Totenbeschwörung
diese Art wird er bald dahinter kommen, dass Zahlen zwar existieren, aber außerhalb ihrer selbst keine weitere Bedeutung haben. Dann wird er aufhören, mit ihnen herumzuexperimentieren, und bei seiner – nennen wir es ›Intuition‹ – eines Tages einen ziemlich fähigen Mathematiker abgeben.«
Trask ließ es darauf ankommen. »Ihnen ist natürlich bewusst, dass wir wollen, dass er diese Türen findet?«
»So viel habe ich schon geahnt, ja«, entgegnete Bryant. »Ich vermute, dass Sie sich hier mit einigen ziemlich merkwürdigen Dingen beschäftigen. Metaphysik? Erst vor einem Augenblick haben Sie es so gut wie zugegeben.« In seiner Stimme schwang eine leise Spur von Verachtung mit. Trask konnte dies zwar gut nachvollziehen, ließ sich jedoch nicht davon beeindrucken.
»Stellen Sie sich eine Zahl vor«, sagte er, »irgendeine zwischen eins und einer Million.«
»Wollen Sie mir ein Kunststück vorführen?«
»Ich will Ihnen etwas demonstrieren.«
Bryant seufzte. »Okay, ich habe eine!«
Trasks Blick streifte Zek, ganz flüchtig nur, doch sie wusste, was er wollte. Lächelnd sagte sie: »Lauter Neunen. Neunundneunzigtausendneunhundertneunundneunzig.«
Nachdenklich runzelte Bryant die Stirn. »Wie ...?«
»Ich habe nur die Regeln ein bisschen zurechtgebogen«, erwiderte sie. »Diejenigen, die Ihnen garantieren, dass das, was Sie denken, auch wirklich privat bleibt. Ich bin telepathisch begabt! Sie werden feststellen, dass es hier noch manches andere gibt, was gegen die Naturgesetze verstößt.«
Bryant blickte erst sie, dann Trask an. »Das E-Dezernat ist dann wohl eigentlich ein ESP-Dezernat?«
»Genau!«, antwortete Trask. »Lassen Sie mich Ihnen noch etwas zeigen! Erzählen Sie mir etwas über sich, irgendetwas aus Ihrer Vergangenheit, was Sie wollen. Aber sehen Sie zu, dass Sie mir dabei mindestens eine Lüge auftischen!«
»Wie bitte?«, fragte Bryant verblüfft.
»Tun Sie es einfach.«
»Na gut!« Bryant zuckte die Achseln. »Ich wurde gegen zwei Uhr morgens geboren, und zwar am 2. Dezember 1975 in ...«
»Das stimmt nicht«, unterbrach ihn Trask. »Sie wurden nicht 1975 geboren.«
Bryant blinzelte heftig und Zek erklärte ihm: »Ben ist ein menschlicher Lügendetektor. Sie können ihm keine Unwahrheit sagen. Sobald etwas nicht der Wahrheit entspricht, hört, sieht oder fühlt er es auf der Stelle. Jeder Einzelne von uns verfügt über ein ganz spezielles Talent, Mister Bryant, auch Nathan. Nur leider ist das seine tief in seinem Innern begraben. Wir hatten gehofft, Sie könnten uns dabei helfen, es ans Tageslicht zu befördern.«
Ian Goodlys hagere Gestalt erschien in der offenen Tür. Er musste einen Teil der Unterhaltung mitbekommen haben, denn beim Eintreten sagte er: »Mister Bryant hat recht! Er vermag uns nicht zu helfen! Nathans Kenntnisse haben einen Grad erreicht, an dem man ihn sich selbst überlassen kann. Noch heute Nachmittag wird Mister Bryant uns verlassen. Aber auf Nathan wartet ohnehin Arbeit. Es geht wieder los, Ben – die Albtraumzone! Ich gebe uns keine Woche mehr, dann haben wir wieder damit zu tun!«
Lediglich Trask verstand, was er meinte. Zek war noch nicht lange genug da und Bryant war noch immer nicht ganz klar, was hier überhaupt gespielt wurde.
Die Albtraumzone war ein Ort mitten in London. Bei dem Gedanken daran sträubten sich Trask die Nackenhaare. Das Büro war gut geheizt und die Temperatur angenehm, dennoch überlief ihn ein Schauder, während er den Blick von Bryant zu Goodly wandte. »Siehst du es kommen?«
»Ja.« Wie ein Gespenst stand Goodly da, mit hohlen Wangen, die Augen tief in den Höhlen. Seine Stimme klang eine Spur zu hoch.
»Wann?«
»In spätestens einer Woche! Ich habe nicht genau hingesehen, aber diesmal wird es schlimm werden. Ich habe eine Scheißangst!«
Diese Wortwahl entsprach ganz und gar nicht dem Ian Goodly, den Trask kannte. Darum war ihm klar, dass er vor einem weitaus größeren Problem als nur Bryants Kündigung stand. Doch wie dem auch sein mochte: Goodly hatte es kommen sehen, also würde es auch eintreten!
»Mister Bryant, betrachten Sie Ihre Kündigung als akzeptiert!«, sagte Trask. Und glaub mir, es ist besser so für dich. »Tun Sie, was immer Sie für notwendig halten, um Ihre Arbeit hier zu einem Ende zu bringen! Selbstverständlich erhalten Sie Ihr Gehalt über die volle Laufzeit Ihres Vertrages. Aber vergessen Sie nie, dass Sie zur Geheimhaltung verpflichtet sind!«
Bryant nickte. Ȁhem, dann ... Auf
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