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Totenblüte

Totenblüte

Titel: Totenblüte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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Mühlbach im Auge behalten. Sie hätten ihm gesagt, dass wir das dürfen.»
    «So?» Felicity konnte sich nicht mehr recht erinnern, was sie gesagt hatte.
    «Vielleicht gibt es oben ja ein Zimmer, das nach vorne rausgeht? Von da aus hätten wir einen guten Blick.»
    «Natürlich», sagte sie. «Wenn wir Ihnen damit helfen können.»
    Sie saßen immer noch dort im Gästezimmer, als Peter und Felicity schlafen gingen. Felicity sah die beiden dort im Dunkeln sitzen und über die Wiese weg zum Gartenhaus hinüberschauen. Der Mond stand inzwischen am Himmel. Er schien nicht hell genug, dass man Einzelheiten erkannt hätte, doch man würde sicherlich sehen, wenn sich draußen jemand bewegte. Aber was wollen sie tun, wenn wirklich jemand käme?, fragte sich Felicity. Sie sind doch noch halbe Kinder.
    Sie machte ihnen eine Thermoskanne Kaffee und ein paar belegte Brote, und sie bedankten sich, ohne den Blick vom Fenster zu wenden.
    Anscheinend war sie dann doch vor Peter eingeschlafen. Sie spürte ihn neben sich. Er lag ganz still, um sie nicht zu stören.

KAPITEL VIERZIG 
    Es war bereits Nachmittag, als der Suchtrupp Lauras Schuh fand. Er lag im Graben gleich an der Straße, nicht weit von der Bushaltestelle entfernt. Sie hatten kurz hinter Julies Haus in Seaton mit der Suche begonnen, waren dem Fußweg gefolgt und über das Feld ausgeschwärmt, das nur noch aus Stoppeln bestand. Die Anwohner der Laurel Avenue beobachteten sie von den oberen Stockwerken ihrer Häuser aus, sahen sie als schwarze Umrisse vor dem hellen Sonnenschein und dem goldenen, gemähten Feld. DiePolizisten spulten ihre Bewegungsabläufe ab wie Tänzer in einer bedächtigen, durchstrukturierten Choreographie, und ihre Schatten wurden länger, je weiter der Tag voranschritt.
    Vielleicht hatten einige nach der langen Suche bereits das Gefühl, dass sie nichts finden würden. Vera vermutete, dass es ihr in einer solchen Situation nicht leichtfallen würde, bei der Sache zu bleiben; irgendwann dächte sie wahrscheinlich nur noch daran, wie schön es wäre, nach Hause zu gehen, kalt zu duschen und eine Flasche Bier zu öffnen. Doch diese Leute hörten auch dann nicht auf zu suchen, als sie die Hauptstraße erreicht hatten. Sie gingen an der Weißdornhecke entlang bis hinunter in den inzwischen fast völlig ausgetrockneten Straßengraben. Sie blieben ganz konzentriert. Nur hin und wieder richtete sich jemand auf, um sich zu strecken und sich den schmerzenden Rücken zu reiben. Sie arbeiteten fast völlig schweigend. Und auch nachdem sie den Schuh gefunden hatten, suchten sie den Straßenrand weiter ab, bis hin zu dem großen Kreisverkehr am Ortseingang von Whitley Bay.
    Der Schuh war nicht absichtlich dort gelandet, das war eindeutig. Ein Versehen. Der Täter hatte anscheinend nicht gemerkt, dass sie ihn verloren hatte. Nichts deutete darauf hin, dass er im Straßengraben versteckt oder womöglich vorsätzlich dort platziert worden wäre. Der Wasserstand war inzwischen so niedrig, dass der Schuh im Matsch deutlich zu sehen war. Vera war sich sicher, dass dieses Detail nichts mit der Blumen-Inszenierung zu tun hatte. Nicht eine Blüte weit und breit. Es war einfach nur ein Schuh. Ein flacher, schwarzer, hinten offener Schuh ohne Absatz, wie sie diesen Sommer modern waren. Inzwischen würde der Entführer wohl bemerkt haben, dass er verschwunden war. Ob ihm das Kopfzerbrechen bereitete? Ob er befürchtete,dass die Spurensicherung wie durch Zauberei aus diesem Detail schließen konnte, wer er war und wo er sich aufhielt?
    Julie erkannte den Schuh sofort und brach in Tränen aus. Bis zu diesem Moment hatte sie sich immer noch einreden können, dass Laura nur die Schule schwänzte. Dass sie ihr einen Schrecken einjagen wollte, weil sie so eine schlechte Mutter und am Morgen nicht da gewesen war, als ihre Tochter zur Schule aufbrach. Doch als sie den Schuh in dem durchsichtigen Plastikbeutel sah, fing sie hemmungslos an zu heulen. Vera konnte es nicht ertragen, sie in diesem Zustand zu sehen. Sie überredete Julie, eine von den Beruhigungspillen zu nehmen, die der Arzt ihr verschrieben hatte, was allerdings eher ihr als Julie zugutekam. Das Weinen der Frau ging Vera an die Nieren und störte ihre Konzentration. Sie hörte die Schluchzer noch, als sie nach draußen ging, um mit dem Leiter des Suchtrupps zu reden.
    Natürlich verriet der Schuh rein gar nichts. Er hätte ihnen einiges über Laura offenbaren können: wie groß sie einmal werden würde, wie sie die

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