Totenbraut (German Edition)
Kirche von Medveđa betreten habe. Er sagte, dass er – obwohl er rechtgläubig lebe – laut Simeons Aussage vermutlich gar nicht orthodox getauft worden sei. Simeon habe zumindest keiner Taufe beigewohnt. Er wolle sein Glaubensbekenntnis noch einmal sprechen, doch diese Ehe nicht mehr führen, da sie nie vor Gott gültig gewesen sei.
Als wir einige Stunden später vor die Kirche traten, war ich nicht länger Jasna Vu ković und war es vor Gott niemals gewesen. Nie hätte ich gedacht, dass ich so glücklich sein würde, eine Ledige zu sein, die mit einem Räuber in Sünde lebte.
Seite an Seite gingen wir an der Morava entlang, die an diesem Tag ein glitzernder Saum von Eis schmückte. Mit einem Frösteln erinnerte ich mich daran, wie kalt das Wasser gewesen war.
„Nun ist es wohl Zeit, sich endgültig zu verabschieden“, sagte Danilo schließlich. „Und du bleibst wirklich bei diesem Dieb?“
Die gleißende Wintersonne blendete mich, als ich zu ihm hochblickte. „Er ist nun mal mein Dieb“, erwiderte ich. „Und du, wirst du zu Anica gehen?“
„Mit deinem Hund redet sie mehr als mit mir. Nachdem wir Vampir nach Paraćin gebracht hatten, hat sie mich wenigstens angeschrien, aber jetzt schweigt sie. Sie ist enttäuscht, dass ich ihr die ganzen Jahre über nicht vertraut habe. Sie sagte, sie wisse nicht einmal mehr, wer ich bin. Als ob ich das selbst wüsste.“ Da war es wieder, das schmerzliche Lächeln, das ich so gut kannte und das ich – wie ich jetzt merkte – vermissen würde.
„Fürchtest du dich immer noch vor dem Fluch?“
„Wer weiß“, murmelte er und betrachtete die Sonne auf seiner Haut.
„Vielleicht ist dein Bruder wirklich nur krank“, sagte ich. „Ganz sicher gehört seine Seele nicht dem Teufel, das weißt du so gut wie ich. Aber du wirst es ohnehin nicht herausfinden. Du kannst nur eines tun: aufhören, auf den Tod zu warten. Denn wenn du das tust, wirst du vielleicht als alter Mann am Ofen hocken – voller Reue, dass du allein geblieben bist, obwohl der Fluch dich gar nicht heimgesucht hat.“ Und noch etwas ungnädiger fügte ich hinzu: „Anica hat ihren Stolz, und sie ist dir lange genug nachgelaufen, findest du nicht? Jetzt bist du wohl an der Reihe!“
Danio lachte und zog mich an sich. Diesmal war es leicht, ihn aus vollem Herzen zu umarmen, und es war gut, dass Matej uns bei diesem innigen Abschied nicht sah.
„Leb wohl“, sagte er, dann nahm er meine Hand und legte etwas hinein. „Als Räuberbraut wirst du wissen, wozu du es gebrauchen kannst.“ Während er davonging, öffnete ich die Faust. Im Schein der Sonne funkelte der winzige Rubin aus der Schatzkammer von Sultan Ahmed.
Es wurde Dezember, bis Matej endlich sein Krankenlager verlassen und auf meine Schultern gestützt die Hütte betreten konnte. Und fünf Tage später, am Tag des heiligen Nikolaos, brachte ein Durchreisender einen Brief, der in Jagodina abgegeben worden war. Obwohl Matej noch schwach war, bestand er darauf, mich zu dem Amtmann zu begleiten, der mir den Brief gegen teure Bezahlung vorlesen würde. Diesmal hatte Jelkas Nachricht nicht viele Monate gebraucht, sondern lediglich sechs Wochen.
„ Liebe Jasna. Ich bete darum, dass du diesen Brief bekommst und dass es dir nicht so schlecht geht, wie ich nach den Ereignissen der vergangenen Monate befürchten muss. Manchmal denke ich sogar, du bist nicht mehr am Leben. Bei uns gibt es schlimme Neuigkeiten. Es begann damit, dass Bela sich immer seltsamer benahm. Tagsüber verstummte sie völlig. Doch eines Nachts riss sie Mirjeta aus dem Schlaf. ‚Wach auf, Jasna! Jemand ist hier!‘, rief sie und erschreckte die Arme damit fast zu Tode. Kurz nach deinem Geburtstag wachte ich auf, weil ich jemanden singen hörte. Ich ging nach unten – und dort tanzte Bela in der dunklen Kammer! Ich bekam Angst, denn ich hatte sie noch nie in klaren Worten sprechen hören. Sie starrte vor sich hin, als würde sie jemanden betrachten, den nur sie sah. Und bei Gott, Jasna, ich hätte schwören können, sie blickte dich an! Denn sie sang eine Klage für dich. Aber mit einem Lä cheln auf den Lippen, das mich frösteln ließ. Sie sang von Flüchen, von Blut und von etwas Dunklem, das auf dich lauert. Ich zweifelte keinen Augenblick, dass sie dein Unglück gesehen hatte, und ich hoffe auch jetzt, Jasna, dass du noch lebst! Als würde dieser Zustand sie aufzehren, wurde Bela zu einem Schatten ihrer selbst. Du hättest sie nicht wiedererkannt. Und dann,
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