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Totenbuch

Totenbuch

Titel: Totenbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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ausschmücken und behaupten, Bull habe sich
auf ihrem Grundstück, nicht auf Scarpettas, versteckt. Um es kurz zu machen:
Bull, der bereits polizeibekannt ist, landete Mitte der Woche prompt hinter
schwedischen Gardinen. Vermutlich säße er dort immer noch, hätte Rose Scarpetta
nicht von der Autopsie weggeholt. Und zwar nach dem Überfall im Parkhaus.
    Jetzt hat Will Rambo Bulls Platz
im städtischen Gefängnis eingenommen.
    Bulls
Mutter braucht sich keine Sorgen mehr zu machen und auch nicht mehr zu lügen,
ihr Sohn sei beim Austernfischen oder einfach nur unterwegs. Die Angst, er
könnte wieder seine Stelle verlieren, ist gebannt.
    »Ich habe Eintopf aufgetaut«,
sagt Scarpetta, während sie die Tür aufschließt. »Es ist genug da. Ich wage gar
nicht, mir auszumalen, was man Ihnen in den letzten Tagen zu essen gegeben
hat.«
    Bull folgt ihr in die Vorhalle.
Vor dem Schirmständer bleibt Scarpetta stehen und fühlt sich elend, als sie
hineingreift und Marinos Motorradschlüssel und das Magazin seiner Glock herausfischt.
Dann nimmt sie die Glock selbst aus der Schublade. Sie ist so sehr bedrückt,
dass Übelkeit in ihr aufsteigt. Bull schweigt, doch sie kann sich denken, dass
er sich fragt, warum sie diese Gegenstände gerade aus dem Schirmständer geholt
hat und was sie dort eigentlich verloren haben. Es dauert eine Weile, bis sie
die Sprache wiederfindet. Dann verstaut sie Schlüssel, Magazin und Pistole in
der Metallschatulle, in der sie auch die Chloroformflasche aufbewahrt.
    Nachdem sie den Eintopf und
selbstgebackenes Brot aufgewärmt hat, deckt sie den Tisch für eine Person,
schenkt ein großes Glas Eistee mit Pfirsichgeschmack ein und verfeinert das
Getränk mit einem Zweig frischer Minze. Sie fordert Bull auf, sich zu setzen
und zuzugreifen. Sie werde zu Benton nach oben auf den Balkon gehen. Falls
Bull etwas brauchen sollte, müsse er nur rufen. Der Seidelbast ließe wegen der
Feuchtigkeit die Blätter hängen und werde eingehen, wenn es noch eine Woche so
weiterregne, während die Stiefmütterchen dringend gestutzt werden müssten.
Bull nimmt Platz, und Scarpetta stellt den vollen Teller vor ihn hin.
    »Keine Ahnung, warum ich Ihnen
das alles erzähle«, sagt sie. »Sie kennen sich im Garten besser aus als ich.«
    »Kann nie schaden, daran
erinnert zu werden«, erwidert er.
    »Vielleicht sollten wir vorn ans
Tor auch Seidelbast pflanzen, damit Mrs. Grimball etwas von dem wunderbaren
Duft hat und ein bisschen freundlicher wird.«
    »Sie hat nur versucht, das
Richtige zu tun.« Bull entfaltet seine Serviette und steckt sie in den
Hemdkragen. »Ich hätte mich nicht verstecken sollen. Aber nachdem der
Motorradfahrer sich mit einer Waffe hinter Ihrem Haus herumgedrückt hat, habe
ich die Augen offen gehalten. Ich hatte so ein komisches Gefühl.«
    »Ich finde, dass man seinen
Gefühlen trauen sollte.«
    »Richtig. Sie haben nämlich
immer einen Grund.« Bull trinkt einen Schluck Tee. »Und irgendetwas hat mir
geraten, mich an diesem Abend im Gebüsch zu verstecken. Ich habe Ihre Tür
bewacht. Doch das Komische ist, dass ich besser die Gasse hätte beobachten
sollen. Offenbar stand der Leichenwagen dort, als Lucious umgebracht wurde,
und das heißt, dass sich der Mörder hinter dem Haus herumgetrieben haben muss.«
    »Ein Glück, dass Sie das nicht
getan haben.« Sie denkt an ihre Funde auf Morris Island.
    »Schade, vielleicht hätte ich
den Kerl gekriegt.«
    »Ein Jammer, dass Mrs. Grimball
die Polizei nicht wegen des Leichenwagens verständigt hat«, fährt Scarpetta
fort. »Sie lässt Sie ins Gefängnis werfen. Aber ein Leichenwagen mitten in der
Nacht stört sie offenbar gar nicht.«
    »Ich habe gesehen, wie der
Bursche eingeliefert wurde«, berichtet Bull. »Als sie ihn in die Zelle
sperrten, hat er gejammert, das Ohr täte ihm weh. Eine der Wachen fragte, was
denn mit seinem Ohr geschehen sei, und er antwortete, er sei von einem Hund gebissen
worden. Es habe sich entzündet, und er brauche einen Arzt. Alle haben über ihn
und seinen Cadillac mit den gestohlenen Nummernschildern geredet, und ich
hörte einen Polizisten zum anderen sagen, er hätte eine Frau auf den Grill
gelegt.« Bull nimmt noch einen Schluck von seinem Tee. »Wenn ich es mir genau
überlege, hätte Mrs. Grimball den Cadillac ebenfalls sehen müssen. Doch sie hat
ihn genauso wenig erwähnt wie den Leichenwagen. Kein Wort darüber zur Polizei.
Komisch, wie die Leute manche Dinge für wichtig und andere für unwichtig
halten. Wenn man

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