Totenbraut (German Edition)
Matejs und mein Haus sein. Wir werden das morsche Dach in Ordnung bringen, einige Bäume fällen, um Platz für Felder zu schaffen, und eines Tages vielleicht wieder Gäste bewirten. Denjenigen aus dem Dorf, die Matej erkennen, werden wir sagen, dass er dort als Holzfäller durchgezogen ist. Und meinen Schwestern werde ich nur erzählen, dass er die Juwelen eines Sultans gefunden und für mich wieder verloren hat. Jelka wird mir nicht glauben, aber ich freue mich auf die verblüfften Gesichter von Danica und Mirjeta. Und ich kann es kaum erwarten, auch meine kleine Majda in die Arme zu schließen.
Seit mehreren Tagen sind wir unterwegs. Tagsüber blenden uns hier und da noch Flecken von Schnee und die Nächte sind voller Schatten. Wir reiten an der Morava entlang, von Dorf zu Dorf, dem Frühling entgegen.
In Belgrad erst werden wir den Rubin verkaufen. Mir gefällt der Gedanke, dass Sultan Ahmeds Edelstein vielleicht die Hand einer habsburgischen Dame schmücken wird.
Heute ist es so kalt, dass der Fluss dampft. Frost knirscht unter den Pferdehufen. Wenn ich zum Waldrand blicke, sehe ich einen geduckten Schatten, der zwischen den Bäumen dahinhuscht. Ein magerer Wolf, der uns seit gestern folgt. Möglicherweise ist es tatsächlich Yasars Wolfshund. Ich könnte es herausfinden, indem ich ihn beim Namen rufe. Aber wir reiten weiter und beobachten ihn aus den Augenwinkeln, darauf hoffend, dass er bald zurückbleibt.
Yasars Leichnam wurde nicht gefunden. Vielleicht zieht ihn die Strömung noch mit sich und wird ihn im Frühjahr irgendwo ans Ufer tragen. Doch wer weiß? Vielleicht hat er dem Teufel auch ein weiteres Leben abgerungen. Ich sollte mich fürchten, aber seltsamerweise erscheint mir so vieles wichtiger als das. Es liegt ohnehin nicht in meiner Hand. So wie es das Lichte und Helle gibt, wird es auch immer irgendwo einen Lazar Kosac geben. Immer einen Wolf, der uns an die Kehle will oder vielleicht nur einen neuen Herrn sucht. Und immer einen Yasar in der einen oder anderen Gestalt. Wir können nicht verhindern, dass das Dunkle über unsere Schwelle tritt, aber wir können ihm in die Augen sehen und entscheiden, ob wir uns von der Güte darin täuschen lassen oder nicht. Es gibt das Dunkle und das Helle , denke ich. Und dazwischen gibt es uns.
„Erzähl mir eine Geschichte!“, fordere ich Matej auf.
„Noch eine?“, sagt er ungehalten. „Wie stellst du dir das vor, Distel! Wenn ich so weitermache, werden wir uns gelangweilt anschweigen, wenn wir alt sind. Willst du das? Zwei verhutzelte alte Rüben, die nur noch stumm vor dem Ofen hocken? Jetzt, wo ich ein anständiger Kerl werde und an einem Ort bleibe, muss ich mit den Geschichten sparsam sein, damit sie über die Jahre reichen. Viele neue werde ich schließlich nicht mehr zu hören kriegen.“ Er klingt, als würde er an diesem Schicksal verzweifeln, aber ich höre das Lächeln aus seinem barschen Ton nur zu gut heraus. „Erzähl du mir doch eine!“, ruft er mir zu.
„Mir fällt keine ein!“, erwidere ich.
„Dann sing mir eben ein Lied. Du wirst wohl eines kennen, oder? So scharf, wie deine Zunge sein kann, hast du mindestens ein Spottlied auf Lager. Na los! Oder hast du etwa eine Krähenstimme und fürchtest, dass mir die Ohren abfallen?“
Und als ich das Gold in seinen Augen sehe, fällt mir tatsächlich ein Lied ein. Eines, das Nevena oft gesungen hat. Nur ein Spottlied ist es nicht.
Ich beginne leise, doch dann, nach den ersten Worten, werde ich mutiger. Matej beginnt zu lachen, als er die Worte hört. Er lauscht eine Weile, dann fällt er vorsichtig ein, sucht den Takt und findet die Melodie. Und bald singen wir es gemeinsam:
„Gib mich, Mutter, nicht dem Ungeliebten.
Lieber will ich mit dem Herzensfreunde
in den Wald gehn, mich von Weißdorn nähren,
Wasser mir mit einem Blatte schöpfen,
auf den kalten Stein mein Haupt mir betten,
als in Schlössern mit dem Ungeliebten
Zucker essen und auf Seide schlafen.“
Draculas Ahnen – ein Nachwort
S
pitze Eckzähne, überirdische Schönheit und ein Faible für die (tödliche) Verführung schöner Frauen? Nicht, wenn man vom „Vampyrus Serviensis“ ausgeht! Steigt nämlich dieser Ur-Vampir aus dem Grab, hat man es mit einem wandelnden Toten zu tun, der das Vieh umbringt, die Häuser beschädigt, die Ernte verdirbt und die Leute würgt und drückt, bis sie sterben. Und dennoch hätte es ohne ihn die literarische Kunstfigur, die John Polidori und Bram Stoker geschaffen
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