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Totenfluss: Thriller (German Edition)

Totenfluss: Thriller (German Edition)

Titel: Totenfluss: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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achtjähriger Junge sei von seiner zehnjährigen Schwester getötet worden. Als ihm die allgemeine Aufmerksamkeit sicher war, erklärte er, die Schwester habe unwissentlich einen Parasiten weitergegeben, der sich bis zum Gehirn des Jungen ausbreitete und ihn tötete. Als Robbins die Neuigkeit über Stephanie Towner berichtete, versäumte es Archie deshalb nicht, nachzuhaken.
    »Definieren Sie ermordet«, sagte er und hielt das Handy mit der Schulter am Ohr fest. Er schloss die Tür zu seiner Wohnung auf, ging hinein, warf die Tagespost auf einen Stapel ungeöffneter Kuverts und zog seine Jacke aus. Er hatte die Lichter brennen lassen. Das tat er jetzt immer. Er hatte es gegenüber Rosenberg nicht erwähnt.
    Im Telefon war Lärm zu hören: Stimmen, Möbel, die verschoben wurden. »Ich habe jetzt keine Zeit zu reden«, sagte Robbins. »Kommen Sie einfach so schnell es geht hierher.«
    Archies Fenster gingen nach Norden hinaus, zu den Industriegebieten Portlands, wo mit Getreide aus dem Mittleren Westen beladene Schiffe nach Asien ablegten, um mit Toyotas beladen wiederzukommen. Der Hafen war noch nicht überflutet. Immerhin etwas.
    Weiter nördlich war der Columbia River, und auf seinem anderen Ufer Vancouver, Washington, wo seine Familie lebte. »The Couve«, wie es genannt wurde, hatte nur ein Drittel der Größe Portlands und wirkte noch viel kleiner. Viele Bewohner Portlands waren nie dort gewesen, außer wenn sie auf dem Weg hinauf nach Seattle durchfuhren oder als Begleiter bei einem Schulausflug zum historischen Fort Vancouver. Von Archies Wohnung zu Debbies Haus waren es zwanzig Minuten Fahrzeit, aber es fühlte sich an wie ein anderes Land.
    Seine Kinder mochten Debbies neuen Freund. Er arbeitete in der Windkraftindustrie. Er hatte die Kinder zur Kompostverwertung angehalten. Wahrscheinlich recycelte er seine gebrauchten Wattestäbchen.
    Archie wählte Henrys Nummer.
    Es läutete einmal.
    »Ja?«, sagte Henry. In seiner Stimme lag immer eine Spur Panik, wenn Archie anrief, als könnte es sich nur um eine schlechte Nachricht handeln.
    »Robbins glaubt, dass Stephanie Towner ermordet wurde«, sagte Archie.
    »Die junge Frau auf dem Strauß? Sie ist ertrunken. Sie haben die Spur gefunden, wo sie in den Fluss gerutscht ist. Ein glasklarer Fall.«
    »Bis auf die Sache mit dem Strauß«, sagte Archie.
    »Wir treffen uns bei Robbins.«
    Archie zog seinen Pullover aus. Er roch nach nassem Hund. So ist das, wenn Wolle nass wird. Sie stinkt. Manche Leute fanden, es roch nach ertrunkenem Schaf, andere dachten an Bauernhof, Urin, Schimmel. Archie mochte den Geruch. Er erinnerte ihn an seine Kindheit, damals hatte Oregon im Winter so gerochen – ein einziger großer, nasser Hund. Jetzt, mit dem Aufkommen von Polarfleece, hatte sich alles verändert.
    Er hatte ein Button-down-Hemd unter dem Pullover an. Er hatte es vor zehn Stunden angezogen, und es roch nicht so angenehm wie die nasse Wolle. Er knöpfte es auf und warf es in den Wäschekorb, den ihm Debbie gekauft hatte, als er ausgezogen war. Dann holte er ein neues Hemd aus der Schublade und zog es an. Er betrachtete sich nicht mehr im Spiegel. Seine Narben gehörten inzwischen genauso zu ihm wie seine Augenfarbe. Die herzförmige Narbe, die Gretchen Lowell vor fast drei Jahren auf seiner Brust hinterlassen hatte, diente nur als Erinnerung an sein Versagen. Wenn er sie nicht ansah, konnte er so tun, als wäre sie nicht da. Er konnte es vermeiden, an Gretchen zu denken. Nur so konnte er funktionieren.
    Er knöpfte das Hemd zu, so schnell es ging, und zog den Pullover wieder an. Er hatte den ganzen Tag nichts gegessen, aber es gab nichts im Kühlschrank, was er mitnehmen konnte, und er hatte keine Zeit, sich etwas zu machen.
    Der Regen klatschte ans Fenster und ließ kleine Bäche von Möwenkot wie weiße Fäden am Glas hinablaufen.
    Archie zog die Jacke wieder an. Er ließ das Licht brennen, als er hinausging.

6
    Das Leichenschauhaus von Multnomah County befand sich in der Innenstadt, direkt auf der andern Seite des Willamettes von Archies Wohnung aus gesehen. Portland hatte eine hübsche Innenstadt, mit renovierten Ladenfronten aus Ziegel und Sandstein, jeder Menge Kunst im öffentlichen Raum und Fahrradständern und Cafés an jeder Ecke. Im Sommer hängte man Blumenkörbe an die Laternenpfähle, und im Winter wurden weiße Lichterketten zwischen den Bäumen gespannt.
    Der größte Teil der Innenstadt westlich des Flusses war nach einem Gittermuster angeordnet,

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