Totenfeuer
Motive, so gut wie keine Indizien und null Beweise. Stattdessen wühlen wir gerade irgendwelchen braunen Sumpf auf und haben unter Umständen noch einen zweiten ungeklärten Mordfall am Hacken. Sehe ich das richtig?«
»Wenn du es so formulieren möchtest – ja«, meint Oda.
»Die Frage ist: Wie formuliere ich das für die Presse? Markstein von der Bild klebt mir am Arsch wie ein Putzerfisch!«
»Die müssen sich eben gedulden«, sagt Fernando. »Es stehen ja noch einige Untersuchungsergebnisse aus, auf die wir keinen direkten Einfluss haben. Was ist zum Beispiel mit dem Wagen von diesem verrückten Klausner, wurde der schon untersucht?«
»Noch nicht fertig. Die oberflächliche Untersuchung mit Luminol hat keine Blutflecken zutage gefördert. Ich mach denen aber gleich mal ein bisschen Dampf«, sagt Oda. »Außerdem müssen wir noch rauskriegen, wem die E -Mail-Adresse Deepblue1208 gehört. Die Mails will Gutensohns Exfrau nicht geschrieben haben. Das war den Daten nach auch eher ihre Nachfolgerin.«
»Kriegen wir die IP -Adresse raus?«, fragt Völxen.
»Schwierig«, meint Fernando. »Die Adresse wurde in letzter Zeit nicht benutzt, so weit bin ich schon. Die Mails sind drei Jahre alt, so lange speichert kein Provider die Daten der Kunden. Wenn man bei den großen Providern wie Hotmail die Adresse länger nicht mehr benutzt, dann wird sie abgeschaltet oder auch neu vergeben.«
»Merde« , schimpft Oda.
»Keine Sorge, Babe, ich habe einen Kumpel beim LKA , der schuldet mir noch einen Gefallen.« Fernando zwinkert Oda zu und setzt sein Machogrinsen auf.
»Na, siehst du, Völxen, es läuft doch. Don Rodriguez hat alles im Griff«, lästert Oda.
»Ja, nur dauert das alles«, brummt dieser unwillig.
»Ich würde ja dafür plädieren, dass wir uns die drei Jungs, die die Nacht neben der Feuerstelle verbracht haben, noch mal vorknöpfen«, meint Oda. »Wenn ich mir nämlich dieses Vernehmungsprotokoll so ansehe – mit Verlaub: Ich glaube, die haben euch verarscht. Erst wollen sie alle wach gewesen sein, dann haben sie plötzlich alle geschlafen … Inzwischen wissen wir ja, dass zumindest einer von ihnen Grund gehabt hat, Felk zu hassen, nämlich Torsten Gutensohn. Vielleicht gibt er genau wie sein Vater Roland Felk die Schuld daran, dass er seine Mutter jetzt kaum noch sieht.«
»Bitte, Frau Psychologin, dann nimm sie dir noch mal vor«, sagt Fernando eingeschnappt.
Oda gönnt ihm ein charmantes Lächeln und sagt: »Das soll jetzt nicht despektierlich klingen, aber ihr jungen, kinderlosen Menschen habt keine Vorstellung davon, wie scheinheilig, hinterlistig und brutal Teenager sein können. Ich als altes Muttertier dagegen habe damit mehr Erfahrung, als ich mir wünsche. Und ich wette mit euch: Da stimmt was nicht!«
»Kann schon sein, dass die uns angelogen haben«, räumt nun auch Jule ein.
»Gut, dann fahrt noch mal raus, holt sie ab, bringt sie hierher und nehmt sie in die Mangel«, entscheidet Völxen. »Aber dieses Mal jeden einzeln.«
»Schon wieder aufs Land! Ich krieg noch den Landkoller. Und nur, weil Oda rumspinnt«, mault Fernando, als er am Steuer sitzt und Richtung Deister fährt. Jule sagt nichts dazu. Sie hat inzwischen gelernt, Odas Instinkt zu vertrauen, denn der trügt sie nur selten.
»Sag mal, wohnt dein Macker jetzt wirklich bei dir?«, fragt Fernando unvermittelt, als sie auf die Hauptstraße einbiegen.
Verflucht! Kaum ist mal eine halbe Stunde vergangen, in der sie nicht an ihr Unglück erinnert wurde, schon muss dieses unsensible Trampeltier davon anfangen. »Nein«, antwortet Jule knapp.
»Aber gestern hast du doch …«
»Gestern war gestern, und heute ist heute«, faucht Jule.
»Okay, okay«, wehrt Fernando ab. »Deswegen musst du mich nicht gleich fressen.«
»Ich möchte jetzt nicht darüber sprechen.« Jule presst ihre Lippen aufeinander. Als sie merkt, wie ihr erneut die Tränen in die Augen schießen, wendet sie den Kopf und schaut stur zum Seitenfenster hinaus. Bloß nicht heulen, nicht vor Fernando!
»Tut mir leid«, sagt Fernando nach ein paar Minuten. Ohne den Blick von der Straße zu nehmen, reicht er ihr ein Papiertaschentuch. »Deine Wimperntusche.«
»Danke.« Jule klappt die Sonnenblende herunter und flucht: »Verdammt noch mal, warum hat dieser Wagen keinen Kosmetikspiegel, wo gibt’s denn so was?«
Fernando biegt wortlos den Rückspiegel in ihre Richtung, und Jule bringt den Schaden wieder in Ordnung.
»Was machst du am Samstagabend?«
»Also
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