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Totenacker

Totenacker

Titel: Totenacker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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durcheinander. Norbert war zehn Jahre alt gewesen, als sein Vater die Familie verlassen hatte und nach Kanada ausgewandert war. Die Mutter hatte sich, Norbert und seine jüngere Schwester allein durchbringen müssen, was nicht leicht gewesen war. In ihrer Enttäuschung und ihrem Zorn hatte sie jeden Kontakt zur Familie ihres Mannes abgebrochen, und so hatte auch Norbert seine Großeltern und seinen Onkel Karl-Friedrich seitdem nicht mehr gesehen. Die Mutter war dann an Krebs gestorben, als Norbert gerade angefangen hatte zu studieren, und die Schwester war zum Vater nach Kanada gezogen. Das alles hatte Norbert ihr einmal erzählt und seitdem nie wieder von seinen Verwandten gesprochen. Sie hatte nicht einmal gewusst, dass der Onkel noch lebte.
    «Onkel Fricka?», fragte sie gedehnt.
    «So hab ich ihn als Kind genannt, ja.»
    «Und du hast ihn heute, nach all den Jahren, einfach so angerufen? Warum denn nur?»
    Ihr war ein bisschen flau im Magen.
    «Er kann uns vielleicht bei unserem Fall helfen.» Van Appeldorn rieb sich den Nacken. «Er war in Kleve während der Bombenangriffe, weil er Flakhelfer war oder so was. Seine Mutter und der kleine Bruder, mein Vater, waren nach Mitteldeutschland evakuiert worden, aber er ist in der Wohnung am Mittelweg geblieben. Ich glaube, er war erst vierzehn.»
    «Woher weißt du das alles?»
    «Als ich klein war, konnte ich gar nicht genug kriegen von seinen Geschichten. Die waren, na ja, hört sich heute komisch an, aber für mich waren die spannender als Karl May.»
    «Das ist über vierzig Jahre her. Seitdem hast du nichts mehr mit ihm zu tun gehabt?»
    «Ich habe ihn auf der Beerdigung meiner Mutter gesehen», räumte er ein.
    Ulli nickte langsam. «Das war vor dreißig Jahren.» Sie schob ihre Teetasse zur Seite und nahm einen Schluck aus Norberts Bierflasche. «Und jetzt rufst du ihn einfach so an?»
    «Na ja, so einfach war das gar nicht.» Er nahm ihre Hand.
    «Ist er nicht aus allen Wolken gefallen?»
    «Nein, gar nicht», antwortete er und schaute in die Ferne. «Er hat sich gefreut. So hat es sich jedenfalls angehört. Ich besuche ihn morgen Abend.»

    Bernie Schnittges legte einen dicken Stapel gehefteter Blätter auf seinen Schreibtisch und gähnte.
    «Schwere Nacht gehabt?», fragte van Appeldorn.
    «Das kann man wohl sagen», antwortete Schnittges und unterdrückte ein weiteres Gähnen. «Mein Bruder konnte gestern einen Transporter organisieren, also haben wir meinen ganzen Kram aus Krefeld in meine neue Wohnung gebracht.»
    «Du bist tatsächlich schon umgezogen?», staunte Cox.
    «Nicht wirklich. Bis auf mein Bett steht noch gar nichts.»
    Cox wechselte einen Blick mit Penny. «Wenn du Hilfe brauchst, wir beide hätten heute Abend Zeit.»
    «Das ist nett, danke, aber ich habe meiner Schwester meinen Schlüssel überlassen, und wie ich sie kenne, bleibt nicht einmal mehr für mich heute Abend noch was zu tun.» Er ging zum Fenster. «Habt ihr was dagegen, wenn ich ein bisschen Sauerstoff hereinlasse?»
    «Als ich dann endlich im Bett lag», sagte er, nachdem er das Fenster weit geöffnet und ein paarmal durchgeatmet hatte, «ließ mir das da keine Ruhe.» Er zeigte auf die Papiere im dunkelroten Einband. «Die Dissertation über die Klinik Bedburg-Hau im Dritten Reich. Ich bin leider nur bis zur Hälfte gekommen, dann war es halb vier, und mir sind die Augen zugefallen.»
    «Steht denn irgendwas drin, das uns weiterhilft?», wollte van Appeldorn wissen.
    «Ich glaube schon.»
    Das Telefon klingelte, und Cox nahm ab. «Ja sicher, schick ihn hoch.»
    «Arend ist hier», erklärte er und schüttelte den Kopf. «Seit wann lässt der sich denn anmelden?»
    «Der junge Derks sitzt vorn an der Wache», sagte van Appeldorn. «Der muss erst noch lernen, wie das bei uns so läuft.»
    Auch Bonhoeffer wirkte übernächtigt.
    «Das Mädchen macht mich fertig», stöhnte er und suchte sich einen Sitzplatz. «Aber ich hätte es wissen müssen, sie war als kleines Kind schon ein Irrwisch.»
    «Dr. Beauchamp?» «Marie?», fragten van Appeldorn und Cox gleichzeitig.
    «Selbige», bestätigte Bonhoeffer. «Doch ich sollte nicht jammern, sie ist wirklich gut, und dass wir jetzt schon ein Ergebnis haben, verdanken wir hauptsächlich ihrer Ausdauer. Also, dann fange ich mal an. Wir haben in den Knochen aller Toten erhebliche Mengen Bariumchlorid nachweisen können. Bariumchlorid entsteht aus einer Reaktion von Bariumcarbonat mit der Salzsäure im Magen. Bariumcarbonat ist ein weißes

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