Totenblick: Thriller (German Edition)
initiiert. Er wollte Sie sprechen.«
»Stellen Sie durch!« Rhode aktivierte die Freisprechanlage, in der ein Knacken zu vernehmen war. Mit Gesten machte er Lackmann klar, wer auf der anderen Seite saß.
»Rhode?«, flüsterte eine Stimme.
»Ja. Und Sie wollen der Bildermörder sein?«
»Ich bin es. Wüsste ich sonst, dass Hansen die Leiche nicht ansah, als er den Raum betreten hatte? Ich könnte Ihnen viele Einzelheiten nennen, aber dazu habe ich keine Zeit«, raunte er und klang mühsam beherrscht. »Zeitung gelesen, Rhode?«
»Ja.«
»Dann nehmen Sie zur Kenntnis, dass ich mich offiziell bei Ihnen darüber beschwere, mir einen solch dilettantischen Mord anzuhängen«, wisperte die Stimme mit viel Nachdruck; der Mörder regte sich stark auf.
»Das müssen Sie der Reporterin sagen, die den Artikel verfasste«, wies Rhode die Schuld von sich. »Wir wissen, dass Sie Anke Schwedt nicht umgebracht haben.«
»Ach? Sie wissen? Ein starkes Wort. Ohne Beweise.«
»Meinem Kollegen ist sofort aufgefallen, dass Sie den Tatort ganz anders präpariert hätten.«
»Ah, sehr schön. Dann bin ich beruhigt, dass Sie meine Arbeit zu schätzen wissen und bereits von Fälschungen unterscheiden können. Nach nur zwei Bildern. Dann stellen Sie das richtig«, verlangte die raunende Stimme. »Sagen Sie der Presse, dass es sich um einen schlechten Nachahmer handelt.«
»Ich werde gar nichts sagen«, konterte Rhode und rieb sich über die Stirn, die Füße spielten erneut die unsichtbare Double Base.
»Ich kann den Affront nicht hinnehmen!«, flüsterte der Mörder. »Ihr Schweigen in der Öffentlichkeit bedeutet, sich auf die Seite des anmaßenden Trittbrettfahrers zu stellen und ihn damit durchkommen zu lassen. Die SoKo muss den Blender bloßstellen.«
»Das ist nicht meine Aufgabe. Schreiben Sie das doch auf Ihrer perversen Website.«
»Reizen Sie mich nicht, Rhode!«
Lackmanns Telefon klingelte. Der Kommissar nahm ab, lauschte und schrieb etwas auf ein Blatt.
»Das tue ich nicht.«
»Das tun Sie!« Die Kälte und der Hass jagten Rhode Schauer über den Rücken. Der Unbekannte sprach und knurrte gleichzeitig, klang wie ein wütendes, drohendes Tier. »Ich bin ein Künstler, ein akribischer Mensch, der kostbare Zeit und noch mehr Material darauf verwendet, die Toten zu einer Kreation werden zu lassen. Sie stellen mein Schaffen und mein Können in Frage, wenn Sie schweigen und diesen billigen Nachahmer auf eine Ebene mit mir stellen.«
»Woher wissen Sie, dass es eine billige Kopie ist?«
»Zum einen, weil Sie es sagten, zum anderen, weil ich vorhin dort war und mir das Szenario anschaute«, flüsterte die Stimme hektisch. »Es sieht nicht mal im Ansatz nach Bates Motel aus! Die Einrichtung marode, die falschen Raumabmessungen und ein anderer Aufbau. Selbst das Modell des Duschvorhangs stimmt nicht. So ein widerlicher Stümper!«
Rhode überlief es kalt. Irgendwie war es dem Mörder gelungen, sich trotz der Anwesenheit der KTI-Ermittler einen Eindruck in der Prager Straße zu verschaffen. Hatte er sich am Ende sogar einen von ihnen geschnappt? Zuzutrauen wäre es ihm auf alle Fälle.
Er sah zu Lackmann, der das Blatt hochhielt: Sie arbeiten dran! Mehr Zeit nötig!
Rhode wiederum kritzelte zurück, dass jemand mit den Beamten sprechen sollte, die den Tatort gesichert hielten. Vielleicht sahen sie den Mörder, direkt oder indirekt. Es konnte der erste Fehler sein, den ihr Mörder begangen hatte. Aus der Reserve gelockt von Gunther Sterz.
»Rhode?«, raunte der Anrufer.
Lackmann zog sein Smartphone und tippte einhändig, während er immer noch den Hörer des Diensttelefons zwischen Schulter und Kopf eingeklemmt hielt.
»Ja, ich bin noch da. Wir ermitteln bereits gegen …«
Leises Lachen erklang. »Ich habe verstanden, was Sie sagten, Rhode, aber ich lese zwischen den Zeilen«, fuhr ihm die Stimme wispernd in den Satz. »Es gibt einen Verdacht. Aus dem privaten Umfeld Ihrer Kollegin?«
Er war gut. Rhode musste sich beherrschen, nicht den Namen des Verdächtigen zu nennen.
»Sie schweigen? Ah, dann haben Sie einen konkreten Verdacht«, flüsterte der Bildermörder. Die eisige Wut mischte sich mit einer hasserfüllten Begierde: »Ich will ihn. Ich will ihn finden und bestrafen, Rhode! Ich kann das!«
»Ich sage nichts mehr«, erwiderte Rhode gepresst und vernahm ein scharfes Ausatmen auf der anderen Seite der Leitung. »Warum sollte ich Ihnen Auskunft geben? Es ist nicht mal sicher, dass Sie der originale Schöpfer
Weitere Kostenlose Bücher