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Totenbeschwörung

Totenbeschwörung

Titel: Totenbeschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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nicht allein an Nestor, sondern auch an dessen Bruder Nathan. Doch Nestor ließ sich von seiner dunklen Seite leiten und die Toten würden ihm niemals so etwas wie Liebe entgegenbringen. Im Gegenteil. Bald sollten gerade sie den Vampirfürsten Nestor vor allem anderen fürchten lernen. Ihn und das, was er mit ihnen anstellte!
    Nestor hatte keine Ahnung von alldem, denn der Necroscope Harry Keogh hatte das Zeitliche gesegnet, als Nestor noch ein Kind war. Und die Erinnerung an seinen Bruder Nathan hatte Nestor seit Langem verdrängt. Nathan war für ihn nichts als ein verhasster Gegner, ein Zerrbild aus seiner Vergangenheit. Nichtsdestotrotz verfügte Nestor über Harry Keoghs Gabe, zumindest über eine ins Grauenhafte verkehrte Abart davon.
    Denn Lord Nestor von den Wamphyri war beileibe kein Necroscope. Er war ein Nekromant!
    Es begann so: Nestor war zu einem Flug aufgebrochen. Anscheinend fand er keine andere Möglichkeit, seiner inneren Unruhe Herr zu werden, das Drängen in seinen Adern und damit auch seine sich entwickelnden Wamphyri-Leidenschaften unter Kontrolle zu halten. Wenn er dort draußen an der beißend kalten Luft unter den verblassenden, wie Eiskristalle glitzernden Sternen den über Kopf und Hals seines Flugrochens hinwegstreichenden Zugwind im Gesicht spürte, konnte er gewisse Dinge einfach vergessen. Dies war an sich schon merkwürdig genug, denn es gab ja kaum etwas, woran er sich erinnern konnte – außer vielleicht an die wie wild in seinem Kopf umherwirbelnden Zahlen, die sich in endlosen Kreisen drehten und von denen er selbst jetzt noch gelegentlich träumte. Daran erinnerte er sich, und auch an den Verräter, der ihm auf der Sonnseite in den Rücken gefallen war, von dem diese Gleichungen eigentlich stammten, nämlich aus dem Geist seines alten Erzfeindes.
    Denn früher einmal hatte Nestor geliebt. Der Schmerz saß noch immer tief in seinem Herzen, nicht weniger als sein Hass. Er hatte sie geliebt, doch sie hatte ihn zurückgewiesen. Oder vielmehr, sein Erzfeind hatte sie ihm weggenommen. So viel wusste er noch; außerdem erinnerte er sich an die Tatsache, dass er danach ... nun, nicht mehr derselbe gewesen war – und es auch nie wieder sein würde. Damals war die Veränderung in ihm, auch wenn er zutiefst getroffen war, lediglich physischer Art gewesen, hervorgerufen von seinen schweren Verletzungen. Jetzt dagegen hatte sie seine Seele erfasst. Ihm war so gut wie nichts an Menschlichem geblieben. Doch war er deswegen schon ein Unmensch?
    Nestor flog auf seiner Bestie dahin, den Wind im Gesicht, und lachte aus vollem Hals, obwohl er das Gefühl hatte, dass es eigentlich gar nichts zu lachen gab. Auf den Gipfeln des Grenzgebirges zeigte sich bereits ein goldener Schimmer, und er wagte es nicht, zu hoch aufzusteigen. Bald würden die höchsten Türme der Wrathspitze dem gleißenden Glanz der Sonne ausgesetzt sein. Dann wären Wrathas Vorhänge dicht zugezogen, um das Licht des Tages abzuwehren. Bis dahin waren es allerdings noch ein paar Stunden, und im Augenblick zeigte Nestor, wie gut er die neu gewonnene Kunst des Fliegens beherrschte, indem er seine Bestie in immer verschlungeneren Windungen zwischen den offenen Mauertürmchen und gitterartig verzierten Felsnadeln der Wrathspitze hindurchlenkte.
    Auf einmal sah er sie ... Lady Wratha!
    Sie sah ihm von einem Türmchen aus zu. Ihre Gedanken hielt sie verborgen. Nestor hatte schon des Öfteren gespürt, dass sie sich dort aufhalten musste, sie jedoch nie zu Gesicht bekommen. Als er sie nun erblickte, lenkte ihre Nähe ihn so sehr ab, dass er für den Bruchteil einer Sekunde die Kontrolle über seinen Flieger verlor; um ein Haar hätte er einen Erker gestreift. Doch die Bestie hing an ihrem Leben und wich im letzten Moment instinktiv aus.
    Nestor hörte Wratha lachen, riss seinen Flieger in einer engen Kehre herum und landete auf einem riesigen, nur leicht geneigten Dach, das eine Fläche von gut und gern tausend Quadratmetern einnahm. Er saß ab und ging mit weit ausgreifenden Schritten auf das Türmchen zu, von dem aus Wratha ihn beobachtete. »Ganz schön lustig«, begann er, »mich abzulenken, nicht wahr? Mein Flieger wäre beinahe gegen die Mauer gekracht und den Absturz hätte ich nicht überlebt!«
    Hinter Wratha, etwas unterhalb ihres Standortes, erscholl ein warnendes, hallendes Grollen, und Klauen scharrten über Gestein. Von dem Türmchen musste eine Treppe hinab in die Wrathspitze führen. Es handelte sich um einen der Zugänge,

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