Totem des Boesen
aber entstand Bewegung. Drei Gestalten lösten sich aus einer der spartanischen Behausungen und strebten dem Platz mit den Totems entgegen.
Drei Frauen in grauen Kleidern. Grau wie die Welt, die sie sahen. Grau wie die Tristesse ihrer Absichten .
Lautlos erreichten sie die Mitte des Platzes, wo am hellen Mittag unhörbare Blitze zwischen ihnen und dem Totempfahl zu zucken begannen. Energien so finster wie die Gedanken, die sich durch die Gehirne der Besessenen wälzten.
Nur kurz fand dieser »Austausch« statt. Dann erlosch das unheilige Feuer. Die drei Frauen reckten ihre Arme zum Himmel und schickten ihre Gedanken auf die Reise.
Gedanken, die in fremden Revieren wilderten. In den Köpfen derer, die sich im Blätterkleid der Bäume verborgen hielten.
Kurz darauf rauschte die Luft. Flügel peitschten. Adler, die glaubten, von ihren indianischen Partnern gerufen zu werden, kamen herbei.
Ahnungslos auf ihrem allerletzten Flug .
*
Die Höhle war in sattes Licht getaucht ... und so finster wie ein Schacht, der steil in den Mittelpunkt der Erde hinabführte!
Die Höhle war riesig . und so klein wie der Bau eines Dachses!
Wyando stöhnte.
Seine Eindrücke wechselten in aberwitziger Geschwindigkeit. In dem einen Moment fühlte er sich winzig und verloren inmitten eines himmelhohen Gewölbes - und im nächsten meinte er, lebendig begraben unter Unmassen von Gestein und Erde zu liegen. Klaustrophische Anwandlungen wechselten sich mit der Illusion grenzenloser Freiheit ab.
Weder das eine, noch das andere war eine Tatsache. Die Wirklichkeit war ein dehnbarer Begriff geworden. Bis zu einem gewissen Grad manipulierbar. Aber würde das reichen, um eine reale Gefahr zu bannen?
In Wyandos Nase strömten Gerüche, die Makootemane mit verschiedenen Pulvern entfacht hatte. In der Glut des Feuers entwickelten sie bewußtseinserweiternde Dämpfe.
Wyando vertraute Makootemanes Tun. Wäre es nicht so gewesen, hätte er sich diesem Wagnis niemals stellen dürfen.
Atemlos wartete er auf das Erscheinen des DRACHEN, den sie aus seinem Versteck zu locken versuchten.
Warum die Heimsuchung der Vampire ausgerechnet in dieser Gestalt erschienen war, darüber konnte Wyando nur spekulieren. Im Grunde hatte ein Drache nichts mit Mythologie und Ursprung seines Volkes gemein.
Oder hatte er gerade deshalb diese Form gewählt?
Seit ihrer Ankunft in der Nacht hatten Makootemane, Wyando und der Adler ihre Seelen zusammengeschlossen, um dem Drachen zu trotzen - und ebenso lange spürte Wyando bereits die Beschränktheit der Macht, die sie zu entfesseln imstande waren. Ma-kootemane und das Stammestotem waren nur noch Schatten ihrer selbst. Der einzige, dessen Kraft noch ungebrochen schien, war er. Doch auch auf ihm lastete etwas, was ihn zweifeln ließ, ob er im richtigen Moment in der Lage sein würde, alles zu geben. Noch immer nagte der Verlust der Selbstkontrolle an ihm, den er im Motel von New Jericho erlebt hatte. Als er alle Werte verriet, an die er bis dahin geglaubt hatte.
Margeau ...
Hier in der Höhle war sie nur noch ein gesichtloser Schemen. Und trotzdem führte der Gedanke an sie Wyando auf absonderlichen Irr-wegen zu einer anderen Frau, deren Aussehen immer noch in jedem Detail vor seinem geistigen Auge stand.
Eine Frau, die ihm mit unversöhnlichen Grundsätzen gegenübergetreten war und die er trotzdem gegen die Rachsucht einer anderen Frau verteidigt hatte. Eine Frau, die Vampire jagte und umbrachte, wo immer sie ihnen begegnete - und die auch ihn vernichtet hätte, wären ihr Mittel und Gelegenheit an die Hand gegeben worden .
Er stockte. Sein Geist erbebte wie zum letzten Mal bei dem Ritual seiner Vampirwerdung, als Makootemanes Blut über den Rand des Lilienkelchs hinweg in seinen Mund geschwappt war und die Chemie des Körpers auf den Kopf gestellt, verdreht und vergewaltigt hatte!
Das Epizentrum der Beben, die sich der Allianz zweier Arapaho und eines Vogels näherten, war unbestimmbar - aber Wyando hätte nicht ausgeschlossen, daß es in ihnen selbst steckte. Tief im Kern dessen, was ihre Persönlichkeit ausmachte .
»Endlich«, hörte er sich flüstern.
Du Narr, dachte er. Freut sich ein Delinquent auf das Beil der Guillotine?
Sie hatten es aufgeschreckt. Den Köder ausgeworfen, der ihr eigenes Verhängnis werden konnte. Wyando spürte das Böse in seiner nackten, ungeschönten Natur.
Es kam.
Es folgte der Fährte, die sie ihm gelegt hatten. Der Spur ihrer Gedanken .
Aber bevor der Drache Feuer speiend
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