Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totenbraut (German Edition)

Totenbraut (German Edition)

Titel: Totenbraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
Vom Netzwerk:
fremde Kleid widerwillig an. Der Stoff war schwer und weich und glatt wie Welpenfell. Als Nema nicht hinsah, schnupperte ich misstrauisch daran. Zumindest roch es nicht nach fremder Haut.
    Nema half mir das Mieder zu schnüren, das trotzdem zu locker saß, und raffte den zu langen Rock mit einem Gürtel, damit ich nicht stolperte. Als ich ihr schließlich unbeholfen auf den Gang folgte, fühlte ich mich wie ein Bauerntölpel, den man als Herrin verkleidet hatte.

Honigmilch
     

    J
ovan und ein Pope erwarteten mich bereits am Tisch. Alles schien seinen rechten Gang zu gehen. Das christliche Oberhaupt der Dorfgemeinschaft war gekommen, um die Zugereiste willkommen zu heißen, das war beruhigend. Zeigte es doch, dass ich mitten im Türkenland in eine orthodoxe Gemeinde aufgenommen wurde.
    „Setz dich“, sagte Jovan knapp. Zögernd gehorchte ich, begrüßte die Männer, wie es sich ziemte, und schlug vor dem bohrenden Blick des Popen die Augen nieder. Meine Freude, auf einen Geistlichen zu treffen, verwandelte sich schlagartig in Abneigung. War ich ein verkleidetes Bauernmädchen, so erinnerte er an einen verkleideten Schweinehirten – ein kleiner, schiefer Mann mit blutunterlaufenen Augen und schäbigem Priestergewand, zu dem das blanke Kreuz um seinen Hals so gar nicht passen wollte.
    Mit klopfendem Herzen sah ich mich nach meinem Bräutigam um, doch ich entdeckte nur Nema, die mit einem Ballen Wolle und einer Spindel neben dem Fenster Platz genommen hatte.
    „Wo ist ... Euer Sohn?“, fragte ich Jovan leise.
    Jovan schnaubte und beugte sich über den Tisch. Seine Hand schnellte nach vorne. Instinktiv sprang ich auf und schützte mit den Armen mein Gesicht. Doch der Hausherr griff lediglich nach einer Flasche Rakija, um sich und dem Gast einzuschenken.
    „Simeon sucht ihn“, beantwortete er meine Frage. Ohne einen Trinkspruch stürzte er einen ganzen Becher in einem Zug hinunter. „Und er wird ihn finden, bei Gott!“
    Es klang, als hätte Danio nur die Wahl, lebendig zu seiner zukünftigen Frau zu kommen oder lange vor der Hochzeit als toter Junggeselle begraben zu werden. Zum ersten Mal kam mir der Gedanke, dass ich vielleicht nicht die Einzige war, die nicht darum gebeten hatte, vor den Altar zu treten.
    Stumm warteten wir. Nur das eintönige Trommeln eines weichen Sommerregens war zu hören und ab und zu ein Wiehern und Schnauben. Der Pope spielte nervös mit seinem Kreuz. Es wunderte mich, dass er mich nicht ansprach und gar nicht wissen wollte, woher ich kam.
    Als die Tür aufgestoßen wurde und ein jäher Luftzug Laub und Regen in die Stube trug, fuhr ich herum.
    Nema stand auf und schloss seelenruhig die Tür hinter dem Ankömmling, doch der dankte ihr nicht einmal mit einem Nicken. Er trug hohe, frisch gefettete Stiefel, eine dunkle Weste und eine weiße Košulja – ein fein genähtes Hemd. Es wirkte sauber, obwohl der Stoff vom Regen durchnässt war.
    Danio. Mein Bräutigam. Mein Herz machte einen Satz und begann zu rasen.
    Danio schüttelte das Regenwasser aus dem schwarzen Haar und blickte mich an. Sein Gesicht ähnelte nur in wenigen Zügen dem von Jovan, es war schmaler und hatte feinere Linien. Und seine Augen waren braun, nicht grün. Jelka hätte diesen Mann, ohne zu zögern, als hübsch und stattlich bezeichnet, aber ich fand, seine Lippen hatten einen grausamen, harten Zug. Zumindest ist er kein Ungeheuer , schoss es mir durch den Kopf. Ich schätzte ihn auf neunzehn Jahre, für eine Heirat war er also schon recht alt.
    „Das ist sie also“, sagte er leise. Verächtlich musterte er mich von oben bis unten. „Und verkleidet habt ihr sie auch. Schade nur, dass das Kleid so schlecht passt.“
    Ich schnappte nach Luft. Mit einem Mal war alles wieder da: der Zorn auf meinen Vater, auf Jovan – und auf diesen fremden Mann, dem ich am liebsten den Wein ins Gesicht geschüttet hätte.
    „Es freut mich, dass du uns doch noch Gesellschaft leistest“, sagte Jovan scharf. „Aber ich erlaube nicht, dass du meine Schwiegertochter beleidigst. Heute nicht und auch nicht in Zukunft.“
    Die Feindseligkeit zwischen Vater und Sohn war beinahe mit Händen zu greifen, und ich verstand, dass es gar nicht um mich ging. Wieder öffnete sich die Tür und Simeon trat in die Stube. „Ah, die Hochzeitsgesellschaft ist also endlich versammelt“, sagte er freundlich.
    Hochzeitsgesellschaft? Beunruhigt suchte ich den Blick des Popen, aber er wich mir aus und kippte hastig seinen Branntwein hinunter.
    „Jasna

Weitere Kostenlose Bücher