Totenacker
Seite mitteilte, ist es zunächst vorrangig, dass sich Lokalhistoriker mit unserem Fall befassen. Und darum kümmert sich Hauptkommissar van Appeldorn mit seinem Team bereits sehr erfolgreich.» Er nickte Norbert ermunternd zu.
Und das aus dem Munde eines Mannes, der sich noch mit keiner Silbe nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen erkundigt hatte, dachte van Appeldorn und wollte eben anfangen zu sprechen, als Dr. Müller es sich noch einmal anders überlegte.
«Ich möchte außerdem darauf hinweisen, dass Dr. Bonhoeffer die forensischen Untersuchungen leitet. Dr. Arend Bonhoeffer ist, wie Sie wissen, einer der führenden und erfahrensten Forensiker unseres Landes. Und er wird in diesem besonderen Fall von einer Kollegin der Universität Bologna unterstützt.»
Bernie Schnittges beugte sich zu van Appeldorn herüber. «Du hast gar nicht erzählt, was der für ein Windei ist.»
«Sollte eine Überraschung sein», raunte Norbert zurück.
«Selbstverständlich habe ich Dr. Bonhoeffer und Frau Dr. Beauchamp zu dieser Konferenz eingeladen, aber beide möchten keine Zeit verlieren, sondern ihre Untersuchungen zügig zu einem Ergebnis bringen», schloss der Staatsanwalt endlich.
Van Appeldorn zog das Mikrophon näher heran. «Sie haben alle eine Pressemappe bekommen», begann er. «Wie Sie ihr entnehmen können, handelt es sich bei dem Fund um acht Skelette, die vor etwa fünfundsechzig Jahren begraben wurden, zwei Männer, drei Frauen und drei Kinder.»
«Ja», rief einer der Reporter, «und es sind alles … alles Behinderte. Da springt einem der Begriff ‹unwertes Leben› doch geradezu ins Gesicht.»
Van Appeldorn schluckte kurz an der Formulierung, nickte dann aber. «Das ist richtig. Im Augenblick gibt es allerdings keinerlei Hinweise auf eine gewaltsame Tötung, bei keinem der Menschen.»
«Was ist mit Vergasen? Könnte man das heute überhaupt noch feststellen?»
«Es gibt in der Geschichte nirgendwo einen Hinweis auf eine Tötungsanstalt in unserer Region.»
«Und wie sieht es mit Gift aus?»
«Die toxikologischen Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen.»
Schnittges meldete sich. «Wir brauchen Ihre Hilfe. Es ist wichtig, dass Sie die einzelnen Opfer möglichst detailliert beschreiben. Vielleicht gibt es Leute in der Stadt, die sich an diese Menschen erinnern und uns sagen können, wer sie waren.»
«Nach fünfundsechzig Jahren?», höhnte jemand, und Bernie wunderte sich wieder einmal, dass es in einer solchen Gruppe immer ein oder zwei Reporter gab, die davon überzeugt waren, dass die Polizei dämlich war.
«Es gibt Familienfotos», antwortete er ruhig, «und Familiengeschichten, die weitergegeben werden. In ein paar Tagen können wir Ihnen höchstwahrscheinlich Rekonstruktionen der Gesichter liefern, dann wird es noch einfacher.»
Auf dem Rückweg zum Büro gestand sich van Appeldorn zähneknirschend ein, dass kein Weg mehr daran vorbeiführte: Er würde sich mit seinem Onkel in Verbindung setzen müssen.
Van Appeldorn und sein holländischer Kollege hatten hin und her überlegt, wo das Fußballspiel stattfinden sollte, und sich schließlich auf das Gelände des SV Siegfried Materborn geeinigt. Die Plätze waren gut, die Flutlichtanlage neu, vor allem aber kannte van Appeldorn die Verantwortlichen dort. Er hatte selbst bei dem Verein gespielt und war später noch lange Jugendtrainer gewesen.
Der Vereinsvorstand hatte darauf bestanden, Schirmherr der Veranstaltung zu sein, und so musste van Appeldorn, bevor das erste Training beginnen konnte, an einer «erweiterten Vorstandssitzung» teilnehmen.
Heinz Winkels saß an der Stirnseite des Tisches im kleinen Saal der Vereinskneipe.
«Hiermit eröffne ich in meiner Funktion als Erster Vorsitzender die außerordentliche Vorstandssitzung, zu der fristgerecht eingeladen wurde. Als Gast begrüßen wir unseren Sportsfreund Norbert van Appeldorn. Franz, schreibst du mit?»
Der Schriftführer nickte lässig.
«Gut. Also, Norbert, wie hast du dir das denn so vorgestellt?»
«Am allerwichtigsten ist, dass wir diese und nächste Woche jeweils dreimal trainieren können. Das Spiel ist dann am 1. November, nachmittags um drei, aber das hatten wir ja schon abgesprochen, Heinz. Für den Platzwart ist das auch okay.»
«Ja, an Allerheiligen, das ist gebongt», bestätigte der Vorsitzende. «Und mit dem Training … lass mich mal auf den Plan gucken. Für heute hattest du dich ja eingetragen, zwei Stunden, geht klar. Wie wäre es dann
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