Totenbeschwörung
euren Weg bis nach Perchorsk verfolgt, nur um euch im Auge zu behalten. Rein zufällig produziert die Gegenseite da oben im Ural ganz schön heftige Störfelder!«
»Siggi Dam«, nickte Trask. »Ich werde sie in meinem Bericht erwähnen. Aber ich habe dich unterbrochen, entschuldige! Bitte, sprich weiter!«
»Dieses Talent, diese verborgene Fähigkeit, die du in Nathan gespürt hast«, fuhr Chung fort, »dieses ›Unheimliche‹, wie du es genannt hast. Genau das haben Zek und ich gespürt, noch bevor er überhaupt durch das Tor war. Je näher er unserer Welt kam, desto stärker fühlten wir seine Gegenwart. Und ebendarin liegt unser Vorteil gegenüber Tzonov!« Chung grinste. »Genauer gesagt: in mir! Tzonov hat keinen erstklassigen Lokalisierer wie mich! Gut, er mag ein, zwei zweitklassige Leute haben, aber keiner von denen kann mir das Wasser reichen. Außerdem verfüge ich über meine eigene Kristallkugel!« Damit hielt er Harrys Haarbürste hoch. »Nun, wo Nathan das Tor passiert hat, fühlt es sich an, als sei dieses Ding wieder zum Leben erwacht. Es ist wie eine Kompassnadel, die genau auf Nathan zeigt! Ich kann mühelos feststellen, wo er ist. Noch nie ist mir etwas so leicht gefallen!«
Jeder konnte hören, wie Trask erleichtert aufseufzte. »Ich hoffe, du bist dabei vorsichtig vorgegangen. Das Schlimmste wäre, wenn die Gegenseite sich deiner als Leitstrahl bedienen würde, um Nathan zu kriegen!«
Chung schüttelte den Kopf. »Ich habe mich auf das Notwendigste beschränkt, immer nur ein kurzer Blick hin und wieder. Aber ich kann dir auf der Landkarte zeigen, wo er sich befindet – und zwar jetzt, in diesem Augenblick! Ebendas habe ich gemeint, als ich sagte, wir könnten es schaffen, ihn da rauszuholen. Wir warten ab, bis es dunkel ist! Mit einem Tarnkappenhelikopter gehen wir rein, ein SAS-Sondereinsatzteam und ich! Und wir sind wieder draußen, noch ehe die Genossen überhaupt merken, dass ...«
»Die Genossen?« Trask hob eine Hand. »Genau das habe ich gemeint, als ich sagte, wir könnten ihn dabei unterstützen, hinauszugelangen! Aber reingehen und ihn uns schnappen? So wie du daherredest, könnte man annehmen, wir befänden uns im Kriegszustand. Aber das ist nicht der Fall! Es ist noch nicht einmal ein kalter Krieg! Genau besehen ist unser Verhältnis zu den Russen, seit Gustav Turchin im Amt ist, so gut wie noch nie. Und das können wir nicht aufs Spiel setzen! Sollten wir Nathan allerdings näher an die Grenze lotsen ...«
Mit einem Mal wurde Trask von der Aussicht auf Erfolg gepackt. Er zwängte sich vom Podium hinab und strebte der Kartenwand zu. »Zeig mir, wo er sich befindet.«
Chung erreichte die Wand vor ihm, genau in dem Augenblick, in dem der riesige Bildschirm flimmernd zum Leben erwachte. Chungs linke Hand umklammerte Harry Keoghs alte Haarbürste, während er mit der rechten nach oben langte und sie in einem Gebiet im Westen des nördlichen Ural flach auf den Bildschirm legte. Er schloss die Augen. Ein kleinerer Bildschirm am rechten unteren Rand des riesigen Wandschirmes erwachte zu grauem Rauschen, bereit, die ausgewählte Region anzuzeigen. Die Oberfläche der Karte war mit Sensoren gespickt, doch diese reagierten nicht auf Chungs Handfläche. Man musste schon gezielt mit dem Finger darauf tippen. Chung zog die Stirn kraus und presste die Augen womöglich noch fester zusammen, die Finger ebenfalls, bis von seiner erhobenen Hand nur noch der Zeigefinger den Schirm berührte.
»Dort!«, sagte Chung. Auf dem winzigen Bildschirm erschien ein detailliertes Schaubild des angezeigten Bereichs, ein Gitternetz, das einen Ausschnitt von zehn mal zehn Kilometern zeigte, eine Vergrößerung des Gebietes, in dem Nathan sich aufhielt – eine Waldregion, nur von schmalen Pfaden und gefrorenem Sumpfland durchzogen. Trask drückte einen Knopf, um das Bild einzufrieren, und Chung nahm seine Hand weg.
»Er befindet sich also irgendwo da draußen«, sagte Trask nachdenklich, ohne den Blick von dem Schirm zu wenden.
»Nein, nicht irgendwo!« Chung war nicht gerade bekannt für seine Bescheidenheit in derartigen Angelegenheiten. »Er ist genau in der Mitte!«
In diesem Augenblick nahmen beide ein Parfum hinter sich wahr. Zek Föener. »David!«, sagte sie. »Ben! Erinnert ihr euch noch, damals auf Rhodos? Harry war in den Karpathen, und wir wussten nicht, was mit ihm los war!«
Die beiden Männer blickten erst einander, dann Zek an. »Du willst Kontakt zu ihm aufnehmen?«, fragte Trask
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