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Toten-Welt (German Edition)

Toten-Welt (German Edition)

Titel: Toten-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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empfing er hier erkrankte Mitbrüder, gelegentlich auch verletzte Reiter der nahen Burg oder der Kräuterkunde zugetanes Weibsvolk aus der Stadt, das Rat suchte, so dass Marias Besuch hier an diesem Ort des Raumes niemand wunder nehmen mochte.
    Er sah sie an, und für eine Sekunde war in seinem Blick zu lesen, dass ihre Neuigkeit für ihn keine war.
    „Ich nehme an, dir ist der Fall eines Scheintodes begegnet“, wich er aus. „Das muss zudem nichts mit der verabreichten Substanz zu tun haben, sondern...“
    „Nein“, unterbrach sie ihn grob, „ich meine, dein Mittel hat eine Leiche ins Leben zurückgeholt und sämtliche todbringenden Wunden, von denen zahlreiche vorhanden waren, innerhalb von Stunden vollständig vernarben lassen. Wie bei des Müllers Hand, aber bezogen auf den gesamten Körper, der von einem Baum zerschmettert war bis ins letzte Glied.“
    „Du hast also den Puls befühlt, den Atem kontrolliert, erste Leichenflecken wahrgenommen...“
    „Nein, das habe ich nicht, aber ich habe einen vollkommen zerstörten Körper zum Sterben liegen gelassen, um sein Grab auszuheben, und als ich fertig war, kam die Leiche selbst herbei, um das Begräbnis abzusagen.“
    Er schüttelte leicht den Kopf und fragte:
    „Um wen handelt es sich dabei?“
    „Den Köhler.“
    „Welchen? Wir haben...“
    „Den in meinem Wald. Den zwischen Dorf und Burg.“
    „Dem haben wir einst etwas gegen die Lepra verabreicht.“
    Er setzte sich an sein Pult, griff zu einer Feder und erwartete ihre Antwort.
    „Du warst das. Ich war nur deine Komplizin.“
    Er machte eine Aufzeichnung, während er sprach.
    „Maria, warum stellst du dich auf einmal gegen mich?“
    „Ob ich mich gegen dich stelle, kann ich erst sagen, wenn ich weiß, was du da zusammengemischt hast. Ich will endlich wissen, woraus deine Mittel bestehen!“
    „Aus verschiedenen harmlosen Kräutern und meinen intensiven Gebeten für das Wohlergehen des Empfängers. Das ist dir doch bekannt.“
    „Lüg mich nicht an!“
    „Maria, du bezichtigst mich, einen Mann Gottes, der Lüge?!“
    „Ich weiß, dass du lügst, wenn es der Sache dient.“
    Er stand auf, warf gedankenverloren, aber auch wie hilfesuchend einen flüchtigen Blick auf eine leicht verfärbte Stelle an der hinteren Wand des Gewölbes, was Maria nicht entging. Er schlug den mahnenden Predigerton an, den sie schon kannte von allen Gelegenheiten, in denen er sich bedrängt sah und nicht mehr weiter wusste.
    „Gott stellt das Leben über alles. Wir tun Gottes Werk. Und wenn du es für unchristlich hältst, einen Sterbenden dem sicheren Tod zu entreißen, dann schlage in der Bibel nach, welches Wunder unser Herr Jesus Christus an einem Mann namens Lazarus von Bethanien vollbracht hat. Und ist nicht Jesus selbst, wie du in der Bibel nachlesen kannst, von den Toten...“
    „Ich kann das nicht nachlesen, weil ich weder lesen kann noch Latein. Aber ich weiß, dass Lazarus kein Sterbender, sondern tot war und schon gestunken hat. Hältst du dich etwa für Jesus? Willst du selbst eines Tages deinem Grab entsteigen?“
    „Das ist Blasphemie! Schweig, Weib! Du bist nicht mehr mein Mündel. Verlasse diesen Ort!“
    „Und wer, verdammt noch mal, soll dann künftig deine Versuche für dich ausführen? Und wer soll deine Männlichkeit massieren, bis dir verbotene Gefühle entsteigen, die du für weniger verboten hältst als dich auf mich zu legen? Du bist ein verdammter Heuchler, Hermann. Und lasse endlich diese Flucht hinter deinen angeblichen Glauben und dein Gelübde, denn beides ist dir einerlei, wenn du Gott spielst und die Natur außer Kraft setzt. Du musst mich schon töten, wenn du mich loswerden willst. Falls du das noch kannst, denn ich selbst habe ja auch so manches Mittel von dir eingenommen zur Probe und gegen kleinere Wehwehchen. Nun sag schon, bin nun auch ich zu ewigem Leben verdammt?“
    Er schüttelte wieder den Kopf, diesmal verneinend. Er hatte nicht gewagt, ihre halblauten Beschimpfungen zu unterbrechen und hätte es auch nicht vermocht.
    „Dir würde ich das niemals antun.“
    „Also hast du es anderen angetan!“
    „Doch nicht um zu schaden. Und schon gar nicht, um dem Tod zu trotzen.“
    „Dann ist diese Wirkung Zufall und gänzlich unvorhersehbar für dich gewesen?“
    „Nicht gänzlich. An Tieren hatte sich manch Merkwürdiges gezeigt. Natürlich änderte ich dann die Dosierung für die Patienten entsprechend.“
    Er klang kleinlaut.
    „Offenbar ohne Erfolg. Oder mit besonderem

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