Totenbuch
Laborergebnisse.«
»Blut, Speichel, Epithelien«,
verkündet Aaron. »Fangen wir mit Lydia Websters Zahnbürste und dem Blut vom
Badezimmerboden an. Ihre DNA haben wir sichergestellt, hauptsächlich deshalb,
um sie ausschließen oder irgendwann ihre Leiche identifizieren zu können.« Als
ob kein Zweifel an ihrem Tod bestünde. »Dann haben wir da noch ein anderes
Profil, das wir in den Hautzellen, dem Sand und dem Klebstoff an dem
zerbrochenen Fenster der Waschküche gefunden haben. Außerdem auf dem Tastenfeld
der Alarmanlage und dem schmutzigen T-Shirt im Wäschekorb. Alles weist ihre DNA
auf, was nicht weiter erstaunlich ist. Doch wir haben auch noch ein Profil von
einer anderen Person.«
»Was ist mit den Shorts von
Madelisa Dooley?«, fragt Scarpetta. »Da war doch auch Blut drauf.«
»Von derselben Person wie bei
den drei Proben, die ich gerade erwähnt habe«, antwortet Aaron.
»Wir denken, dass es sich bei
dieser Person um den Mörder handelt«, ergänzt Lucy. »Oder zumindest um den
Einbrecher.«
»Wir sollten mit solchen
Behauptungen vorsichtig sein«, mahnt Scarpetta. »Schließlich haben sich noch
weitere Personen im Haus aufgehalten. Ihr Ehemann zum Beispiel.«
»Die DNA ist nicht von ihm.
Warum, verraten wir dir gleich«, erwidert Lucy.
»Wir haben uns an Ihren Rat
gehalten und uns nicht auf den üblichen Profilabgleich mit CODIS beschränkt«,
fügt Aaron hinzu. »Stattdessen haben wir die neue DNAPrint-Plattform verwendet,
über die Sie und Lucy gesprochen haben, eine Analyse, die auch Merkmale des
Vaters und der Geschwister einschließt, um den Verwandtschaftsgrad zu
bestimmen.«
»Erste Frage«, beginnt Lucy.
»Warum sollte Lydias Ex-Mann Blutspuren auf Madelisa Dooleys Shorts
hinterlassen?«
»Gut«, stimmt Scarpetta zu. »Ein
berechtigter Einwand. Und wenn das Blut vom Sandman stammt, muss er sich
irgendwie verletzt haben.«
»Vielleicht kennen wir den
Grund«, erwidert Lucy. »Und wir haben allmählich auch einen Verdacht, wer er
sein könnte.«
Aaron
greift nach einer Aktenmappe, entnimmt ihr einen Bericht und reicht ihn
Scarpetta.
»Es geht um den unbekannten
kleinen Jungen und den Sandman«, berichtet Aaron. »Ausgehend davon, dass ein
Kind zu jeweils etwa fünfzig Prozent das genetische Material seiner beiden
Eltern in sich trägt, können wir aus einer Probe des Kindes und der eines
Elternteils auf den Verwandtschaftsgrad schließen. Und im Fall des Sandman und
des unbekannten Jungen liegt unserer Ansicht nach ein sehr enges
Verwandtschaftsverhältnis vor.«
Scarpetta studiert die
Testergebnisse. »Ich wiederhole meinen Einwand von damals, als wir die
übereinstimmenden Fingerabdrücke festgestellt haben: Besteht auch wirklich
kein Zweifel? Könnte zum Beispiel eine Verunreinigung vorliegen?«
»Wir machen keine Fehler.
Jedenfalls nicht solche«, widerspricht Lucy. »Wenn einem so was passiert, kann
man gleich einpacken.«
»Der Junge ist also der Sohn des
Sandman?« Scarpetta will es auf den Punkt bringen.
»Ich würde gern noch weitere
Faktoren überprüfen, aber ich bin ziemlich sicher«, antwortet Aaron. »Sie sind
zumindest eng blutsverwandt.«
»Du hast gerade gesagt, der
Täter müsste sich verletzt haben«, sagt Lucy. »Das mutmaßliche Blut des Sandman
auf Mrs. Dooleys Shorts wurde auch auf der Zahnkrone gefunden, die du in Lydia
Websters Badewanne entdeckt hast.«
»Vielleicht hat sie ihn ja
gebissen«, schlägt Scarpetta vor.
»Das wäre eine Möglichkeit«,
antwortet Lucy.
»Wir wollen auf den kleinen
Jungen zurückkommen«, sagt Scarpetta. »Ich kann mir nicht so recht vorstellen,
dass der Sandman seinen eigenen Sohn umgebracht haben soll. Schließlich wurde
das Kind bereits seit einiger Zeit misshandelt. Außerdem befand sich der Junge,
wenn unsere Informationen stimmen, in der Obhut einer dritten Person, während
der Sandman sich länger im Irak und in Italien aufhielt.«
»Nun, ich kann dir auch etwas
über die Mutter des Kleinen erzählen«, erwidert Lucy. »Jedenfalls, sofern die
DNA in Shandy Snooks Unterhose nicht von einer anderen Person stammt. Das würde
auch erklären, warum sie so scharf darauf war, sich seine Leiche im
Autopsiesaal anzusehen und rauszukriegen, was du über den Fall weißt. Ganz
sicher wollte sie Marino aushorchen.«
»Hast du das der Polizei
gemeldet?«, fragt Scarpetta. »Und dürfte ich erfahren, woher du Shandy Snooks
Unterhose hast?«
»Von Marino«, entgegnet Lucy.
»Und die DNA ist ganz eindeutig nicht von ihm, denn
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