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Totenblüte

Totenblüte

Titel: Totenblüte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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Mordopfer gepasst hätte, doch sie verdrängte den Gedanken, Samuel könnte ein Mörder sein, sofort wieder. Er war ein so sanfter Mann. Er konnte keiner Fliege etwas zuleide tun. «Entschuldige», sagte sie. «Das hätte ich wirklich wissen müssen.» Er wartete darauf, dass sie doch noch einwilligte, sich mit ihm zu treffen, das spürte sie, und einen Moment lang zögerte sie. Vielleicht sollte sie ja wirklich zu ihm fahren. Als besorgte Freundin. Im Wohnzimmer unten hatte James den Fernseher eingeschaltet, Felicity hörte die Titelmelodie einer Vorabendserie. Peter rief aus der Küche, dass der Tee fertig sei. Das, dachte sie, ist das eigentlich Wichtige. Die alltäglichen Belanglosigkeiten des Familienlebens. Dafür lohnte es sich zu kämpfen. «Hör mal», sagte sie. «Es tut mir schrecklich leid, aber ich kann wirklich nicht. Wir haben es hier gerade nicht leicht. Gestern Abend musste Peter zum Verhör aufs Polizeirevier. Bist du sicher, dass du nicht mit ihm sprechen willst?»
    Samuel antwortete nicht gleich. Schließlich sagte er: «Das Ganze ist so verfahren.»
    «Wo bist du?», fragte Felicity.
    «Vergiss es.» So verbittert hatte sie ihn noch nie gehört. Er legte auf.
    Peter hatte ihr einen Earl Grey gemacht, mit einem kleinen Spritzer Milch, so wie sie es gernhatte. «Wer war denn am Telefon?»
    Felicity zögerte nur kurz. «Samuel. Er klang sehr aufgewühlt. Heute ist Claires zwanzigster Todestag. Ich habe versucht, ihn dazu zu bringen, dass er mit dir redet.»
    «Ich rufe ihn nachher an.»
    «Heute Nachmittag war dieser junge Polizist nochmal hier. Anscheinend ist wieder eine junge Frau verschwunden.»
    Peter stellte behutsam seine Teetasse ab, doch sie merkte ihm an, dass diese Nachricht ihn aufwühlte. Vielleicht dachte er wieder an Lily.
    «Glaubt die Polizei, dass das mit den beiden Morden in Zusammenhang steht?»
    «So habe ich Ashworth verstanden. Er wollte wissen, wo ich heute Vormittag gewesen bin.»
    «Sie haben wohl auch den ganzen Tag versucht, mich zu erreichen.» Peter lehnte sich auf dem Stuhl zurück und streckte sich, wie zum Beweis, dass er höchst beschäftigt gewesen und jetzt entsprechend erschöpft war.
    «Wo warst du denn?»
    «In einer Besprechung. Todlangweilig und wahnsinnig schlecht organisiert, weshalb sie auch eine halbe Ewigkeit gedauert hat.»
    «Ist das wahr?»
    «Du wirst doch nicht ernsthaft glauben, dass ich etwas mit dieser Entführung zu tun habe?»
    «Nein», erwiderte Felicity rasch. «Natürlich nicht. Das meinte ich auch gar nicht. Ich war nur heute Morgen in Morpeth und hatte versucht, dich anzurufen. Aber ich habe dich auch nicht erreicht.»
    «Und da hast du dir gedacht, ich bin bei einer anderen Frau?»
    «Es tut mir leid. Aber der Gedanke kam mir schon.»
    «Nie wieder», sagte Peter. «So etwas werde ich nie wieder tun, das schwöre ich dir.» Er wandte den Kopf, als wollte er das ganze Haus in seinen Blick fassen, James im Nebenzimmer, den Garten. «Das ist mir einfach alles zu wichtig.»Und Felicity stellte fest, dass sie genau diesen Gedanken auch gehabt hatte, als sie mit Samuel am Telefon sprach.
    Nach dem Abendessen setzten Peter und sie sich noch ein wenig mit James vor den Fernseher. Später brachten sie den Jungen gemeinsam ins Bett, gingen mit einem Glas Wein auf die Terrasse hinaus und sahen der riesigen, orangeroten Sonne zu, die hinter den Bergen im Westen versank. Peter machte einen sorgenvollen, zerstreuten Eindruck. Immer wieder kam er auf die verschwundene junge Frau zu sprechen. Was hatte Ashworth denn noch davon erzählt?
    «Nichts», sagte Felicity. «Wirklich gar nichts. Aber wenn sie sie finden und denjenigen fassen, der sie entführt hat, bist du doch wenigstens frei von jedem Verdacht, oder? Dann ist das alles vorbei.»
    Doch der Gedanke schien ihn auch nicht zu trösten. Er kam einfach nicht zur Ruhe. Irgendwann ging er zurück ins Haus, um zu telefonieren. Felicity vermutete, dass er wohl Samuel anrufen würde.
    «Wie geht’s ihm?», fragte sie, als er wiederkam.
    «Ich weiß es nicht.» Peter hatte die Stirn in Falten gelegt. «Er ist nicht rangegangen.»
    Die Polizisten kamen kurz nach Einbruch der Dunkelheit. Zwei neue Gesichter. Felicity schloss gerade die Haustür ab, und sie kamen ums Haus herum nach hinten. Ein Mann und eine Frau. Sie erschienen Felicity unwahrscheinlich jung und wirkten linkisch und wortkarg, obwohl sie sich alle Mühe gaben, höflich zu sein.
    «Sergeant Ashworth sagte, wir könnten von hier aus den

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