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Totenfrau

Totenfrau

Titel: Totenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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wird dunkel, es gibt nichts mehr zu tun. Die Angst, dass das Leben einfach aufhört, ist im Moment weit weg. Da sind nur Reza und sie. Und Massimo, der leise die Treppe heraufkommt. So leise, dass sie ihn nicht rechtzeitig hören kann. Karl muss ihn ins Haus gelassen haben, Blum hat ihn ganz vergessen. Dass er kommen wollte, dass er ihr seine Schulter angeboten hat. Dass sie Ja gesagt hat. Sie hört seine Schritte, sie schließt ihre Augen, sie stellt sich schlafend. Ihre Lider nur einen winzigen Spalt geöffnet. Sie sieht ihn. Wie er in der Tür zum Wohnzimmer steht und auf das Sofa starrt. Wie er überlegt, was er tun soll, ob er etwas sagen soll, sie wecken. Massimo mit großen Augen. Sein Gesicht das eines geschlagenen Hundes. Blum kann es sehen. Seine Enttäuschung, die Kränkung, die sie ihm zufügt. Die Tatsache, dass sie in den Armen eines anderen Mannes liegt und nicht in seinen. Massimo starrt. Er sieht zwei Schlafende. Dass Blum wach ist und sich schämt, weiß er nicht. Dass es ihr leid tut. Dass sie ihm das gern erspart hätte.
    Massimo. Lange starrt er sie an. In seiner linken Hand eine Flasche Wein. Er wollte mit Blum trinken, sie trösten, ihr die Angst nehmen. Er ist nicht hier, um sie zu verhaften, zu befragen. Von dem, was auf dem Parkplatz passiert ist, weiß er nichts. Wer auch immer sie beobachtet hat, er hat es nicht gemeldet. Längst wären sonst die Uniformierten angetanzt, Blum wäre aus dem Haus gezerrt worden, sie hätten sie aus dem Versorgungsraum geholt. Massimo hätte sonst keinen Wein mitgebracht. Er ist verletzt, fühlt sich zurückgewiesen. Sie kann es spüren. Zehn Meter sind zwischen ihnen. Aber sie spürt es.
    Kein Laut. Zwei Minuten lang sieht er sie schlafen. Dann geht er hinaus. Schleicht die Treppe hinunter, verschwindet. Blum macht die Augen auf. Gerne hätte sie ihn verschont. Sie hört, wie die Tür ins Schloss fällt, wie Karl den Rasenmäher abstellt, um ihn zu fragen, warum er nicht bleibt. Blum wird es ihm erklären, sie wird ihm sagen, dass sie müde gewesen sei, einsam, dass es nichts bedeutet hätte. Aber Massimo wird nicht zuhören, er wird ihr nicht glauben. Was er gesehen hat, hat er gesehen. Blum und Reza. Diese Nähe, die da plötzlich war zwischen ihnen. Er hat es gesehen. Ihren Kopf auf seiner Brust, ihre Hand. Blum bleibt liegen, sie will nicht aufstehen, ihm nicht nachlaufen, sie will bei Reza bleiben. Die ganze Nacht lang. Bei ihm. Nicht bei Massimo.
    Die Nacht. Sie träumt viele Dinge, schlimme Dinge. Immer wieder wacht sie auf, immer wieder ist sie froh, dass er noch da ist, sie festhält. Immer wieder bewegt sie sich weg, dreht sich, kriecht auf ihn zurück und schläft weiter. Unruhig. Bis irgendwann die Augen aufgehen und der Tag beginnt. Uma steht vor ihr, sie lächelt und bettelt. Mama, bitte Kakao . Blum schreckt auf. Sie dreht sich nach links, nach rechts, sie sucht Reza. Doch Reza ist nicht mehr da. Nur eine Decke auf ihr, Kissen überall. Er hat sie zugedeckt, die Kinder beschützt. Er wollte nicht, dass sie ihn auf dem Sofa liegen sehen, ihre Mutter auf seiner Brust. Reza ist gegangen. Nach unten in seine Wohnung, in den Versorgungsraum, irgendwohin. Da sind nur Uma, ihr Lachen und ihr Wunsch nach Kakao. Sonst nichts.
    Frühstück im Garten. Es ist Samstag, die Kinder müssen nirgendwohin, sie spielen. Blum sitzt an dem kleinen Tisch unter dem Kirschbaum. Sie liest Zeitung, sie trinkt Kaffee. Alles fühlt sich gut an im Moment. Sauber, aufgeräumt. Es gibt keine offenen Wunden mehr, niemand, der sie verdächtigt, niemand, der hinter ihr her ist. Das Einzige, das sie beschäftigt, ist Massimo. Sie wird ihn anrufen, sie wird ihn anlügen und hoffen, dass er ihr Glauben schenkt. Weil sie Angst hat, dass er ihr den Rücken zuwendet. Dass er nicht mehr da ist für sie. Massimo.
    Die Morgensonne blendet. Blum wird noch kurz sitzen bleiben und dann die Schwimmtaschen packen. Sie hat den Mädchen versprochen, mit ihnen zum See zu fahren, den Tag nur mit ihnen zu verbringen. Im Wasser, auf der Wiese mit Büchern. Keine Arbeit, keine Toten. Kein Tag vor dem Computer. Es wird bis zum Abend warten müssen. Sie wird gemeinsam mit Reza nach ihm suchen. Nach dem Namen zu dem Gesicht. Dem Gesicht des Jägers. Das Video. Wie er die Maske abnimmt. Wie er grinst. Und wie der Mercedes in die Einfahrt kommt.
    Ein Chauffeur und Johannes Schönborn. Nur Schönborn steigt aus. Samstagmorgen unter den Kirschen sein wütendes Gesicht. In seiner Hand ein Umschlag. Er

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