Tote Männer Milch (German Edition)
Zurückhaltung.
„Sie sind nicht sehr gesprächig, wie?“, holte Isolde aus, während sie entspannt ihren Kopf zurücklehnte und geradeaus blickte.
Sepp räusperte sich ertappt und zuckte hilflos mit den Schultern.
„Och“, mehr brachte er nicht zusammen.
„Haben Sie eigentlich gewusst“, fuhr Isolde im Plauderton fort, „dass Männer im Durchschnitt 11-mal am Tag eine Erektion haben?“
Sepp spürte den erwartungsvollen Blick seiner Beifahrerin auf sich geheftet und fragte sich, warum ihm diese Frau so komische Sachen erzählte. Wie eine Frau überhaupt über so einen Schweinskram reden konnte – die sieht doch eigentlich ganz harmlos aus, dachte er weiter und schwieg.
„Schon erstaunlich, wie?“, resümierte Isolde unbeschwert. „Vor allem, wenn man bedenkt, dass es sich lediglich um den Durchschnitt handelt. Was ja nichts anderes heißt, dass die einen 20-mal am Tag einen Ständer haben und die anderen vielleicht nur 2-mal und der Rest über die Morgenlatte nicht hinauskommt.“
Sepp stieß einen verunglückten Lacher hervor und sah angestrengt auf die Fahrbahn, so als stünde ein komplizierter Parcours bevor.
„Ja, ja“, seufzte Isolde versonnen und streichelte ihren Hund.
„Wie heißt er denn?“, versuchte Sepp vom Thema abzulenken.
„Hund, einfach nur Hund! Wenn er eine große Tat vollbringen sollte, werde ich ihm einen Namen geben“, erwiderte Isolde gleichgültig.
„Zu welcher Sorte gehören Sie eigentlich? Zum oberen oder unterem Durchschnitt?“, fuhr sie übergangslos fort.
„Das geht Sie nichts an“, brummte Sepp peinlich berührt.
„Schade“, entgegnete Isolde, „es hätte mich halt nur so studienhalber interessiert, ob, na ja … ob Sie bereits eine Erektion hatten, als Sie mich gesehen haben oder ob Sie erst jetzt eine haben.“
„Weder noch.“
„Sind Sie sicher“, hakte sie nach.
„Ja“, hüstelte Sepp verschleimt, wobei er seine Sitzhaltung etwas korrigierte und sich mit dem Oberkörper weiter nach vorn beugte, so als läge die Befürchtung nahe, dass Isolde sich von der Richtigkeit seiner Behauptung überzeugen könnte.
„Lassen Sie mich bitte da vorn aussteigen. Ich möchte die paar Meter zu Fuß gehen.“
Sepp gehorchte. Er war heilfroh dieses seltsame Frauenzimmer endlich wieder loszuwerden. Die gehört doch in die Gummizelle, dachte er.
Isolde stieg aus.
„Vielen Dank fürs Mitnehmen! Vielleicht sieht man sich mal wieder!“, verabschiedete sich Isolde.
Eher nicht, dachte Sepp.
Auf den Weg ins Gewerbecenter hielt Isolde an einer Würstchenbude an. Sie kaufte eine klein geschnittene Bockwurst mit Brötchen und einen Espresso. Die Wurst verfütterte sie an den Hund, das Brötchen an die Spatzen. Während sie den dampfenden Kaffeebecher umklammerte, beobachtete sie eine Horde Bauarbeiter, die um einen Stehtisch gruppiert ihr Frühstück verzehrten und sich die erste Ration Bier einverleibten. Einer von ihnen prostete Isolde vergnügt mit der Bierflasche zu. Isolde schenkte ihm ein Lächeln und legte als Vergütung noch einen betörenden Augenaufschlag drauf. Komisch, dachte sie amüsiert. Wieso schenken mir die Mannsbilder auf einmal Beachtung? Was ist geschehen? Was hat sich an mir verändert? Steht es auf meiner Stirn geschrieben, dass ich eine Samenräuberin bin? Wird man wegen einer Hand voll Sperma attraktiver? Riechen die Kerle das noch? Sie trank ihren Kaffee aus, stopfte die Servietten hinein und zielte mit dem Pappbecher auf den drei Meter entfernten Abfalleimer.
„Volltreffer!“, johlten die Bauarbeiter im Chor.
Isolde nickte erhaben. „Schönen Tag noch, die Herren!“, empfahl sie sich und wandte sich mit einem frivolen Hüftschwung zum Gehen.
Himmelherrgott nochmal, was ist nur los mit mir? Ich tue Dinge, die ich noch nie getan habe. Ich stelle Fragen, die mir früher nie in den Sinn gekommen wären. Ich bin verrückt, stellte sie hormontrunken fest – ich bin verrückt, verrückt, verrückt, weil ich verliebt bin. Oder bin ich verliebt, weil ich verrückt bin? In gespielter Verzweiflung legte sie ihre Stirn in Falten.
Vor dem Baumarkt angekommen blieb sie an einem Verkaufstresen am Eingang stehen, kaufte frische Brötchen, Wurst- und Käseaufschnitt, zwei kleine Flaschen Sekt und bei der Blumenfrau nebenan einen Strauß rosa Nelken. Anschließend betrat sie den Heimwerkermarkt und steuerte zielstrebig auf einen Servicestand zu.
„Sie wünschen?“
„Ich möchte diese drei Schlüssel nachgemacht haben.“
Der
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