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Toten-Welt (German Edition)

Toten-Welt (German Edition)

Titel: Toten-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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Erfolg, wie man es sehen mag.“
    Ihre Wut war verraucht. Sie sah ihn an, wusste, dass er es nur gut gemeint hatte, und fragte:
    „Was ist mit diesen Tieren? Leben sie noch?“
    Er biss sich auf die Lippen und schüttelte den Kopf.
    „Dann ist die Wirkung nicht von Dauer.“
    Sie überwand in einem spontanen Impuls die Distanz zwischen ihnen, nahm den Kopf des Sitzenden in ihre Arme, küsste ihn auf die Haare und flüsterte:
    „Lass uns endlich weggehen, mein Liebster. Du brauchst kein Wundermittel zu entdecken. Wir finden einen anderen Weg, eine Familie zu begründen.“
    „Und als was soll ich arbeiten? Selbst wenn sie uns nicht verfolgen und einfangen, wie soll ich uns ernähren?“
    Sein Widerspruch klang müde, und das gab ihr neue Hoffnung.
    „Wir finden einen Weg.“
    „Aber war jener geplante Weg nicht unser gemeinsamer Traum? Wir ziehen durchs ganze Reich, sind frei wie die Vögel und helfen den Menschen?“
    „Das ist ein schöner Traum. Wir sollten ihn sofort umsetzen. Wenn wir zu lange warten...“
    „Wir müssen nicht mehr lange warten. Deine Nachricht über den Köhler ist erschreckend, aber zeigt mir doch, dass ich dem Ziel nahe bin. Höre zu.“
    Er erhob sich in ihrer Umarmung und löste sie damit auf. Beide Hände auf ihre Schultern gelegt, sah er sie durchdringend an.
    „Du musst zum Nachrichter gehen.“
    Hoffnung und gute Laune vergingen ihr sofort.
    „Was soll ich bei ihm?“
    „Er hat in zwei Tagen eine Enthauptung.“
    „Der Strauchdieb aus dem Böhmischen, ich weiß.“
    „Ich brauche sein Blut. Keine kleine Dosis. Die Menge eines vollen Kruges, mindestens. Er soll sich vorsehen, dass die abergläubischen Weiber sich fernhalten und erst nach ihm bedienen.“
    „Und was unterscheidet dich von diesen Weibern?“
    „Maria!“
    „Blut ist Blut. Oder kommt die Unsterblichkeit etwa davon?“
    „Ganz sicher nicht. Ich brauche es als Beimengung.“
    „Wozu? Deine Mittel wirken doch bereits. Zu gut, wie sich jetzt zeigt.“
    „Nein, noch nicht gut genug. Sie sollen Krankheiten gar nicht erst zulassen. Aber sie sollen dabei den natürlichen Ablauf des Lebens nicht verhindern.“
    „Das ist ein unmögliches Ziel. So kommen wir nie von hier weg!“
    Sie raffte ihr Gewand, verbiss sich die Tränen der Enttäuschung und rannte zur Tür.
    „Maria! Wirst du es tun?“
    „Wenn es das Wichtigste für dich ist.“
    „Du bist das Wichtigste. Das weißt du doch. Sehen wir uns trotzdem heute Nacht.“
    „Der Nachrichter wird entlohnt werden wollen“, wich sie aus.
    „Ich bringe seinen Lohn dann mit. Wirst du kommen?“
    Sie schwieg und schaute bockig an ihm vorbei.
    „Ich werde dir einen Beweis erbringen. Heute Nacht. Bitte komm.“
    „Beweis für was?“
    „Meiner Treue, meiner Liebe, meiner Hingabe an dich. Du bist mir wichtiger als mein Gelübde. Wichtiger als mein Leben.“
    „Das bist du auch für mich.“
    Sie gab ihm, wieder versöhnt, einen langen Kuss auf den Mund. Als sie sich lösen und davon laufen wollte, hielt er sie an der Hand fest.
    „Warte. Was ist mit dem Köhler? Wird es bekannt werden?“
    „Nein, durch ihn bestimmt nicht. Er hat Angst und ist in seine Hütte zurück. Vielleicht stirbt er dort doch noch, und alles ist wieder, wie es sein sollte.“
     
    Rasch, aber ohne ihre von Angst getriebene Eile zu zeigen, ging sie durchs Klostertor. Eine Dreiergruppe von Mönchen hatte sie bemerkt, aber nicht beachtet.
    Ein vierter Mönch dagegen, Bruder Daniel, ließ sie nicht aus den Augen. Er hatte sie ankommen sehen, in den Klostergarten verfolgt, hatte an die Wand gedrückt fast jedes Wort mithören können, das sie mit Hermann gesprochen hatte, und sich durchs Fenster die Umarmungen und Küsse angeschaut wie etwas, das man zum ersten Mal sah und dessen Bedeutung man nicht begriff.
    Als er sich jetzt in Bewegung setzte und die Verfolgung aufnahm, musste er bei jedem Schritt aufpassen, dass er nicht stolperte. Seine Beine fühlten sich steif an, der Oberkörper wie erstarrt. Er torkelte etwas, rang um Gleichgewicht, wäre fast den drei Mitbrüdern in die Arme gelaufen, die sich nach der Begegnung mit Maria wieder in ihr Gespräch vertieft hatten, aber schaffte es, unbemerkt das Tor zu erreichen und die Klostermauern zu verlassen.
    Als sich am Waldrand der Weg gabelte, musste er nicht lange überlegen. Sie würde wohl kaum in Richtung Burg gegangen sein, sondern zurück zu ihrem Dorf, also in den Wald. Auf dem wurzeldurchwachsenen Weg fiel er weiter zurück. Die

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