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Totenbeschwörung

Totenbeschwörung

Titel: Totenbeschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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aufgewacht, habe es gesehen und wusste, dass ich hierherkommen musste. Das ist alles. Aber mir schwant, dass die Welt mal wieder den Kürzeren zieht.« Ihre Stimme war ein hustendes Schnarren.
    »Eine Vorahnung?«
    Sie runzelte die Stirn. »Das hat nichts mit meinem Talent zu tun. Diesmal bin ich nur ... eine Zuschauerin? Es tut mir nicht weh. Oh, es tut mir schon leid, so ist das nicht, aber was mit ihm passiert, scheint die Welt als solche nicht zu berühren. Und doch habe ich zur gleichen Zeit irgendwie den Eindruck, dass ihr damit etwas verloren geht.«
    »Kennen Sie ihn?«
    »Es kommt mir so vor, als müsste ich ihn kennen, sicher«, erwiderte sie. Gleichzeitig schüttelte sie den Kopf und fügte reumütig hinzu: »Statt mich auf die Straße zu konzentrieren, habe ich ihn mir angesehen. Ich bin mindestens zweimal bei Rot über die Ampel gefahren!«
    Trask nickte, nahm sie am Ellenbogen und ging mit ihr über die Straße. »Gehen wir zu den anderen. Mal sehen, was die sagen. Vielleicht hat ja einer von ihnen einen Anhaltspunkt.« Tatsächlich hatte er bereits mehr als nur einen Anhaltspunkt, wollte jedoch nicht darüber reden. Falls er recht hatte, konnte er dieses Phänomen, genau wie die Ökopathin, kaum als für die Erde schädlich einstufen. Im Gegenteil, es wäre ein Grund aufzuatmen.
    Hier, keine zehn Minuten zu Fuß von Whitehall entfernt, schien die zerrissene Titelseite einer weggeworfenen Prawda, die in dem überfluteten Rinnstein langsam mit der Strömung rotierte, merkwürdig fehl am Platz. Zentimeter um Zentimeter trieb sie völlig durchweicht, fast wie ein Omen, auf die vergitterte Öffnung eines gurgelnden Gullys zu. Doch dem prasselnden Regen, der Nacht und allen anderen Ablenkungen zum Trotz blieb das geisterhafte Hologramm weiterhin sichtbar, ganz gleich, wohin Trask und Anna Marie English auch blickten. Es war da in dem winzigen, menschenleeren Foyer, spielte auf den in neutralem Grau gehaltenen Aufzugtüren, als würde es von ihren Pupillen dorthin projiziert. Und als die Türen sich mit einem Zischen öffneten, um sie einzulassen, nahmen sie es mit in die Kabine, um es empor in die im obersten Geschoss gelegenen Büros des E-Dezernats zu tragen.
    Eigentlich handelte es sich bei dem Gebäude um ein renommiertes Hotel mit hell erleuchteter Fassade und einem livrierten Türsteher aus dem Corps of Commissionaires (1859 gegründete Vereinigung mit dem Ziel, Veteranen der Armee als Türsteher und Portiers unterzubringen), der unter einer gestreiften Plastikmarkise Schutz vor dem Regen suchte oder, was nun, wo alle Gäste schliefen, wahrscheinlicher war, eine Tasse Kaffee mit dem Nachtportier trank. Doch hier, in der obersten Etage ...
    Das war eine gänzlich andere und obendrein noch merkwürdige Welt.
    Über das E-Dezernat dachte Trask heute nicht anders als vor vierzehn Jahren, als er rekrutiert worden war, und nicht anders als jeder ESPer des Dezernats vor oder nach ihm. Alec Kyle, ehemals sein Freund und Leiter des Dezernats, war mittlerweile tot und vergessen (Tatsächlich? Und was war mit seinem Körper? War es das, worum es hier ging?). Aber er war der Sache stets am nächsten gekommen, wenn er zu sagen pflegte: »Das E-Dezernat? Ein verdammt komischer Laden, Ben! Wissenschaft und Zauberei, Telemetrie und Telepathie, computergenerierte Wahrscheinlichkeitsmuster und Vorahnungen, High Tech und Gespenster. Zu all dem haben wir jetzt Zugang!«
    Dieses »jetzt« war die große Einschränkung. Denn Kyle hatte damals von Harry Keogh gesprochen. Später war er gar zu Harry Keogh geworden – zumindest hatte sein Körper Keoghs Bewusstsein beherbergt ...
    Mit einem Ruck hielt der Aufzug. Zischend öffneten sich die Türen.
    Trask und die unnatürlich gealterte junge Frau verließen den Lift und mit ihnen das Hologramm.
    Ist es nun ein Hologramm oder ein Phantom?, fragte sich Trask. High Tech oder ... ein Gespenst? Als Kind hatte er an Geister geglaubt, danach eine Zeit lang nicht mehr. Nun arbeitete er für das Dezernat und ... wünschte sich manchmal, er wäre wieder ein Kind. Denn damals hatte sich alles lediglich in seiner Einbildung abgespielt.
    Ian Goodly, in dieser Nacht der Beamte vom Dienst, empfing sie im Korridor. Er war sehr groß, schlaksig, klapperdürr und konnte in die Zukunft blicken. Er war ein »Wahrsager«. Goodlys Züge waren grau und vor allem hager. Er lachte selten und machte für gewöhnlich ein ernstes Gesicht. Lediglich seine Augen, groß, braun und absolut entwaffnend,

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