Totenbeschwörung
insgeheim und dachte: Nun, Mister Ben Trask, Mister menschlicher Lügendetektor! Nur weil dein Talent darin besteht, Lügen zu erkennen, heißt das ja noch lange nicht, dass du nicht auch mal zu einer Notlüge greifst, nicht wahr? Was hast du über mich gedacht? Du würdest viel für eine Nummer mit mir geben!? Nun, das kann ich dir verzeihen. Ich weiß ja, dass du mich damit nur testen wolltest. Aber vielleicht gibst du dich mit einem Kuss zufrieden ...
Lächelnd warf sie eine Kusshand ins leere Zimmer.
Als Trask und Goodly die Zollkontrolle in Heathrow passierten, wurden sie von dem Lokalisierer Frank Robinson abgeholt. Robinson war Anfang vierzig, sah aber nicht älter aus als achtundzwanzig oder neunundzwanzig. Mit seinen Sommersprossen und dem blonden Schopf wirkte er wie ein Schuljunge. Er würde wohl immer irgendwie jugendlich aussehen. Sein Hiersein diente einem doppelten Zweck. Zum einen holte er den Chef des britischen E-Dezernats und einen Kollegen vom Flughafen ab, zum andern hielt er Ausschau nach etwaigen ESP-Spionen. Während der letzten vierundzwanzig Stunden hatte es einige ungewöhnliche ESP-Aktivitäten gegeben, die meisten hatten ihren Ursprung in der russischen Botschaft. Es war schon eine ganze Weile her, dass die Ereignisse sich derart zugespitzt hatten.
Auf der Fahrt zur Zentrale vergeudete Trask gar nicht erst seine Zeit damit zu fragen, woher man beim Dezernat wusste, dass er und Goodly nach Hause kamen. Er ging automatisch davon aus, dass sie über jeden seiner Schritte informiert waren. Wonach er sich jedoch erkundigte, war der gegenwärtige Stand der Dinge. »Welche Maßnahmen laufen im Moment gegen die Russen?«
»Nichts als Diplomatie«, erwiderte Robinson.
Trask wusste, was das hieß. Jemanden, der diplomatische Immunität genoss, unter Druck zu setzen, war nicht einfach. »Könnten Sie vielleicht etwas deutlicher werden?«
»Nun, einer ihrer Spitzentelepathen war gerade dabei, ein bisschen herumzuschnüffeln, als ich auf ihn aufmerksam wurde. Der Kerl war ziemlich dreist! Er hatte sich ein Zimmer in dem Hotel direkt unter dem Hauptquartier genommen und lauschte aus nächster Nähe! Wir haben unsere Freunde vom Sicherheitsdienst eingeschaltet. Sie stoppten ihn wegen einer Geschwindigkeitsübertretung und schoben ihm ... äh, ›fanden‹ ein paar äußerst illegale Substanzen in seinem Wagen. Ts, ts! Solange das Außenministerium die Angelegenheit untersucht, darf er die Botschaft nicht verlassen. Außerdem fahren noch zwei von Tzonovs Leuten ständig in der Gegend herum und versuchen ein Störfeld zu errichten, um unseren telepathischen Empfang zu unterbrechen. Gegenmaßnahmen haben wir keine eingeleitet! Es genügt zu wissen, wo sie sich aufhalten und was sie vorhaben. Bisher haben sie ohnehin nichts Nennenswertes zustande gebracht. Ach ja, und unsere kleinen gelben Freunde interessieren sich auch mal wieder für uns. Aber da Peking zur Zeit wieder gemeinsame Sache mit Moskau macht, haben wir in der Richtung ebenfalls nichts unternommen. Wir halten lediglich ein bisschen die Augen offen, das ist alles.«
»Huh!«, ächzte Trask. »Eigentlich dürfte ich mir gar keine Sorgen machen, ich weiß! Aber irgendetwas kommt mir hier komisch vor. Wenn sie es per ESP nicht schaffen, vielleicht hören sie uns dann sonst wie ab.« Das war die andere Möglichkeit, welche die moderne Spionage bot: High Tech! Normalerweise rissen die ESPer ihre Witze darüber, doch diesmal meinte Trask es ernst. Seit nunmehr über dreißig Jahren war die Überwachungselektronik weltweit einer der sich am schnellsten entwickelnden Industriezweige.
»Hm, das Auto könnte verwanzt sein.« Robinson zuckte die Achseln. »Aber damit müssen wir leben. Wir können uns doch nicht immer nur konspirativ verhalten!«
»Wir könnten es zumindest versuchen!«, erwiderte Trask. »Und diesmal ist es wichtiger denn je. Aber Schluss jetzt, reden wir nicht mehr davon! Und ich hebe mir auf, was ich zu sagen habe, bis wir in einem abhörsicheren Raum sind.«
»Wie Sie wünschen«, nickte Robinson. »Aber lassen Sie mich Ihnen wenigstens so viel verraten: In der Zentrale wartet eine Überraschung auf Sie!«
»Eine gute oder eine schlechte?«
Robinson konzentrierte sich auf eine Kurve und konnte im Moment nicht antworten. Der Hellseher Ian Goodly saß mit Trask im Fond des Wagens. Er blickte geflissentlich aus dem Fenster und sagte nichts. Vielleicht verbarg er aber auch nur sein Gesicht, denn um seine Lippen spielte ein
Weitere Kostenlose Bücher