Totenblick: Thriller (German Edition)
Heaven’s Demons. Voll- oder konturbärtig, mal mehr, mal weniger tätowiert, Bandana, Käppi – die verschiedensten Gestalten betraten den Zuschauerraum und ließen sich laut diskutierend in den Sitzreihen nieder. Schlüsselketten klirrten und rasselten, dunkles, kehliges Lachen, man prostete einander zu.
Allen war gemeinsam, dass sie durch ihr Auftreten sofort einschüchternd wirkten, obwohl sie niemanden bedrohten oder Waffen in den Händen hielten.
Die übrigen Gäste bemerkten die Vielzahl von Bikern, die sich breitschultrig und stiernackig in ihren Reihen niederließen, und verstummten. Man war sich nicht sicher, was das zu bedeuten hatte.
Ein Demon mit langen schwarzen Haaren und ausrasierten Seiten zog seine Lederweste aus und präsentierte einen durchtrainierten Oberkörper mit etlichen farbig eingeritzten Bildern; auf seinem Rücken prangte der Himmelsdämon. Sobald der Mann sich bewegte, schien der düstere Halbengel lebendig zu werden und mit den Flügeln zu schlagen. Auch das war schwerlich als aktive Bedrohung zu verstehen, doch es verfehlte seine Wirkung nicht.
Schmobi sah, dass die ersten zartbesaiteten Gäste aufstanden und den Innenraum verließen. Gothics war man im Theater gewohnt, aber harte Kerle dieses Kalibers machten Angst. »Scheiße«, murmelte er. »Die Biker verscheuchen uns die Leute.«
Die Demons machten es sich bequem, während sich die naTo weiter leerte. Bald waren nur noch die fünfzig Clubmitglieder und eine Handvoll abgehärteter Zuschauer übrig.
Das Bühnenlicht sprang um und gab das verabredete Zeichen, dass die Vorstellung gleich begann.
Inka sah ihn an. »Ich gehe da nicht raus«, sagte sie und machte einen halben Schritt zurück.
»Was? Allen Ernstes?« Schmobi konnte nicht fassen, was sie da sagte, und wandte sich zu ihr.
»Hast du sie betrachtet?«
»Ja, und? Die wollen den Zerbrochnen Krug sehen.« Er starrte sie an. »Die machen einen Ausflug und sind eben zu uns gekommen. Ist zwar scheiße, aber … na, die sitzen halt jetzt da.«
Inka kreuzte die Arme vor der Brust und stemmte sich mit beiden Beinen bockig gegen die Dielen. »Die schmeißen die leeren Flaschen nach uns, wenn es ihnen nicht gefällt. Die rufen nicht einfach nur Buh oder so.«
»Meine Güte!« Er rollte mit den Augen. »Das werden sie schon nicht.«
»Du gibst mir die Garantie, dass ich keine Flasche an den Kopf bekomme?«, hielt sie dagegen. »Oder sie sind extra nur deswegen reingekommen: kurz mal ein Theater aufmischen.«
»Dann holen wir die Polizei. Also, nachdem …« Schmobi sah seiner Eve Rull an, dass sie nicht von ihrer Position abweichen würde.
Zenzo, ihr Gerichtsrat Walter und ebenfalls im Kostüm, kam auf die Bühne gerannt. »Was macht ihr denn noch hier? Es geht gleich los.« Eigentlich hieß er Vincenzo, aber das dauerte zu lange beim Aussprechen.
»Biker«, sprach Inka getragen und deutete mit einer ausladenden Geste zum Vorhang. »Nur.«
Zenzo runzelte die Stirn und sah durch den Spalt in den Zuschauerraum. »Fuck«, entfuhr es ihm. »Was ist denn heute los?«
»Ich weiß es nicht!«, rief Schmobi genervt und warf die Hände in die Luft. »Inka weigert sich wegen den paar Motorradfahrern …«
»Demons?« Zenzo hatte das Logo erkannt. »Scheiße, dann gehe ich da auch nicht raus.«
Schmobi hatte das Gefühl, etwas Wichtiges verpasst zu haben, das essenziell für das Verstehen der Situation war.
»Noch fünf Minuten. Alle Posten besetzen«, rief jemand aus dem Hintergrund.
»Nee, warte mal. Da draußen sind die Demons «, brüllte Zenzo zurück, was zu leisem Gelächter aus dem Zuschauerraum führte. Die Biker hatten ihn gehört.
»Seit wann bestimmst du denn, was gemacht wird?« Schmobi versuchte, die sich ausbreitende Panik aufzuhalten, aber sie schlüpfte wie Quecksilber zwischen seinen Fingern hindurch und sickerte weiter. »Und was ist mit dieser Gang?«
Zenzo ging bereits nach hinten, Inka folgte ihm wie der abgesplitterte Teil einer beginnenden Prozession der feigen Mimen.
Schmobi eilte ihnen nach, holte sie ein und umkreiste sie aufgebracht. »Ey, ich spreche mit euch! Was ist mit denen?«
»Die sind gefährlich«, sagte Inka schmollend. Mehr nicht.
Zenzo versammelte mit einem knappen Ruf die Crew um sich und setzte sie in Kenntnis, dass sie heute vor den berüchtigten Bikern spielen würden. Beinahe ausschließlich. Inka fügte hinzu, dass sie dazu nicht bereit wäre und man den Demons sowie den anderen Besuchern das Eintrittsgeld zurückgeben
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