Totenfeuer
erschossen.«
Gutensohn schüttelt langsam seinen schweren Kopf. »Das ging ja gar nicht lange. Der hat sie ja ziemlich schnell wieder abserviert, der feine Herr Doktor. Ich hätte ihr ja verziehen, wenn sie nur zurückgekommen wäre, wenigstens dem Jungen zuliebe. Ich habe sie regelrecht angefleht. Aber sie wollte nicht. Sie hatte schon gleich den Nächsten. Den, den sie jetzt geheiratet hat, einen Kreditsachbearbeiter bei der Sparkasse. Großartig, nicht wahr?«
Dieses Mal schaut er Oda Mitgefühl heischend an. Die fragt: »War Ihr Sohn Torsten auch wütend auf Roland Felk?«
Gutensohn antwortet barsch: »Unsinn. Der weiß von nichts.«
»Ihre Exfrau sagt, es gab lautstarke Auseinandersetzungen. Und er war ja kein kleines Kind mehr. Wenn er es nicht von Ihnen gehört hat, dann durch den Dorfklatsch.«
Der Blick des Befragten wandert unruhig zwischen Oda und Völxen hin und her, dann sagt er drohend: »Lassen Sie meinen Jungen aus dem Spiel! Der hat nichts getan.«
»Woher wollen Sie das so genau wissen?«, fragt Oda.
»Weil ich ihn kenne.«
»Eltern wissen viele Dinge nicht, glauben Sie mir. Haben Sie mit ihm gesprochen, als er am Sonntagmorgen nach Hause gekommen ist?«
»Ja, aber nur ganz kurz. Er war müde, und er hat gefroren und wollte nur noch ins Bett. Das ist aber wohl normal nach so einer Nacht im Freien, oder?«
Völxen ergreift das Wort: »Sind Sie jetzt mit Ihrem Wagen hergekommen?«
»Ja, wieso?«
»Sie können gehen, Herr Gutensohn, aber wir müssen Ihren Wagen dabehalten und ihn kriminaltechnisch untersuchen lassen.«
»Wie lange dauert das?«
»Es kann schon ein paar Tage dauern. Wenn Sie wollen, bringt Sie jemand zur S -Bahn.«
»Danke. Den Weg finde ich selber«, zischt Gutensohn.
»Dann darf ich Sie um die Schlüssel bitten. Wo steht der Wagen?«
Der Jäger knallt den Schlüssel auf den Schreibtisch. »Am Schützenplatz.« Er rauscht hinaus.
»Das ist ja ein niedliches Kerlchen«, meint Oda nach einem Blick unter Völxens Schreibtisch.
»Gutensohn?«
»Der Hund. Willst du ihn nicht behalten? Der könnte deinen Schafbock zur Raison bringen.«
»Das ist ein Jagdhund, kein Schäferhund.«
»Das weiß der Bock doch nicht.«
Oscar lässt ein leises Bellen hören. Gleich darauf kommt Jule herein, eine Tüte Hundefutter im Arm. »Ach, hier ist er! Oscar, komm mit, es gibt Fresschen.« Jule raschelt mit der Tüte, aber der Angesprochene rührt sich nicht von der Stelle.
»Versuch’s doch mal mit ’nem saftigen Lammkotelett«, spöttelt Oda.
Völxen überhört die Bemerkung und sagt zu Jule: »Holen Sie bitte mal den Spanier her, wir müssen besprechen, wie es jetzt weitergeht.«
Wenig später sitzen sie bei Kaffee und Keksen um den kleinen Konferenztisch. »Was den Tod von Heiner Felk betrifft, warten wir das Ergebnis der Obduktion ab, ehe wir irgendetwas unternehmen«, verkündet Völxen. »Irgendwelche Einwände?«
Kopfschütteln.
»Dann zu Roland Felk: Bis jetzt ist Gutensohn unser Hauptverdächtiger. Er hat Gründe genug, Felk zu hassen, und er hat kein Alibi für die Tatzeit. Für einen Haftbefehl reicht das natürlich nicht, wir müssen abwarten, ob sich in seinem Wagen Spuren finden. Allerdings haben seine Jagdkollegen auch nur schwache Alibis, nämlich von ihren jeweiligen Ehefrauen. Ein Motiv sehe ich bei diesen beiden aber bis jetzt keines.«
»Ernst Felk hat auch kein Alibi für den Sonntagmorgen«, sagt Jule. »Aber ich wüsste bei ihm ebenfalls keinen Grund, warum er seinen jüngeren Bruder umbringen sollte. Dasselbe gilt für die Tochter: kein Alibi, aber auch kein Motiv. Wenn man mal davon absieht, dass sie eine satte Lebensversicherung von 150 000 Euro kassiert.«
»Du denkst doch nicht, dass Anna deswegen ihren Vater erschossen hat?«, ereifert sich Fernando. »Und das zwei Tage, nachdem ihr Großvater …«
»Nein, das denke ich nicht«, wiegelt Jule ab. »Aber man kann so eine Summe ja auch nicht einfach unter den Tisch fallen lassen.«
»Dann wäre da noch Konrad Klausner, der auch kein Alibi und ein starkes Motiv hat«, meldet sich Oda zu Wort. »Allerdings glaube ich nicht, dass er es war. Der weiß ja jetzt gar nicht mehr, womit er sich die Zeit vertreiben soll. Und Frau Walter, geschiedene Gutensohn, hat ein neues Leben, die wird den Teufel tun und morgens um sechs ihrem Exgeliebten durch den Wald nachschleichen, um ihn zu erschießen.«
»Hm«, macht Völxen unzufrieden. »Also haben wir am Tag drei unserer Ermittlungen nur ein paar lausige
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