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Totenbeschwörung

Totenbeschwörung

Titel: Totenbeschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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produzierte der alte Stammeshäuptling so etwas wie ein Achselzucken. Gegen Sonnunter fielen den Männern, die mit mir vor der Öffnung des Passes gestanden hatten, die Haare aus. Ihr Zahnfleisch und ihre Fingernägel fingen an zu bluten, und ihre Gesichter, die ungeschützt dem heißen Wind, der durch den Pass wehte, preisgegeben gewesen waren, nahmen eine weißliche Färbung an. Keiner von ihnen hat je wieder ein Kind gezeugt! Einige starben, darunter ... auch ich. Diejenigen, die gestolpert und ins Buschwerk gestürzt oder hinter einem Felsblock zusammengesunken waren, als die Erde bebte, bekamen fast nichts ab. Sie fühlten sich lediglich schwach und ihnen war übel, aber das ging vorüber. Zum Glück waren auch meine Söhne darunter!
    »Genug!«, bellte es hinter Nestor. »Ich habe nicht die geringste Ahnung, worum es hier überhaupt geht! Oh, ich glaube dir gern, dass du mit ihm sprichst und er dir auch antwortet! Aber damit kann ich leider nichts anfangen, ich höre nämlich nur dich reden! Für mich ist das Ganze nichts als Zeitverschwendung. Und ich nehme an, für dich ebenfalls! Also was ist? Kommst du nun mit oder soll ich allein weiterziehen und wir treffen uns nachher in der Wrathhöhe?«
    Nestor blickte Canker an, dann warf er einen letzten Blick auf Agon Mitreas Leichnam. Er hatte keine weiteren Fragen mehr an den alten Stammesführer, außerdem ging es ihm ähnlich wie dem Hunde-Lord – für diese Nacht war sein Bedarf an Leichen gedeckt. Er wandte sich um, um Canker zu folgen, der bereits mit großen Sprüngen dem Ausgang zustrebte ... Doch dann hielt er inne und ging langsam wieder zurück. Ich muss dir noch Lebewohl wünschen, dachte er.
    Sag nichts, geh einfach! Agon überliefen regelrechte Schauer, so erleichtert war er.
    Doch leider ...
    ... hatte er sich zu Beginn ihres Frage- und Antwortspiels nicht sehr entgegenkommend verhalten. Das erwies sich jetzt als Fehler! Aber vielleicht vermochten die zahllosen Toten etwas daraus zu lernen. Und anschließend ... hatte er Nestor ziemlich unverblümt die Meinung gesagt. Viel zu unverblümt! Obwohl es Nestor nichts ausmachte, dass Agon Vampire mit Läusen verglich – immerhin waren beide auf ihre Art Blutsauger –, entschloss er sich nun, ihm zum Abschied noch eine Lektion zu erteilen.
    Knurrend bleckte Nestor die Zähne. Er packte die Leiche am Ellenbogen und verdrehte diesen ganz plötzlich ohne Vorwarnung. Ein kurzer Ruck, und der komplette Arm löste sich aus der vermodernden Schulter. Nur ein paar Fleischfetzen blieben in der leeren Gelenkpfanne hängen, aus der sich fette, weiße Würmer schlängelten. Noch während Agon sein unhörbares Neiiiin!!! herausschrie, räusperte Nestor sich, sammelte so viel Schleim er konnte und spuckte ihn dem toten Stammesführer in die klaffende Augenhöhle. Agon zuckte verzweifelt zurück, ohne sich auch nur einen Millimeter von der Stelle zu bewegen, und wiehernd vor Lachen folgte Nestor Canker nach draußen.
    Der geschändete Leichnam schrie wie am Spieß. Seine lautlosen Schreie hallten von den Wänden wider, und die zahllosen Toten auf den Simsen und in den Urnen flehten um Gnade. Auf Nestors Gesicht dagegen lag ein zufriedenes Lächeln. Endlich hatte er, Nestor Leichenscheu, bewiesen, dass er seinem Namen alle Ehre machte ...

NEUNZEHNTES KAPITEL
    Etwas mehr als dreieinhalb Stunden waren verstrichen. Nachdem Nestor und Canker ihren Flugbestien in den Ausläufern des Grenzgebirges eine kurze Rast gegönnt hatten, schwangen sie sich wieder in die Lüfte, um mit den Wolken um die Wette zu jagen. In etwa zum selben Zeitpunkt sagten ihnen ihre Vampirsinne, dass sich in unmittelbarer Nähe Szgany befanden. Als sie neun bis zehn Kilometer westlich des Großen Passes am Rande einer dicht bewaldeten Gegend landeten, stießen sie auf eine Feuerstelle, deren Glut noch nicht erloschen war.
    Canker ließ sich wie ein Hund auf alle viere nieder und beschnüffelte den Boden in weitem Umkreis. Wenig später hatte er Witterung aufgenommen und begann seiner Beute auf überwucherten Pfaden nachzuspüren. Nestor folgte ihm auf dem Fuß. Es dauerte keine halbe Stunde, und sie hatten die Traveller gefunden – zwei junge Männer mit ihren Frauen, ein zwölfjähriges Mädchen und einen Säugling.
    Die beiden Familien schliefen getrennt auf einer Lichtung unter Planen aus geölten Häuten, die sie an den unteren Ästen der umstehenden Bäume befestigt hatten. Sie lagen in Felle gehüllt auf ihren Betten aus Farn, als Canker und

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