Totenbeschwörung
Sicherheit jedoch der Verschwörung gegen den Premierminister.«
Tzonov zog die Stirn kraus und nickte. »Man könnte uns beide anklagen, Siggi, dazu das E-Dezernat, all seine Agenten und überhaupt jeden, der dort arbeitet, inklusive einiger Generäle der sogenannten Volksarmee. Was also willst du mir damit sagen?«
»Nur eins«, erwiderte sie. Dabei straffte sie sich. »Wenn ich tatsächlich deine stellvertretende Kommandeurin bin, man könnte genauso gut Partnerin dazu sagen, dann hör endlich damit auf, mich als Schlampe zu betrachten!«
»Was?« Er wirkte erstaunt.
»Du glaubst doch, ich gehe mit jedem ins Bett, um es mal harmlos auszudrücken. Du kannst mich ja noch nicht einmal ansehen, ohne an deine ›Rivalen‹ zu denken. Dabei waren sie überhaupt keine Konkurrenz für dich, nur vorübergehende Affären. Wenn ich mir ansehe, was du so treibst, als was soll ich dich denn dann bezeichnen? Als Frauenheld, als aufgeblasenen Playboy oder krankhaften Lüstling? Aber weil du ja ein Mann bist, würde es dir womöglich noch gefallen, wenn man dich so nennt. Ich dagegen bin eine Frau, und mir gefällt das ganz und gar nicht!«
Seine hellen Augenbrauen berührten einander, als er die Stirn noch tiefer runzelte und sein Erstaunen in Zorn umschlug. »Meine Liebe«, sagte er. Er wählte seine Worte sehr genau, um sich klar und unmissverständlich auszudrücken. »›Mit jedem ins Bett gehen‹ trifft die Sache nicht ganz. Denn das würde lediglich bedeuten, dass du nicht sehr wählerisch bist, was deine sexuellen Beziehungen angeht. Und ich habe dich nie für eine Schlampe gehalten! Eine Schlampe ist in meinen Augen eine gewöhnliche Person mit einem äußerst niedrigen Intelligenzquotienten, deren Körper nicht sehr anziehend ist. Nein, da hast du etwas falsch verstanden. Du bist durchaus wählerisch und kein bisschen gewöhnlich, sondern einfach ... labil.«
»Was?« Sie erhob sich, blickte ihn an, schlüpfte in ihren Morgenmantel und zog den Gürtel fest zu.
»Natürlich«, sagte er stur. »Es ist alles nur eine Frage des Bewusstseins. Ich weiß es schon seit Langem, und ich bin mir sicher, dass es dir ebenfalls klar ist. Du bist eine Nymphomanin, Siggi. Dafür halte ich dich und genau das bist du auch! Männer üben eine krankhafte Anziehungskraft auf dich aus! Und zwar so ziemlich alle Männer!«
»Raus!« Sie war bleich wie ein Laken. »Wenn das so ist, spielt der Dienstgrad keine Rolle mehr. Du befindest dich in meinem Zimmer, und ich will, dass du verschwindest! Und lass dich hier bloß nie wieder blicken!«
»Natürlich willst du, dass ich verschwinde.« Er lächelte dünn. »Bis zum nächsten Mal, wenn du es wieder brauchst!«
»Raus!«, wiederholte sie und machte Anstalten, zur Tür zu gehen. Er packte sie am Handgelenk und hielt sie fest. Er war mindestens ebenso zornig wie sie.
»Hör zu, Siggi. Das haben wir doch alles schon hinter uns! Zwischen uns war es doch nie anders! Deshalb ist unsere Beziehung ja auch auseinander gegangen. Aber wir müssen das Private vom Geschäftlichen trennen! Solange wir zusammenarbeiten, muss Disziplin herrschen! Was du vor einer Minute gesagt hast, stimmt leider! Jeder Schwachkopf in diesem großen, weiten Land mit seiner sogenannten demokratischen Gesellschaftsordnung würde uns für Verräter halten! Wenn es zwischen uns nicht klappt, weil wir uns über Sex streiten, ist das eine Sache! Aber es darf unseren Plan nicht gefährden, die große Sache, für die wir beide kämpfen!«
Sie hatte sich wieder etwas beruhigt. »Du hältst mich also auch noch für dämlich dazu! Natürlich müssen wir gemeinsam weiterkämpfen – oder untergehen! Aber im Augenblick ist es mir lieber, wenn du aus meinem Zimmer verschwindest. Ich muss mich anziehen. Und deine Gedanken über mein Privatleben kannst du in Zukunft für dich behalten!«
»In dieser Hinsicht hast du mir etwas voraus«, entgegnete er. »Was du denkst, bleibt für mich hinter deinem Schutzschild aus Gedankensmog verborgen. Du dagegen kannst in mir lesen wie in einem offenen Buch!«
Sie wusste, dass er recht hatte. Die Telepathie war eine zweischneidige Angelegenheit. Wer unbedingt in einen fremden Geist blicken wollte, musste schon hinnehmen, was er dort sah. Tzonovs Gedanken waren ein Teil seiner Persönlichkeit, und er konnte sie ebenso wenig loswerden wie seine Arme oder Beine.
Im Augenblick ging ihm Nathan durch den Sinn und die Anweisungen, die er Siggi diesbezüglich gegeben hatte. Er spielte mit dem
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