papier, Glasscherben und leere Getränkedosen gleiten. Nach etwa

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