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Toten-Welt (German Edition)

Toten-Welt (German Edition)

Titel: Toten-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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der Burgvogt unter dem Bann dieses Waldweibes standen? Der Kommandant selbst hätte es ebenfalls nicht vermocht, die Hexe so hart anzufassen wie sie es verdiente, nachdem sie ihn mit einer Salbe vom Böhmischen Fieber befreit hatte.
    Er aber, Lorenz Bernkaller, gewährte Gnade nur denen, die sie verdienten. Hexen verdienten nur eins: die peinliche Befragung, bis sie ihr schändliches Tun gestanden, und sodann die reinigende Kraft des Feuers!
    „Haltet die Gurte griffbereit“, befahl er seinen Männern, als der Wald sich lichtete und im grellen Sonnenlicht Unregelmäßigkeiten sich abzeichneten, die nur von Menschenhand stammen konnten.
    Bernkaller war seit Jahren nicht im Dorf gewesen. Zuletzt, als er hier Dienst getan hatte, war es darum gegangen, die Pestkranken von den Gesunden abzusondern und die Leichen zu verbrennen. Was eine Leiche gewesen war, hatte kein Arzt entschieden, sondern er selbst. Als Leiche galt ihm selbstverständlich auch alles, was sich zwar noch regte, aber wohl kaum wieder aufstehen würde.
    Dank ihm war dieser Fluch des Satans hier an Ort und Stelle gebrochen worden. Dass das Dorf sich nie mehr erholt hatte, war ihm gerade recht. Von einem solchen Ort konnte nichts Gutes mehr ausgehen. Am besten, man brannte alles nieder und ließ nichts am Leben. Wie sich jetzt zeigte, war er damals leider nicht gründlich genug gewesen. Hätte er völlig reinen Tisch machen lassen, wäre es ihm heute wohl kaum auferlegt worden, hierher zurückzukehren.
    Nichtsdestotrotz staunte er darüber, wie gründlich auch die Natur in ihrer Arbeit gewesen war, den Schauplatz des Bösen für immer verschwinden zu lassen. Zu erkennen waren nur noch die Grundmauern der wenigen einstigen Steinhäuser. Die meisten Gebäude des Dorfes hatten aus Holzhütten bestanden, und die waren wie ausradiert. Überhaupt erkannte man ihren Standort nur noch daran, dass der Bewuchs der Areale regelmäßig anmutete: Heckensträucher, die ins Kraut geschossen waren, bildeten große Vierecke, die kleine Vierecke umschlossen, da auf der hoch verdichteten Erde der einstigen Wohnbereiche eine zähere Vegetation gedieh.
    Frei dagegen lag noch der Brandfleck des reinigenden Feuers. Einzelne Grabkreuze hatten der Witterung widerstanden. Aber die hintere Dorfhälfte stand, wie er jetzt zu seinem Verdruss erkannte, noch in der Anordnung und fast unbeeinträchtigt, wie es ihn sein letzter Blick in Erinnerung rief. Die Hexe hatte nicht nur ihren eigenen Unterschlupf, sondern mit ihrer zunächst noch weiter existierenden Mischpoke offenbar auch Nebengebäude wiedererrichtet und erhalten.
    „Absitzen. Du da, geh ums Haus herum, damit sie uns nicht nach hinten entwischt.“
    Der Wachmann nickte und stapfte durch Marias Garten zur Haushinterseite. In der Linken hielt er ein Bündel Ledergurte. Die Rechte war bereit, zum Schwert zu greifen.
    „Maria Berkel! Komme heraus und mache dich bereit, deinem Schicksal gegenüberzutreten. An diesem Ort hier wirst du nimmermehr verbleiben!“
    Was er ausrief, widersprach dem, was ihm aufgetragen worden war. Er sollte sie auffordern, überreden und allenfalls sanften Druck ausüben.
    Aber zu diesem Zweck hätte es kein Dreieraufgebot gebraucht. Manche Befehle versteckten sich hinter dem, was lediglich ausgesprochen wurde, und so war er entschlossen, sich auf Verhandlungen gar nicht erst einzulassen. Hier ging es gewiss um keine Umsiedlung. Man hätte nicht einen wie ihn beauftragt, wäre man nicht zu dem Schluss gekommen, dass man die Hexe besser ganz loswurde. Jeder wusste, wie er über diese Brut des Teufels dachte.
    „Maria Berkel, dein Haus wird brennen so wie du brennen wirst. Tritt jetzt denen gegenüber, die dein Seelenheil zu retten gedenken.“
    Der Wachmann, der mit ihm auf der Vorderseite des Hauses verblieben war, warf ihm einen skeptischen Seitenblick zu. Nicht nur, dass ihm die Art missfiel, wie hier Befehle nach Ermessen des Befehlsempfängers zurechtgebogen wurden, er sah auch keinen Sinn darin, ein blutjunges schwaches Weib mit sofortiger Brutalität zu überfallen. Seine Ledergurte hielt er zwar wie angeordnet griffbereit, aber anzuwenden gedachte er sie nur bei allergrößtem Widerstand. Ohnehin schien hier niemand zu Hause zu sein, das Dorf inzwischen wohl gänzlich ausgestorben, und Maria Berkel auf und davon.
    Ein Geräusch ließ ihn herumfahren.
    In einem der Nebengebäude, der lächerlichen Imitation eines Stadthauses im Fachwerkstil mit verkrumpelten Holzschindeln, hatte es nach Schritten

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