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Totenblick: Thriller (German Edition)

Totenblick: Thriller (German Edition)

Titel: Totenblick: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Lösung.
    Langsam streckte er die Hand nach dem Mundstück der Shisha, hob es an die Lippen und nahm zufrieden einen tiefen Zug.
    Doch gegen den unbändigen Drang, sich des aufstauenden, anwachsenden Drucks zu entledigen und das Grauen zu teilen, um es erträglich zu machen, half das Nikotin nicht.
    Nichts hatte geholfen, keine Droge, die er auf seinen Reisen ausprobierte. Kein Hasch, kein Opium.
    Letztlich fand er seinen Weg, sich Erleichterung zu verschaffen: das Erschaffen von Kunst.
    Es bereitete ihm größtes Vergnügen, trotz des Grauens in ihm.
    ***

Kapitel 10
    Leipzig, Südzentrum, 6. Dezember
    R hode starrte aus dem Bürofenster auf den weit entfernten Turm, der das gegenüberliegende Neue Rathaus zierte und von der Form her der alten Pleißenburg nachempfunden war, die einst dort gestanden hatte.
    Der Fall des Bildermörders war der schlimmste seiner Karriere, die nicht mehr bis zum Kriminalrat reichen würde. Mit der Beförderung hatte er abgeschlossen, mittlerweile wollte er sie auch gar nicht mehr.
    Dieser Fall entwickelte sich zu einem Monstrum.
    Es verschlang Kollegen, seine Kollegin und Freundin Anke, sein Privatleben, seine Freude an Frau und Kindern, seine normalen Gedanken. Die Namen der drei Neuen in seiner SoKo, einer als Ersatz, zwei zur Aufstockung aus anderen Kommissariaten, vergaß er ständig, ob mit oder ohne Pillen.
    Beim letzten Treffen mit dem Polizeipräsidenten hatte dieser Andeutungen fallen lassen, dass Rhode nicht lange SoKo-Leiter sein würde. Sanfte Vorbereitung auf das Scheitern. Außerdem vergaß er ständig, sich um Ares’ Anliegen zu kümmern. Dabei wäre das so einfach zu meistern, doch er ließ sich unentwegt ablenken.
    Im Moment befand er sich allein im Büro, die Kollegen machten Mittagspause. Lackmann war beim Arzt, wie er verkündete. Magenprobleme. »Vom Saufen«, hatte der dürre Mann realistisch eingeschätzt. Sogar dessen Leben geriet aus den Fugen.
    Es gab keinen Alltag mehr, nicht mal die nervigen Seiten des Alltags wie Müllrausbringen oder Einkaufen: Er verließ seine Wohnung morgens und kehrte nachts zurück, stürzte sich den ganzen Tag in sinnlose Recherchen zu Opfern und Bildern, wälzte die seitenlangen Protokolle der Spurensicherung und des KTI, betrachtete die Fotos, die Gesichter der Opfer, vergaß ganz viel und musste von vorne anfangen. Anke Schwedts junges Gesicht. Immer und immer wieder studierte er ihre Züge, obwohl er den Anblick nicht ertrug. Er geißelte sich selbst für seine Misserfolge.
    Der trügerische Lichtblick war einen Tag nach ihrem Tod gekommen: Man hatte ihren Laptop in einer Mülltonne gefunden. Der Täter dachte, dass ein Tritt ausreichte, um das Innenleben zu zerstören, aber die Geräte hielten einiges aus.
    Den KTI-Spezialisten war es gelungen, die Daten herzustellen und zu prüfen, was die Kommissarin als Letztes im Netz unternommen hatte. Sie fanden Mails an Schwedt von anonymen Accounts, die es nicht mehr gab; sie wiesen jedoch die gleichen Schreibfehler wie die SMS auf. Sterz hatte ihr angedeutete Drohungen gesandt.
    Und es ergab sich ein neuer Ansatz.

    DIE WAHRHEIT
    LIEGT STETS
    IM AUGE
    DES
    BETRACHTERS.

    Tausendmal hatte Rhode über den Satz nachgedacht, alle Blickwinkel der Tatorte ausprobiert, ohne den versprochenen Hinweis des Mörders zu entdecken.
    Anke Schwedt hatte einfach die Sichtweise gewechselt, hinüber zu den Toten, wie auch immer sie darauf gekommen war.
    Rhode leierte neuerliche Untersuchungen an. Eine Euphorie brandete durch die SoKo, angefacht durch den ungewöhnlichen Hinweis.
    Dann die Ernüchterung: Die zwei Toten trugen nichts an sich, nichts auf sich, nichts in sich.
    Sogar die Augen der Leichen waren von den Kriminaltechnikern vollständig seziert worden, aber es gab auch darin keine kleinen Zettelchen oder Botschaften oder sonst was. Die Hornhäute von Armin Wolke und Aileen McDuncan waren nicht behandelt worden, weder mit Laser noch mit Nadeln oder anderen Hilfsmitteln.
    Rhode wandte den Kopf und blickte nach rechts zum Haus unmittelbar gegenüber, weil er eine Bewegung bemerkt hatte. Ein Fenster öffnete sich, und eine ältere Frau schüttelte einen Staublappen aus.
    Die grauen Flocken lösten sich aus dem Stoff, wurden vom Wind erfasst und zu dessen Spielzeug. Sie wirbelten davon, einige stiegen, andere fielen.
    Es passte zum Winter, der in Leipzig Einzug gehalten hatte. Seine Kinder wollten unbedingt mit ihm zum mittelalterlichen Weihnachtsspektakel am Naschmarkt. Noch hatte er sich darum

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