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Totenfrau

Totenfrau

Titel: Totenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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Versorgungstisch. Den Koch. Sie zerschneidet seine Kleider, sie zieht ihn aus, sie rollt ihn zur Seite und zieht den Stoff weg. Sie wirft alles in den Müll. Nackt liegt er da. Auf den ersten Blick unschuldig. Da ist nichts, was verraten würde, dass er ein Mörder war, ein Vergewaltiger. Er hätte ein braver Familienvater sein können. Seine Haut verrät nichts, sein Körper. Vielleicht hätte sein Gesicht es getan, doch es schwieg. Bertl Puch hätte unschuldig sein können. Wenn Blum es nicht gewusst hätte, wenn sie nicht die Videos gesehen und mit ihm geredet hätte, sie würde zweifeln und sich Vorwürfe machen. So aber ist sie im Recht. Was sie tut, ist notwendig.
    Sie dreht die Musik auf. Laut. Sie versprüht Desinfektionsmittel, sie übertüncht den Kotgeruch, sie will den Dreck so schnell wie möglich loswerden. Wie bei Schönborn öffnet sie den Brustkorb und holt seine Organe heraus. So wenig Sauerei wie möglich, sie will das Putzen auf ein Minimum reduzieren, das Blut soll in die Kanalisation und nicht auf den Boden. Zerteilen und verpacken, so wie es der Metzger getan hat, als Blum ein Kind war. Hagen hat regelmäßig Wild gekauft, der Metzger hat es zerlegt. Herta hat es portioniert und verpackt. Dann froren sie es ein. Das Reh, den Hirsch, manchmal auch ein Kalb. Nur Fleisch und Knochen. Ein Schwein. Bertl Puch. Blum sägt ihm die Arme ab. Dann die Beine, seine Gliedmaßen liegen auf dem Boden. Sie lässt alles nach unten fallen, sie sägt einfach weiter. Den Rumpf in mehrere Teile, sie trennt den Kopf ab. Er fällt gerade nach unten, als die Tür aufgeht.
    Die Musik war zu laut. Sie hat ihn nicht gehört, sie hat vergessen zuzusperren, die Tür zu verriegeln, sich in Sicherheit zu bringen, die anderen vor dem Anblick zu schützen. Davor, dass jemand zum Mitwisser wird, davor, dass jemand ein Verbrechen bezeugen muss. Blum hat den nächsten Fehler gemacht, erneut die Kontrolle verloren. Unverzeihlich. Was wäre, wenn Nela in der Tür gestanden hätte. Blum war unaufmerksam. Sie steht da und starrt ihn an. Er starrt sie an. Arme, Beine und Kopf am Boden. Ein Blutbad, Bertl Puch in seine Einzelteile zerlegt, ein Desaster, ein Verbrechen. Blum will versinken, verschwinden, sie weiß nicht, was sie sagen soll, sie steht nur da und schaut ihn an. Reza. Wie er sich einen Überblick verschafft, wie seine Augen durch den Raum fliegen und verstehen wollen, was vor sich geht. Wie er einen Schritt nach vorn macht, die Tür ins Schloss drückt und den Schlüssel umdreht. Wie er sich, ohne ein Wort, in Plastik hüllt. Schürze, Handschuhe, zwei Paar übereinander. Reza macht sich fertig, er macht sich bereit für die Arbeit. Dass Blum ihn davon abhalten will, ignoriert er. Er macht einfach dort weiter, wo sie aufgehört hat. Er nimmt ihr die Säge aus der Hand und macht Bertl Puchs Oberkörper packfertig.
    – Was machst du da, Reza?
    – Das sollte ich dich fragen, oder?
    – Dann frag mich.
    – Nein.
    – Es ist kompliziert, Reza.
    – Ja, schaut so aus. Aber wir bekommen das hin. Du willst die Leichenteile verpacken, richtig?
    – Ja.
    – Und dann vergraben?
    – Ja.
    – Wir müssen die Teile zwischenlagern. Es ist nur ein Sarg hier, da bekommen wir nicht alles unter.
    – Ja.
    – Hast du mich verstanden, Blum?
    – Ja.
    – Das letzte Mal waren die Särge zu schwer.
    – Wie bitte?
    – Du hast sie zu schwer beladen. Die Träger haben es bemerkt. Ich habe zu ihnen gesagt, dass es mit den neuen Sargmodellen zu tun hat. Mehr Holz, massiver gebaut alles.
    – Du hast es gewusst?
    – Nein, hab ich nicht.
    – Du hast den Sarg noch einmal geöffnet?
    – Wie gesagt, er war zu schwer.
    – Und du hast nichts gesagt?
    – Nein.
    – Es ist alles durcheinander. Alles geht den Bach runter. Es ist alles irgendwie passiert, Reza.
    – Du musst mir nichts erklären.
    – Doch, das muss ich.
    – Du hattest bestimmt deine Gründe.
    – Ja, die hatte ich.
    – Das reicht mir.
    – Mach einfach die Augen zu und geh wieder.
    – Nein. Wir machen jetzt sauber.
    – Ich kann dir alles erklären.
    – Musst du nicht.
    – Das mit Mark war kein Unfall.
    – Was meinst du?
    – Sie haben ihn umgebracht, Reza.
    – Wer?
    – Der hier. Und vier andere. Sie haben ihn mit Absicht überfahren, ihn uns weggenommen. Sie haben die Kerze auf der Torte einfach ausgeblasen.
    Reza sagt nichts. Er nimmt Bertl Puchs rechten Arm und steckt ihn in einen Plastiksack. Er schüttet Formalin dazu und wickelt ihn fest ein. Mit Klebeband umwickelt

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