Totenbeschwörung
gerieten wir ins Wanken und stolperten. Ein paar von uns strauchelten, fielen hin und krallten sich in den Boden. Die Glücklichen! Sie waren geschützt vor dem, was als Nächstes kam! Denn noch während die Wolken rot erglühten und wie wild auseinander stoben, wehte ein heißer Glutwind von der Sternseite her durch den Pass. Er trug den Gestank nach Schwefel und Verbranntem mit sich, und wahrscheinlich war er auch giftig. Dessen bin ich mir sicher, es muss irgendein Gift gewesen sein!
Ich habe diesen Wind gerochen, ihn eingeatmet und gespürt, wie er auf meinem Gesicht brannte. Ein heißer Wind von der Sternseite ... Nur – woher kam diese Hitze? Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Es war der Gluthauch der Hölle, oder zumindest stammte er von Waffen, die direkt aus der Hölle kamen. Vielleicht, aber das bezweifle ich, hatte der Gestank auch eine andere Ursache. Möglicherweise gab es unter den Vampiren ja einen Zauberer, der sich an einem Experiment versuchte, das ihm gründlich misslungen war und sie alle auf einen Schlag vernichtete ...
Agon Mitrea verstummte. Fast schien es, als gehe ihm, einem Toten, der seit dreizehn Jahren keinen Atemzug mehr getan hatte, allmählich die Luft aus ...
»Nicht alle Wamphyri sind dabei umgekommen!«, klärte Nestor ihn nach einigen Augenblicken des Schweigens auf. »Die Alten Wamphyri gewiss, aber nicht jene, die heute in der letzten Felsenburg leben. Weit im Osten, jenseits der großen Roten Wüste, herrschen seit undenklichen Zeiten Vampirfürsten – bis auf den heutigen Tag. Sie nennen ihre Heimat Turgosheim. Von dort ...«
... stammt die jüngste Plage!, beendete Agon voller Abscheu den Satz.
Nestor schwieg einen Moment und neigte den Kopf bedächtig zur Seite. Im Dunkel der Höhle erglühten seine Augen in einem blutigen Rot, während er auf den Leichnam des alten Stammesführers herabstarrte und sich dessen letzte Worte noch einmal auf der Zunge zergehen ließ. »Die jüngste Plage? Sprichst du womöglich von Läusen oder dergleichen? Du nimmst ... kein Blatt vor den Mund, Agon Mitrea, Sohn von Lexandru.«
Du weißt, was ich von dir und deinesgleichen halte, erwiderte Agon verbittert. Soll ich vielleicht lügen? Nein, auch wenn du mich dafür bezahlen lässt!
»Das ist nicht nötig«, entgegnete Nestor. »Noch nicht!«
Was willst du denn noch von mir?
»Erzähl mir mehr über dieses Gift! Offensichtlich nimmst du ja an, dass du nur drei Jahre später daran gestorben bist.«
Es gab Gerüchte, Vermutungen und die wildesten Spekulationen darüber. Agon Mitrea zuckte achtlos die Achseln. Zumindest kam es bei Nestor so an. Agon war sich sicher, dass die Große Mehrheit nun nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte, nicht, nachdem er mit einem Nekromanten gesprochen hatte. Was bedeutete ihm schon dieses eintönige Nicht-Sein, noch dazu wenn er zu ewiger Dunkelheit verdammt war, ohne die Gesellschaft der zahllosen Toten. Auch unter den Szgany gibt es sogenannte weise Männer, Seher und Traumdeuter, sprach er schließlich weiter. Einige waren der Meinung, bei den Alten Wamphyri, die Shaitan der Ungeborene persönlich anführte, habe es sich um Zauberer gehandelt, und sie hätten einen Dämon zu viel aus der Erde heraufbeschworen. Sie meinten, der giftige Wolkenpilz sei ein solcher Dämon gewesen. Aber wie ich bereits sagte, daran kann ich nicht so recht glauben. Doch wie dem auch sei, das Gift breitete sich rasend schnell über die Sternseite aus. Es hieß, der felsige Boden dort erstrahle des Nachts in einem seltsamen Leuchten, und was auch immer in diesem Leuchten sein mochte, es tötete die Höhlentrogs zu Hunderten und sie brachten unzählige Missgeburten hervor!
Nestors Neugier war geweckt. »Vielleicht ist das Leuchten ja auf Moder und Fäulnis zurückzuführen?« Auf der Sternseite hatte er genau solch einen Streifen schimmernder Erde gesehen, der sich vom Tor zu den Höllenlanden aus gut acht Kilometer weit Richtung Norden erstreckte. Spuren eines solchen Schimmers gab es in den Ausläufern des Gebirges und seine Überreste zogen sich am Fuß der Berge entlang nach Westen bis zu den feuchten Höhlen, in denen die Trogs hausten.
Moder und Fäulnis – genauso sieht es aus! Wie verschimmelndes Holz, das im Dunkeln leuchtet und manchmal geradezu glüht. Doch das Glühen, von dem ich spreche, hatte nichts mit Fäulnis zu tun. Vielmehr brachte es Tod und Verderben!
»Das musst du mir näher erklären!«
Da gibt es nicht viel zu erklären. Abermals
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