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Totenbuch

Totenbuch

Titel: Totenbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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wieder auf.
    »Sie hat sich sogar geweigert,
ihn zu empfangen.«
    »Und Dr. Seif?«
    »Er hat sie in ihrer Wohnung
aufgesucht und mit ihr gesprochen. Aber vergessen Sie nicht, dass wir uns hier
auf seine Aussage verlassen müssen. Dr. Seif habe ihm mitgeteilt, er schade
Drew und übe einen negativen Einfluss auf sie aus. Er war sehr niedergeschlagen
und zornig, als er mir das erzählte. Inzwischen weiß ich, dass ich mich nicht
richtig verhalten habe. Ich hätte sofort zu ihm fahren und für ihn da sein
sollen. Aber ich habe nichts unternommen.«
    »Was ist sonst noch bei Dr. Seif
vorgefallen?«, erkundigt sich Scarpetta. »Drew ist nach New York und
anschließend nach Rom geflogen. Knapp vierundzwanzig Stunden später verschwand
sie und wurde ermordet aufgefunden. Vermutlich war es derselbe Täter, der auch
Lydia auf dem Gewissen hat. Ich muss jetzt zum Flughafen. Sie können gern
mitkommen. Wenn wir Glück haben, brauchen wir Sie ohnehin.«
    »Zum Flughafen?« Hollings steht
von der Bank auf. »Jetzt?«
    »Ich möchte keinen Tag länger
warten. Der Zustand der Leiche verschlechtert sich von Stunde zu Stunde.«
    Sie gehen los.
    »Ich soll Sie mitten in der
Nacht begleiten, ohne auch nur die leiseste Ahnung zu haben, wovon Sie reden?«
Hollings versteht die Welt nicht mehr.
    »Wärmeabstrahlungen«, erklärt
sie. »Infrarot. Bei Dunkelheit sind Temperatursteigerungen besser sichtbar.
Durch Madenbefall kann sich die Temperatur einer verwesenden Leiche um bis zu
zwanzig Grad Celsius erhöhen. Inzwischen sind über zwei Tage vergangen, denn
ich bin sicher, dass Lydia Webster nicht mehr lebte, als der Täter ihr Haus
verließ. Nicht wenn man den Indizien trauen kann. Was ist sonst noch bei Dr.
Seif vorgefallen? Hat Lupano Ihnen mehr erzählt?«
    Sie haben ihr Auto fast
erreicht.
    »Er sagte, er fühle sich sehr
gekränkt«, erwidert Hollings. »Dr. Seif habe ihm einige wirklich schlimme Dinge
an den Kopf geworfen und sich geweigert, ihm Drews Aufenthaltsort zu verraten.
Nach seiner Abreise rief er Dr. Seif noch einmal an. Schließlich hatte sie ihm
gerade den größten Triumph seiner beruflichen Karriere verdorben. Und da hat
sie ihm den endgültigen Todesstoß versetzt. Sie verkündete, Drew wohne bei ihr
und sei die ganze Zeit im Nebenzimmer gewesen, während er sie, Dr. Seif, um
Gnade anflehte.« Er hielt einen Augenblick lang inne. »Ich werde Sie nicht
begleiten. Sie brauchen mich nicht. Außerdem möchte ich lieber nach Rose
sehen.«
    Während Scarpetta ihr Auto
aufschließt, lässt sie den zeitlichen Ablauf noch einmal Revue passieren. Drew
hat die Nacht in Dr. Selfs Penthouse verbracht und ist am nächsten Tag nach Rom
geflogen. Am Tag darauf, also am 17. , ist sie verschwunden. Am 18. wurde ihre Leiche entdeckt. Am 27. haben Scarpetta und Benton versucht, in
Rom Drews Mörder auf die Spur zu kommen. Am selben Tag hat Dr. Seif sich ins
McLean Hospital aufnehmen lassen, und Dr. Maroni hat eine Akte gefälscht, bei
der es sich angeblich - Benton ist fest davon überzeugt, dass das gelogen ist -
um die Aufzeichnung eines Gesprächs mit einem Patienten namens Sandman
handelt.
    Scarpetta setzt sich ans Steuer.
Ganz Gentleman, wartet Hollings, bis sie den Motor angelassen und die Tür
verriegelt hat.
    »War sonst noch jemand anwesend,
als Lupano in Dr. Selfs Wohnung war?«, fragt sie ihn.
    »Drew.«
    »Ich meine, jemand, von dem
Lupano wusste.«
    Er überlegt. »Könnte sein«,
antwortet er zögernd. »Er hat mir erzählt, er habe bei ihr gegessen. Ich
glaube, zu Mittag. In diesem Zusammenhang hat er Dr. Selfs Koch erwähnt.«
     
    21
     
    Das Hauptgebäude der
kriminaltechnischen Labors besteht aus rotem Backstein und Beton und besitzt
riesige verspiegelte und UV-geschützte Fenster. So kann die Außenwelt ihr
eigenes Spiegelbild betrachten, während das Innere des Gebäudes gegen
neugierige Blicke und schädliche Sonnenstrahlen abgeschirmt ist. Der Anbau
daneben ist noch nicht fertig, und das Grundstück gleicht bis jetzt noch einer
Schlammwüste. Drinnen ist alles nagelneu, blitzsauber, grell erleuchtet und in
verschiedenen Weiß- und Grautönen gestrichen. Einige Laborräume sind leer,
andere bereits voll ausgestattet. Doch die Arbeitsflächen sind noch frei von
Gerätschaften, die Arbeitsplätze unbenutzt, und Scarpetta freut sich schon auf
den Tag, an dem dieses Gebäude einen belebten Eindruck machen wird. Natürlich
ist es nach Feierabend. Doch selbst während der Bürozeiten arbeiten höchstens
zwanzig

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