Totenbeschwörung
verlassen, da wandten die beiden sich an Projektdirektor Vanadze, und er sorgte dafür, dass sie nach Moskau geflogen wurden. Zu dem Zeitpunkt war der Jet-Copter natürlich wieder zurück. Ich habe das Ausladen der Maschine persönlich überwacht. – Keine Sorge!« Beschwichtigend hob er die Hand. »Die Briten haben nichts mitbekommen!«
»Vanadze hat sie gehen lassen?« Tzonov konnte es nicht fassen.
»Wie hätte er es denn verhindern sollen? Er hat sie gebeten, so lange zu warten, bis Sie wieder zurück wären, aber davon wollten die beiden nichts wissen. Sie haben damit gedroht, sich an Gustav Turchin persönlich zu wenden, und das war’s! Unser Premierminister ist doch nichts als eine Marionette. Mit seiner Politik hat er sich vollkommen von den westlichen Wirtschaftssystemen abhängig gemacht. Sein politisches Schicksal liegt in den Händen der USA, des wiedervereinten Deutschlands und Großbritanniens. Er hätte doch sofort angeordnet, die Briten gehen zu lassen, und uns allen dabei gleich noch die Hölle heiß gemacht!«
»Sie sind einfach so mir nichts, dir nichts weggeflogen?« Es wurde ja immer besser.
Krasin blieb nichts anderes übrig, als die Achseln zu zucken. »Ja. Um 11.45 Uhr ging eine Hawk der British Airways von Moskau nach London. Im Augenblick ... dürften sie gerade beim Landeanflug sein. Aber selbst wenn Sie hier gewesen wären, was hätten Sie denn ausrichten können? Immerhin waren sie unsere Gäste und keine Gefangenen.«
Sie hatten den Grund der Schlucht fast erreicht. Knapp sechzig Meter unter ihnen lag grau und düster der Stausee. Winzige Gestalten in weißen Winteruniformen wimmelten wie Ameisen über das Geröll der vereisten Hänge. Als das Raupenfahrzeug auf die Rampe einbog, die zu dem Posten vor dem massiven Sicherheitstor der Anlage führte, beruhigte sich Tzonov ein bisschen. »Und Sie sind sich wirklich hundertprozentig sicher, dass die Briten den Apparat nicht gesehen haben?«
»Hundertprozentig, Genosse!«
Tzonov atmete tief durch. »Dann müssen wir es durchziehen.«
Siggi runzelte die Stirn. »Was denn durchziehen?« Da sie ihren Geist lückenlos vor ihm abgeschirmt hatte, hatte sie sich leider auch die Möglichkeit verbaut, seine Gedanken zu lesen.
»Das Ganze geht doch den Bach runter!«, herrschte Tzonov sie an. »Und uns beide wird man dafür zur Rechenschaft ziehen – es sei denn, wir drehen die Sache so, dass wir gut dabei wegkommen. Betrachten wir es mal von der anderen Seite: Warum sind die britischen ESPer denn so überstürzt abgereist? Weil sie hier nur herumschnüffeln wollten! Das jedenfalls werden wir verbreiten. Und was genau führten sie im Schilde? Nun, wir nehmen an, sie haben unserem Besucher aus Starside zur Flucht verholfen. Möglicherweise haben sie als eine Art Katalysator auf ihn eingewirkt, damit er dieselben Fähigkeiten entwickeln konnte, über die sein Vater verfügte. Und verdammt nochmal« – er hieb mit der flachen Hand gegen die stählerne Tür des Kettenfahrzeugs – »vielleicht liegen wir damit gar nicht so falsch!«
Das Tor öffnete sich und sie fuhren hindurch. Während der Lärm des Motors erstarb und sie aus dem Fahrzeug stiegen, malte Tzonov sich die Geschichte, die er seinen Vorgesetzten aufzutischen gedachte, weiter aus. Er bedeutete Krasin und Siggi, mit ihm zur Seite zu treten, und senkte die Stimme. »Was also sollen wir tun? Wie würden wir denn reagieren, wenn unsere Geschichte wahr wäre? Wir wären doch vollkommen aus dem Häuschen, außer uns vor Zorn! Warum auch nicht? So wie die Briten unsere Gastfreundschaft erwidern! Mit ihrem ... Verrat! Kaum dass man ihnen den Rücken kehrt, legen sie einen rein und machen sich aus dem Staub! Die Belegschaft von Perchorsk wird unsere Aussagen bestätigen. Sie haben ja gesehen, wie freundlich wir mit Trask und Goodly umgegangen sind. Außerdem würden sie es nie wagen, sich gegen mich zu stellen.«
»Aber wir haben die beiden unter Drogen gesetzt«, rief Siggi ihm ins Gedächtnis. »Das war möglicherweise ein Fehler.«
»Nein!« Er schüttelte den Kopf. »Ich musste zusehen, dass sie uns nicht stören konnten. Immerhin hatte ich vor, das Waffenlager zu verlegen und in ein besseres Versteck zu bringen. Außerdem waren wir im Begriff, den Besucher aus dem Tor zu holen. Ich wollte ihn vernehmen ... oh, und noch einiges andere mehr! Und bei all dem durften sie uns nicht in die Quere kommen. Ha! Na ja, im Zweifelsfall steht eben Aussage gegen Aussage! Sie haben nicht den
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