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Totenbraut (German Edition)

Totenbraut (German Edition)

Titel: Totenbraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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je gesehen habe“, erzählte Branka. „Schon über zwanzig, aber Lippen und Augen wie die Sünde! Und eine Haut so weiß wie das Blatt einer Kamillenblüte. Die Leute starrten sie an wie einen Geist, als sie sie das erste Mal sahen. Nun, die meisten im Dorf hätten sie wie der alte Vuković am liebsten wieder fortgejagt. Unser Priester weigerte sich natürlich, Jovan mit einer völlig Fremden zu verheiraten. Tja, und dann wurde einer der jüngeren Hirten krank und starb. Er war ein Trinker und Nichtsnutz. Aber er gehörte zur Gemeinschaft, und als er starb, hatte er nun mal keine Frau.“
    Ich nickte. Ein junger Mann konnte auf gar keinen Fall unverheiratet beerdigt werden.
    „Milutin wählte Marja als Totenbraut aus“, erzählte Branka weiter. „Ihr blieb nichts anderes übrig, als Goran am Grab zum Mann zu nehmen.“
    Ich wusste nicht, wie es der Brauch in Medveđa war, aber bei uns im Taldorf musste eine Totenbraut für vierzig Tage als Frau des Toten bei dessen Familie leben und Trauer tragen, erst danach durfte sie zu ihrer Familie zurückkehren und sich auch wieder verheiraten. Ich konnte mir vorstellen, wie gedemütigt Jovan war, dass seine Verlobte – die zukünftige Braut eines reichen Gutsherrn – durch diesen Brauch gezwungen wurde, die Frau eines einfachen Hirten zu sein und am Rande der Weiden in einer ärmlichen Hütte zu hausen. Ein hoher Preis für Marja, um in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Ich verspürte Mitleid und Zärtlichkeit für die Fremde, die mir immer vertrauter wurde.
    „Was geschah dann?“, drängte ich Branka zum Weitersprechen.
    Branka seufzte und bekreuzigte sich. „Na, was wohl? Sie schwor bei den Ikonen, noch Jungfrau zu sein, und schloss die Ehe am Grab. Nach der Totenhochzeit legte sie den Brautschmuck ab, zog sich das Witwenkleid an und ging mit Gorans Mutter nach Hause. Dreizehn Tage später war die Mutter tot.“
    „Ist sie ... am Kummer gestorben?“
    „Wenn Gorans Schafe auch so sehr trauerten, dass sie gleich ihr Leben aushauchen mussten, war es wohl so“, erwiderte Branka verächtlich. „Nein, sie wurde von ihrem toten Sohn heimgesucht. Erst starb sie, dann das Vieh, dann die Schafe eines Bauern, mit dem Goran sich kurz vor seinem Tod gestritten hatte. Schließlich ließ auch der Bauer sein Leben. Er spuckte Blut, am Hals schwollen blaue Male an und er schwor noch auf dem Totenbett, dass Goran ihn nachts besuche und würge.“
    Ich bekreuzigte mich hastig. „Goran war also ein Upir ?“, fragte ich fassungslos.
    „ Upir, Strigun, Grobnik, Vampir, Vukodlak – nenne ihn, wie du willst! Ja! Er war einer, der wiederkommt und die Lebenden ins Grab bringt. Und er nahm auch noch die Frau des Bauern mit in den Tod. Viele sahen Goran in jener Zeit. Er schwächte und würgte die Leute, einige wurden krank. Auch Marja fühlte sich elend. Sie stand dabei, als wir nach einem Monat Gorans Grab öffneten. Aber sie zuckte nicht einmal mit der Wimper, als ihr Mann vor ihr lag – aufgebläht und gemästet, so fett, wie er im Leben nie gewesen war. Kein bisschen verwest oder eingefallen war er! Milutin hat ihn vernichtet und seine Asche in den Fluss geworfen.“
    Mit einem Mal erschien mir Brankas Hütte nicht mehr heimelig, sondern bedrückend eng und gefährlich. Noch nie war das Böse mir so nahe gekommen. Die Toten, die mein Vater begraben hatte, kamen mir wieder in den Sinn und unwillkürlich betete ich, dass keiner von ihnen aus dem Grab aufstehen und meinen Schwestern etwas antun würde.
    „Und ... was war dann mit Marja?“ Das Herz hämmerte mir gegen die Rippen, als ich ihren Namen aussprach.
    „Sie wartete noch zwei Wochen der Trauerzeit ab. Dann ging sie heim zu Jovan. Bald darauf wusste jeder, warum sie sich so elend gefühlt hatte. Sie trug ein Kind im Leib! Auch wenn sie es leugnete: Goran hatte auch sie nachts besucht.“
    Ich hatte gehört, dass es Mischlinge zwischen Vampiren und Menschen gab. Oft wurden solchen Dhampiren wundertätige Dinge nachgesagt. Sie sollten in der Lage sein, Geister und Untote aufzuspüren. Aber Danilo? Ich dachte an seine Ähnlichkeit mit Jovan – die Stirn, der Mund – und hörte im Geiste die Worte meiner Schwester Jelka: Sie wäre nicht die erste Frau, die auf ihre Jungfernschaft einen falschen Eid geschworen hat.
    Branka beugte sich vor und senkte die Stimme. „Weil sie die Trauerzeit nicht abgewartet hatte, weigerte sich Milutin, Jovan und Marja zu verheiraten. Und auch Jovans Vater, der alte Petar Vuković, gab

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