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Totenbuch

Totenbuch

Titel: Totenbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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dass der Bursche sich
tatsächlich um dein Haus herumgedrückt hat und dass die Waffe ihm gehörte. Wir
müssen uns auf Bulls Wort verlassen.«
    »Willst du damit andeuten, dass
Bull - angenommen, dass er der Sandman ist, was ich mir nicht vorstellen kann -
die Waffe absichtlich >verloren< hat, während das mit der Kette ein
Zufall war?«, gibt Scarpetta zurück. »Das ist aus zwei Gründen nicht logisch.
Erstens: Warum ist die Kette abgerissen? Und zweitens: Warum hat er mich darauf
aufmerksam gemacht, wenn er zunächst nichts von der abgerissenen Kette wusste?
Er hätte sie doch heimlich in die Tasche stecken können. Und wie ich drittens
noch hinzufügen möchte, wäre es seltsam, dass er eine Halskette mit einer
goldenen Münze besitzt, die so ähnlich aussieht wie die Kette mit der
Silbermünze, die Marino von Shandy hatte.«
    »Ich hätte trotzdem gern Bulls
Fingerabdrücke«, sagt Aaron. »Und außerdem brenne ich darauf, ihm eine DNA -Probe abzunehmen. Es gefällt mir gar
nicht, dass er verschwunden ist.«
    »Dann müssen wir ihn eben klonen
und ihn in einer Petrischale kopieren, damit wir wissen, wer er ist«, scherzt
Lucy.
    »Ich kann mich noch gut an eine
Zeit erinnern, in der Wochen oder gar Monate für eine DNA -Analyse verstrichen.« Scarpetta denkt
mit Bedauern an diese traurigen Jahre zurück, in denen viele Menschen Opfer
eines weiteren Gewaltverbrechens oder Mordes wurden, weil die Laborergebnisse
zur Identifikation eines Täters zu lange auf sich warten ließen.
    »Wir haben eine Sichtweite von
hundertfünfzig bis sechshundert Metern, Tendenz zur Besserung«, sagt Lucy zu
Scarpetta. »Also können wir fliegen. Wir treffen uns am Flugplatz.«
    In Marinos Büro werfen seine
Bowling-Pokale Schatten an die Wand. Der Raum fühlt sich leer an.
    Benton schließt die Tür hinter
sich, macht aber kein Licht. Im Dunkeln sitzt er an Marinos Schreibtisch, und
zum ersten Mal wird ihm klar, dass er Marino nie ganz ernst genommen und sich
ihm gegenüber nicht sehr offen verhalten hat. Für ihn war er, wenn er ehrlich
ist, stets nur Scarpettas Handlanger, ein ungebildeter, voreingenommener,
ungehobelter Cop, ein Relikt aus vergangener Zeit und deshalb sowie aus einer
Reihe weiterer Gründe weder sonderlich sympathisch noch eine große Hilfe.
Benton hat ihn erduldet. In einigen Bereichen hat er ihn unterschätzt, in
anderen sehr gut verstanden. Doch das Offensichtliche ist ihm entgangen. Als er
an Marinos so selten benutztem Schreibtisch sitzt, aus dem Fenster schaut und
die Lichter von Charleston betrachtet, wünscht er, er hätte besser zugehört und
wäre aufmerksamer gewesen. Denn alles, was wissenswert war, befand sich genau
unter seiner Nase.
    In Venedig ist es kurz vor vier
Uhr morgens. Inzwischen wundert es Benton nicht mehr, dass Paolo Maroni erst
aus dem McLean Hospital verschwunden ist und dann Rom den Rücken gekehrt hat.
    »Pronto«, meldet er sich am Telefon.
    »Haben Sie noch geschlafen?«,
fragt Benton.
    »Wenn Sie darauf Rücksicht
nehmen wollten, hätten Sie mich nicht angerufen. Aus welchem Grund belästigen
Sie mich um diese unchristliche Zeit? Hoffentlich gibt es neue Ergebnisse in
unserem Fall.«
    »Nicht unbedingt gute.«
    »Was ist passiert?« Dr. Maronis
Tonfall klingt zögerlich. Benton deutet ihn als beinahe schicksalsergeben. »Ihr
Patient.«
    »Ich habe Ihnen alles über ihn
gesagt.«
    »Sie haben mir nur das verraten,
was ich Ihrer Ansicht nach wissen sollte, Paolo.«
    »Wie kann ich Ihnen noch
helfen?«, gibt Dr. Maroni zurück. »Schließlich haben Sie nicht nur mit mir
gesprochen, sondern auch meine Aufzeichnungen gelesen. Als guter Freund habe
ich Sie nicht einmal gefragt, wie diese in Ihre Hände gelangt sind ... oder
etwa gar Lucy verdächtigt.«
    »Vielleicht sollten Sie die
Schuld besser bei sich selbst suchen. Oder denken Sie, ich hätte nicht längst
gemerkt, dass Sie uns den Zugriff auf Ihre Dateien absichtlich ermöglicht
haben? Sie haben sie ins Krankenhaus-Netzwerk gestellt und die Zugriffsfunktion
aktiviert, was heißt, dass jeder - insbesondere jemand mit Lucys Fähigkeiten -,
der von der Existenz der Akten wusste, sie auch lesen konnte. Das war kein
Zufall. Sie sind viel zu klug, um so einen Fehler zu machen.«
    »Also geben Sie zu, dass Lucy
unerlaubt in meine vertraulichen Dateien eingedrungen ist?«
    »Sie wussten, dass wir Einblick
in Ihre Patientendaten brauchten. Und so haben Sie vor Ihrer Abreise nach Rom,
die übrigens früher stattfand als geplant, alles

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