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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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zehn Meter entfernt gestanden hatte, kam es mir jetzt vor, als befände ich mich in einer völlig anderen Welt. Die Sonne schien, die Straße wimmelte von Streifenwagen, und mindestens zwanzig Polizisten in Uniform und Zivil standen in kleinen Gruppen herum und unterhielten sich.
    Ich sah Beamte von der DEJ, der SQ und von der Polizei aus St. Lambert, die alle verschiedene Uniformen und Abzeichen trugen. Das Ganze erinnerte mich an einen jener gemischten Vogelschwärme, die sich ab und zu ganz spontan bilden und wild durcheinanderzwitschern, wobei die einzelnen Vögel sich durch Farbe und Zeichnung ihres Gefieders unterscheiden.
    Eine Frau mit einer großen Schultertasche und ein mit Kameras behängter junger Mann lehnten an der Motorhaube eines weißen Chevrolets und rauchten. Sie gehörten zu einer weiteren Spezies, die sich gern an Tatorten einfindet: der Presse. Etwas weiter entfernt stand auf einem Grasstreifen neben dem Zaun ein Mann in einem blauen Overall, der einen hechelnden Schäferhund an einer langen Leine hielt. Der Hund machte immer wieder kurze Abstecher in die Büsche und schnüffelte mit tief gesenkter Schnauze darin herum, bevor er schwanzwedelnd zu seinem Herrn zurückkehrte und ihn auffordernd ansah. Er wollte unbedingt loslegen und verstand nicht, wieso sein Herr noch zögerte.
    »Die ganze Bande ist schon da«, sagte Ryan, während er den Motor abstellte und den Sicherheitsgurt löste.
    Er hatte sich nicht für seine Grobheit am Telefon entschuldigt, aber das hatte ich auch gar nicht erwartet. Die Fahrt über war er fröhlich und manchmal sogar richtig witzig gewesen. Er hatte mir Orte gezeigt, an denen sich Verbrechen oder groteske Vorfälle ereignet hatten, und dazu bizarre Anekdoten und Geschichten aus dem täglichen Krieg auf unseren Straßen erzählt. Zum Beispiel hatte eine Frau in einem Dreifamilienhaus auf ihren Mann mit einer Bratpfanne eingeschlagen und danach Ryans Beamte angegriffen. Und in einem Poulet Kentucky Frites war ein nackter Mann aus einem Liftschacht befreit worden. Ich hatte mich bei diesen Erzählungen gefragt, ob die Stadtpläne von Polizisten wohl aus lauter Orten bestanden, an denen sich irgendwelche aktenkundigen Dinge zugetragen hatten.
    Ryan entdeckte Bertrand und steuerte auf ihn zu. Er stand zusammen mit einem Beamten der SQ und Pierre LaManche bei einem dünnen, blonden Mann, der eine dunkle Fliegerbrille trug. Beim Überqueren der Straße hielt ich Ausschau nach Claudel oder Charbonneau. Obwohl dies offiziell ein Fall für die SQ war, war ich mir sicher, daß irgendwann wenigstens einer von ihnen hier auftauchen würde. Schließlich waren alle anderen auch da.
    Als wir uns der Gruppe näherten, sah ich, daß der Mann mit der Sonnenbrille ziemlich nervös war und ständig an seinem dünnen Schnurrbart herumzwirbelte. Er hatte eine auffallend glatte, graue Haut, die weder sommerliche Bräune noch irgendwelche Unreinheiten aufwies. Er trug eine Bomberjacke und schwarze Stiefel und hätte ebenso fünfundzwanzig wie fünfundsechzig sein können.
    Als wir uns der Gruppe anschlossen, spürte ich LaManches Blicke auf mir. Er nickte mir stumm zu und sagte nichts. Langsam begann ich, mich unwohl zu fühlen. Immerhin war ich verantwortlich für diesen ganzen Zirkus. Was wäre, wenn wir jetzt nichts finden würden? Was wäre, wenn jemand noch in der Nacht den Sack mit der Leiche hätte verschwinden lassen? Was wäre, wenn es sich nur um einen weiteren »dämlichen Friedhof« handeln würde? In der Nacht war es dunkel und ich war sehr aufgeregt gewesen. Wieviel von dem Erlebten hatte ich mir eingebildet? Ich spürte, wie sich mein Magen zusammenzog.
    Bertrand begrüßte uns und sah wieder einmal wie die Westentaschenausgabe eines Dressman aus. Für die Exhumierung hatte er erdfarbene Kleidung gewählt, die bestimmt aus Ökofasern gewebt und ohne giftige Chemikalien gefärbt war.
    Ryan und ich begrüßten die Leute, die wir kannten, mit einem Kopfnicken und wandten uns dann dem Mann mit der Sonnenbrille zu. Bertrand stellte uns vor.
    »Andy, Doc. Das hier ist Pater Poirier. Er ist als Beauftragter der Diözese hier.«
    »Der Erz diözese.«
    »Pardon. Der Erzdiözese. Das hier ist ein Kirchengrundstück.« Bertrand deutete mit dem Daumen auf den Zaun hinter seinem Rücken.
    »Tempe Brennan«, sagte ich und streckte dem Geistlichen meine Hand hin.
    Pater Poirier drehte seine Fliegerbrille in meine Richtung und gab mir die Hand. Sein Händedruck war weich und kraftlos, und

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